Verfahrensgang

LG Aachen (Urteil vom 16.07.2003; Aktenzeichen 4 O 329/02)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 16.7.2003 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Aachen - 4 O 329/02 - geändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.808,89 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.3.2002 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

(Anstelle von Tatbestand und der Entscheidungsgründen gem. § 540 Abs. 1 S. 1 ZPO).

I. Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem am 1.7.2001 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der D. Metallbau GmbH (in folgenden: Schuldnerin). Mit der Klage macht er gegen den Beklagten einen Werklohnanspruch in Höhe eines Betrages von 5.808,89 Euro nebst Zinsen geltend.

Die Schuldnerin wurde durch den Beklagten, vertreten durch das Staatliche Bauamt E., beauftragt, Umbaumaßnahmen der Polizeiwache C. durchzuführen. Die Vertragsparteien vereinbarten unter Ziff. 10.2 der besonderen Vertragsbedingungen Folgendes:

Unter Verzicht auf der Erfordernis der Gegenseitigkeit nach § 387 BGB willigt der Auftragnehmer ein, dass Forderungen der Bundesrepublik Deutschland, des Landes Nordrhein-Westfalen oder der Bundesanstalt für Arbeit an den Auftragnehmer gegen Forderungen des Auftragsnehmers an eine dieser Körperschaften aufgerechnet werden.

Die Schuldnerin führte die ihr in Auftrag gegebenen Arbeiten durch und erteilte der Beklagten unter dem 28.6.2001 eine Schlussrechnung, die mit einem Betrag i.H.v. 12.288,52 DM (6.283,02 Euro) abschloss. Unter dem 4.3.2002 forderte der Kläger, der zu diesem Zeitpunkt bereits zum Insolvenzverwalter der Schuldnerin bestellt worden war, den Beklagten zur Zahlung des Rechnungsbetrages bis zum 26.3.2002 auf. Der Beklagte teilte dem Kläger durch Schreiben v. 24.6.2002 mit, dass sich die Restforderung der Schuldnerin auf 5.808,89 Euro belaufe. In dem Schreiben heißt es wörtlich wie folgt:

Eine Auszahlung des Betrages an die Insolvenzmasse kann jedoch nicht erfolgen, da gem. Mitteilung des Finanzamtes B. v. 21.6.2001 gleichzeitig wesentlich höhere Steuerforderungen ggü. der Gemeinschuldnerin bestehen, deren Entstehungszeitraum vor der gerichtlichen Anordnung des Insolvenzverfahrens liegt.

Unter Hinweis auf unsere "Besonderen Vertragsbedingungen EVM (B) BVB", Pkt. 10.2 (s. Anlage), erkläre ich mit den betreffenden Steuerforderungen gegen das vorgenannte Restguthaben die Aufrechnung.

Der Aufrechnungsbetrag von 5.808,89 Euro wird an das zuständige Finanzamt B. überwiesen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe die Klageforderung in dem Schreiben v. 24.6.2002 anerkannt. Im Übrigen sei die unter Ziff. 10. 2 der besonderen Vertragsbedingungen getroffene Vereinbarung als sog. Konzernverrechnungsklausel analog § 96 Abs. 1 Nr. 2 und 3 InsO wirkungslos.

Er hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 5.808,89 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab 26.3.2003 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, dass es sich bei der fraglichen Vereinbarung nicht um eine Konzernverrechnungsklausel handele. Sie sei vielmehr als Vereinbarung zur Aufrechnung i.S.d. § 94 InsO zulässig und insolvenzfest.

Das LG hat die Klage durch das angegriffene Urteil abgewiesen und zur Begründung darauf hingewiesen, dass der Werklohnanspruch des Klägers, den der Beklagte nicht anerkannt habe, aufgrund der von dem Beklagten erklärten Aufrechnung mit Steuerforderungen erloschen sei. Die Vertragsbedingungen gem. Ziff. 10.2 seien wirksam.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiter. Konzernverrechnungsklauseln genössen nach den allgemeinen Insolvenzgrundsätzen keinen Insolvenzschutz, weil der Grundsatz der Gleichbehandlung der Gläubiger damit zur Disposition der Parteien des Aufrechnungsverhältnisses gestellt werde und ein Wertungswiderspruch ggü. der berechtigten Einschränkung insolvenzfester künftiger Aufrechnungslagen entstehe. Die Aufrechnung durch die Beklagte sei auch gem. den §§ 131 Abs. 1 Nr. 1 und 2, 132 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbar. Wegen eines beim BGH anhängigen Revisionsverfahrens sei im Übrigen das Ruhen des Verfahrens aus einem wichtigen Grund geboten.

Der Kläger hat zunächst angekündigt zu beantragen,

1. unter Abänderung des Urteils LG Aachen v. 16.7.2003 - 4 O 329/02 - den Beklagten zu verurteilen, an ihn 5.808,89 Euro nebst 5 % Zinsen über den Basiszinssatz (richtig Basiszinssatz) seit dem 26.3.2002 zu zahlen.

2. den Rechtsstreit bis zur Entscheidung des BGH über die Revision gegen das Urteil des OLG Frankfurt v. 22.1.2003 - 21 U 7/02 - ruhen zu lassen.

Der Senat hat durch Beschluss v. 21.1.2004 auf Antrag beider Parteien das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des BGH in dem Revisionsverfahren angeordnet. Jenes Verfahren ist durch Urteil des BGH v. 15.7.2004 (BGH v. 15.7.2...

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