Leitsatz (amtlich)

1. Aufgrund der Person der Beklagten, einer Netzbetreiberin, ist damit zu rechnen, dass sie bereits allein aufgrund eines gegen sie ergehenden Feststellungsurteils ihre Abrechnungen entsprechend korrigiert.

2. Im Zeitraum zwischen dem 01.01.2012 und dem 31.03.2012 war die Installation eines Wechselrichters zur Herstellung der Betriebsbereitschaft einer Photovoltaikanlage bzw. zur erfolgreichen Inbetriebnahme einer solchen Anlage im Sinne des § 3 Nr. 5 EEG (in der bis einschließlich 31.03.2012 geltenden Fassung) nicht erforderlich.

3. Eine Inbetriebnahme der Photovoltaikanlage im Sinne der maßgeblichen Vorschriften des EEG a.F. ist auch nicht nur bzw. nicht erst dann anzunehmen, wenn Strom in Höhe eines "messbaren" Verbrauchswerts, vergleichbar einer Glühlampe oder eines Öfchens, verbraucht worden ist.

4. Die Messung einer Spannung durch einen Digitalmultimeter ist in der Regel für den Nachweis einer Inbetriebnahme ausreichend, wenn das Messgerät den für die Messung erforderlichen Strom der Anlage entnimmt. Hierfür reicht ein Verbrauch von 0,001 mA aus.

 

Normenkette

ZPO § 256; EEG § 33 Fassung: 2012-01-01, § 3 Nr. 5

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 27.07.2016; Aktenzeichen 16 O 275/13)

 

Tenor

Das Urteil des LG Köln vom 27.07.2016 -16 O 275/13- wird abgeändert.

Es wird festgestellt, dass der Strom aus der Photovoltaikanlage der Klägerin auf dem Grundstück S-weg XX, XXXXX L, Gerätenummern der Beklagten 1281XXXX und 1281XXXX mit einer Wechselrichter Nennleistung von 8,3 kW und einer Gesamtleistung der Module von 7,61 kWp mit den bis zum 31.03.2012 geltenden Vergütungssätze nach EEG zu vergüten ist.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 603,93 EUR außergerichtliche Mahnkosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.08.2013 zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen einschließlich der Kosten der Streithelferin zu tragen.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 6.059,83 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Ohne Tatbestand (gemäß §§ 540 Abs.2, 313a Abs. 1 ZPO).

II. Die zulässige, insbesondere gemäß § 511 ZPO statthafte sowie gemäß §§ 517, 520 ZPO form - und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin gegen das angefochtene Urteil hat auch in der Sache Erfolg.

1. Bedenken gegen die Zulässigkeit der von der Klägerin erhobenen Feststellungsklage bestehen nicht. Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse daran, mit Bindungswirkung der Beklagten gegenüber feststellen zu lassen, dass der von ihr in das Netz der Beklagten eingespeiste Strom mit den bis zum 31.03.2012 gültigen Vergütungssätzen zu vergüten ist, § 256 ZPO, nachdem die Beklagte der Auffassung ist, sie schulde nur geringere Vergütungssätze. Insbesondere steht der Zulässigkeit der Klage auch nicht der Vorrang der Leistungsklage entgegen. Auch wenn die Klägerin einen Teil ihres Zahlungsanspruchs bereits beziffern könnte, liegen in Anbetracht der Förderungsdauer nach den Vorschriften des EEG von 20 Jahren noch Abrechnungszeiträume in der Zukunft, die von der Klägerin noch nicht beziffert werden können. Zu Recht verweist die Klägerin ferner darauf, dass aufgrund der Person der Beklagten damit zu rechnen ist, dass sie bereits allein aufgrund eines gegen sie ergehenden Feststellungsurteils ihre Abrechnungen entsprechend korrigiert (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 31.Aufl. 2016, § 256 Rn 7a, 8) .

2. Die Klägerin ist auch berechtigt, für den von ihr eingespeisten Strom von der Beklagten eine Vergütung nach den bis zum 31.03.2012 geltenden Vergütungssätzen des EEG zu verlangen, § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 EEG (in der bis zum 01.04.2012 geltenden Fassung).

Voraussetzung eines Vergütungsanspruches der Klägerin nach § 33 EEG (in der bis zum 01.04.2012 geltenden Fassung) ist das Vorhandensein einer Photovoltaikanlage, die Herstellung der technischen Betriebsbereitschaft der Anlage und daran anschließend die erstmalige willentliche Inbetriebsetzung durch den Anlagenbetreiber vor dem 01.04.2012.

Entgegen der vom LG im angefochtenen Urteil vertretenen Rechtsauffassung war allerdings im maßgeblichen Zeitraum 01.01. 2012 bis 31.03. 2012 die Installation eines Wechselrichters zur Herstellung der Betriebsbereitschaft der Anlage bzw. zur erfolgreichen Inbetriebnahme im Sinne des § 3 Nr. 5 EEG nicht erforderlich.

Nach der Gesetzesbegründung zum EEG 2012 sollten die Begründungen zum ursprünglichen Erlass der Bestimmungen weitergelten, wenn die Bestimmungen des EEG 2009 durch das EEG 2012 nicht oder lediglich aus redaktionellen oder systematischen Gründen geändert wurden (vergleiche Gesetzesbegründung, BT-Drucksache 17/6071, B. Besonderer Teil, zu Art. 1-Seite 60). Da § 3 Nr. 5 nach der Gesetzesbegründung zu § 3 Nr. 5 EEG (BT-Drucksache 17/6071, B. Besonderer Teil, zu Art. 1-Seite 61) nur klarer gefasst wurde, um bestehende Rechtsunsicherheiten zu beseitigen und eine Änderung der bisherigen Rechtslage mit dieser Klarstellung ausdrücklich nicht...

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