Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragserfüllungsbürgschaft, Verzicht auf die Einrede des § 768 BGB in der Sicherungsvereinbarung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Klausel in einer formularmäßigen Sicherungsvereinbarung zwischen den Parteien eines Bauvertrages, nach der der Klauseladressat dem Klauselverwender eine Vertragserfüllungsbürgschaft stellen soll, in der der Bürge auf die Einrede des § 768 BGB verzichtet, ist unwirksam. Das gilt auch dann, wenn der Verzicht unter dem Vorbehalt stehen soll, dass die Einrede nicht den Bestand der Hauptforderung oder ihre Verjährung betrifft.
2. Ob die Klausel deshalb insgesamt unwirksam ist, also auch hinsichtlich der Verpflichtung zur Stellung einer Bürgschaft an sich, oder nur hinsichtlich der Verzichts auf die Einrede des § 768 BGB, erscheint zweifelhaft. Da eine höchstrichterliche Rechtsprechung zur Abbedingung des § 768 BGB in einer Sicherungsvereinbarung nicht vorliegt, ist diese nach den Grundsätzen, die der BGH für die Fälle der unwirksamen Vereinbarung der Pflicht zum Stellen einer Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern aufgestellt hat (Urt. v. 4.7.2002 - VII ZR 502/99, BGHZ 151, 229), jedenfalls dahin ergänzend auszulegen, dass eine unwiderrufliche selbstschuldnerische Bürgschaft ohne Verzicht auf die Einrede des § 768 BGB Bürgschaft zu stellen ist.
Normenkette
BGB §§ 307, 768
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 22.06.2007; Aktenzeichen 18 O 617/06) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 18. Zivilkammer des LG Köln vom 22.6.2007 (18 O 617/06) wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin schloss mit der inzwischen insolventen J GmbH als Nachunternehmerin unter dem 25.06./9.7.2003 einen Bauvertrag über die Ausführung von Hohlraum- und Doppelbodenarbeiten an dem Bauvorhaben des L Quartiers in C. Nach Ziff. 15.1 des von der Klägerin formularmäßig gestellten Verhandlungsprotokolls vom 25.6.2003 verpflichtete sich die J GmbH der Klägerin binnen 14 Tage nach Vertragsschluss eine Vertragserfüllungsbürgschaft über 30.000 EUR zzgl. Umsatzsteuer einzureichen. Der Inhalt der Bürgschaft wird wie folgt konkretisiert:
"Es hat sich um selbstschuldnerische, unbefristete Bürgschaften einer Deutschen Großbank, Sparkasse oder Kreditversicherung (ausschließlich nach unserem Muster) zu handeln".
Das Bürgschaftsmuster war als Anlage den Vertragsunterlagen beigefügt (Ziff. 20 des Verhandlungsprotokolls). Auf der Grundlage dieser Vereinbarung übernahm die Beklagte entsprechend dem Muster der Klägerin zu deren Gunsten unter dem 25.9.2003 eine unbefristete selbstschuldnerische Vertragserfüllungsbürgschaft für die Firma J GmbH als Schuldnerin bis zu dem eingeklagten Betrag von 15.728 EUR. Die Bürgschaftsurkunde enthält folgenden Text:
"Auf die Einrede gem. § 768 BGB, soweit diese nicht den Bestand der Hauptverbindlichkeit oder ihre Verjährung betrifft, sowie die Einrede des § 771 BGB wird verzichtet. Ebenso wird auf das Recht zur Hinterlegung des Bürgschaftsbetrages verzichtet, sowie auf die Einrede der Aufrechenbarkeit gemäß $ [gemeint ist §] 770 BGB, es sei denn, die zur Aufrechnung gestellte Forderung ist rechtskräftig festgestellt oder unbestritten."
Weiter heißt es, dass die Bürgschaft zur Sicherung sämtlicher Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis, insbesondere als Erfüllung, Schadensersatz, Minderung, Erstattung von Drittunternehmerkosten, Verzug sowie sonstige Schäden aus der Verletzung von vertraglichen Nebenpflichten diene.
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Auszahlung des Bürgschaftsbetrages in Anspruch. Die Beklagte hält die streitgegenständliche Sicherungsabrede für intransparent und deshalb unwirksam. Zudem sei die Sicherungsabrede deswegen unwirksam, weil formularmäßig die Gestellung einer Bürgschaft mit dem Verzicht auf die Rechte nach § 768 BGB verlangt werde. Das Bestreiten des Eintrittes des Sicherungsfalles und der Höhe der gesicherten Forderungen hat die Beklagte aufgegeben.
Das LG hat der Klage nebst den geltend gemachten Verzugszinsen stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klausel in Ziff. 15.1 des Verhandlungsprotokolls vom 25.6.2003 sei nicht intransparent und sei nach den in der Entscheidung des BGH v. 26.2.2004 - VII ZR 247/02 - (NJW-RR 2004, 814) aufgestellten Grundsätzen wirksam. Auch könne nicht von einer in Formularverträgen unwirksamen vollständigen Abbedingung aller Einreden des § 768 BGB gesprochen werden.
Die Beklagte verfolgt mit der Berufung ihren Antrag auf Abweisung der Klage fort. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Auch sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanz...