Verfahrensgang

LG Köln (Entscheidung vom 31.03.2011; Aktenzeichen 22 O 619/09)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 18.09.2012; Aktenzeichen VI ZR 225/11)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 31.03.2011 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leisten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Parteien streiten über die Rückerstattung von Einlagezahlungen, die die Kläger zu 1) bis 3) und 5) an die Beklagte und der Kläger zu 4) an die L mit Sitz in Luxemburg erbracht haben. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf das Versäumnisurteil des Landgerichts vom 11.10.2010 Bezug genommen.

Im ersten Rechtszug hat der Vorsitzende der mit der Sache befassten Kammer des Landgerichts nach Eingang der Klageschrift in Zusammenhang mit der Zustellung nach § 183 ZPO durch Verfügung vom 25.01.2010 angeordnet, dass der Beklagten im Hinblick auf das angeordnete schriftliche Vorverfahren eine Notfrist von zwei Wochen zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft gesetzt werde und dass sie innerhalb von zwei Wochen einen im Inland ansässigen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen habe. Ferner hat der Vorsitzende auf die anderenfalls eintretenden Folgen hingewiesen. Daraufhin ist am 28.04.2010 die Zustellung der Klage in der Türkei durch die dafür zuständigen türkischen Behörden im Wege der internationalen Rechtshilfe erfolgt. Am 11.10.2010 hat das Landgericht die Beklagte durch Versäumnisurteil im schriftlichen Verfahren antragsgemäß verurteilt. Die Einspruchsfrist wurde auf drei Wochen festgesetzt. Das Versäumnisurteil ist nach einem auf den 12.10.2010 datierten Vermerk der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle an diesem Tag zur Post aufgegeben worden. Auf Antrag der Klägerseite erfolgte unter dem 10.02.2011 erneut die Zustellung des mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen Versäumnisurteils in der Türkei auf diplomatischem Weg, woraufhin die Beklagte am 03.03.2011 Einspruch eingelegt hat.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht den Einspruch der Beklagten als unzulässig verworfen. Der im März 2011 eingelegte Einspruch sei verfristet. Die Zustellung sei durch Aufgabe des Versäumnisurteils zur Post im Oktober 2010 bewirkt worden, und der Einspruch habe innerhalb der angeordneten Frist von drei Wochen erfolgen müssen. Auf die Ausführungen der Beklagten zur Zustellung in der Türkei komme es nicht an, weil es sich um eine Inlandszustellung handele.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer fristgerecht eingegangenen Berufung. Sie meint, die Zustellung durch Aufgabe zur Post verletze die Bestimmungen des Haager Zivilprozessabkommens, zu deren Mitgliedstaaten sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch die Türkische Republik gehören. § 184 ZPO sei in seiner durch die deutschen Gerichte vertretenen Anwendung verfassungsrechtlich bedenklich. Zudem gehe die völkerrechtliche Bestimmung als lex specialis vor. Auch verletze die Anwendung der Norm in Deutschland das Gebot der Waffengleichheit aus Art. 6 EMRK. Hinzu komme, dass § 184 ZPO von der Klägerseite missbraucht werde, um zunächst die formelle Rechtskraft des Titels herbeizuführen und sodann eine nach türkischem Recht für die Vollstreckbarkeit erforderliche formelle Zustellung nachzuholen. Hinzu kämen schließlich Mängel der konkreten Zustellung: Zum einen fehlten Gründe für die Ausübung des nach § 184 ZPO dem Gericht zukommenden Ermessens und es habe nicht die Kammer, sondern lediglich der Vorsitzende die Anordnungen vorgenommen. Zum anderen sei der nach § 184 ZPO erforderliche Aktenvermerk zunächst nicht von der Urkundsbeamtin unterzeichnet worden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Köln vom 31.03.2011 aufzuheben sowie das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Köln zurückzuverweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil und insbesondere das auf § 184 ZPO gestützte Vorgehen des Ausgangsgerichts.

II.

Das Rechtsmittel der Beklagten ist zwar zulässig, die Berufung ist jedoch nicht begründet, weil das Landgericht die Voraussetzungen des § 341 Abs. 1 S. 1 ZPO zutreffend verneint und den Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil vom 11.10.2010 zu Recht als unzulässig verworfen hat.

1. Die seitens des Landgerichts im Versäumnisurteil gemäß § 339 Abs. 2 Alt. 1 ZPO auf drei Wochen ab Zustellung festgesetzte Rechtsbehelfsfrist war bereits verstrichen, als der Einspruch der Beklagten am 03.03.2011 beim Landgericht einging. Der Lauf der Frist hat hier nämlich nicht erst mit der Zustellung des Versäumnisurteils in der Türkei am 10.02.2011 begonnen, sondern bereits mit der Zustellung des Versäumnisurteils durch Aufgabe z...

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