Leitsatz (amtlich)
Eine arglistige Täuschung durch Vorlage eines falschen Belegs im Bereich der Hausratversicherung führt nur dann unter Billigkeitsgesichtspunkten ausnahmsweise nicht zur völligen Leistungsfreiheit des Versicherers, wenn die Täuschung nur einen geringen Teil des geltend gemachten Anspruchs betrifft, der Anspruchsverlust zu einer Existenzbedrohung beim Versicherungsnehmer führen würde und diesen nur ein geringes Verschulden trifft.
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 16.01.2003; Aktenzeichen 24 O 436/01) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 16.1.2003 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des LG Köln – 24 O 436/01 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Gründe
I. Der Kläger schloss für die Zeit ab dem 1.4.2000 bei der Beklagten eine Hausratversicherung ab. Die zuvor bei der E. bestehende Versicherung war vom Versicherer in Zusammenhang mit einem Einbruch (in die anschließend bei der Beklagten versicherte Wohnung) gekündigt worden.
Der Kläger hat behauptet, am 22.10.2000 seien Unbekannte während seines Urlaubs in seine Wohnung eingebrochen. Es seien Gegenstände teils entwendet, teils verwüstet worden. Die Beklagte leistete eine Akontozahlung von 50.000 DM, die sie mit der Widerklage zzgl. entstandener Sachverständigenkosten von 4.535,14 DM zurückfordert. Der Kläger verlangt den vom Schadensermittler der Beklagten errechneten Entschädigungsbetrag von 75.690 DM und klagt dementsprechend restliche 25.690 DM ein.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 13.135,09 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 23.3.2001 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und den Kläger zu verurteilen, an sie 27.883,37 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 9.4.2001 zu zahlen.
Der Kläger hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.
Das LG hat nach Vernehmung von Zeugen die Klage abgewiesen und der Widerklage antragsgemäß entsprochen, weil der Kläger einen falschen Beleg vorgelegt habe (§ 22 VHB 95). Mit der Berufung wird weiter bestritten, dass der Beleg falsch sei und u.a. geltend gemacht, ein Beleg über 2.900 DM rechtfertige es nicht, dem Kläger jeglichen Anspruch zu versagen.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 13.135,09 Euro nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.3.2001 zu zahlen,
2. die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das erstinstanzliche Urteil und den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 15.7.2003 Bezug genommen. Die Akten der Staatsanwaltschaft Bremen 280 Js 37793/01 sind – wie in der Sitzungsniederschrift festgehalten – Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
II. Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Das LG hat die Klage mit Recht abgewiesen. Die Beklagte ist nach § 22 Abs. 1 VHB leistungsfrei. Das LG ist nach der Vernehmung von Zeugen zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger die Beklagte durch Vorlage des von ihm selbst ausgefüllten „Sammelbelegs” und der ergänzend abgegebenen Erklärungen arglistig getäuscht hat. Die Ausführungen des LG sind hierzu überzeugend. Es besteht kein Anlass, die Beweisaufnahme zu wiederholen oder auf den Inhalt des Gesprächs vom 20.11.2000 auszudehnen. Die Ausführungen des Klägers zu seinen bei diesem ersten Gespräch abgegebenen Erklärungen können als zutreffend unterstellt werden. Sie haben keinen Einfluss auf die Würdigung des Beweisergebnisses. Der Charakter der Quittung als „Sammelbeleg” ergab sich aus ihrem Inhalt und bedurfte keiner besonderen Erläuterung. Zur Herkunft der Quittung und zu den Umständen der Entstehung hat der Kläger auch am 20.11.2000 keine „richtigeren” Angaben gemacht als am 30.1.2001. Er hat insb. nicht erwähnt, dass er persönlich die Quittung ausgefüllt hat und nur die Unterschrift nicht von seiner Hand stammt.
Soweit der Kläger meint, die von ihm verübte arglistige Täuschung könne nicht zur völligen Leistungsfreiheit führen, verkennt er die Rspr. des BGH, nach der in Ausnahmefällen eine völlige Leistungsfreiheit bei einem Sachverhalt der hier gegebenen Art unbillig sein kann. So kann ein vollständiger Anspruchsverlust als unbillig erscheinen, wenn die Täuschung nur einen geringen Teil des geltend gemachten Anspruchs betrifft, der Anspruchsverlust zu einer Existenzbedrohung beim Versicherungsnehmer führen würde und diesen nur ein geringes Verschulden trifft (BGH v. 12.5.1993 – IV ZR 120/92, NJW-RR 1993, 1117). Solche zusätzlichen Umstände, die zur Bejahung der Unbilligkeit führen könnten, sind jedoch nicht vorgetragen und nicht ersichtlich.
Im Übrigen ist die Beklagte ohnehin hinsichtlich ...