Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslandsauskunft
Leitsatz (amtlich)
1. Wirbt ein ausländisches Unternehmen in drei aufeinanderfolgenden Jahren auf einer deutschen Messe für Waren, die inländisches Urheberrecht verletzen, liegt im Zweifel auch ein Verbreiten im Inland wenigstens durch Aufforderung zum Erwerb im nicht urheberrechtsgebundenen Ausland vor.
2. Wer wegen einer Urheberrechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß zur Auskunft verpflichtet ist, hat Angaben zu machen zu allen ihm bekannten oder durch Nachfragen bei seinen Vertragspartnern zu ermittelnden Vorbesitzern, auch wenn sie sich im Ausland befinden und keine Handlungen im Inland vornehmen, sowie zu allen seinen auch nur mittelbaren gewerblichen Abnehmern und Verkaufsstellen gleich welcher Handelsstufe, für die die rechtsverletzenden Produkte bestimmt waren.
Normenkette
UrhG §§ 17, 97 Abs. 2, § 101 Abs. 1, 3
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 02.02.2011; Aktenzeichen 28 O 317/10) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 2.2.2011 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des LG Köln - 28 O 317/10 - wird zurückgewiesen.
Die weiteren Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, die hinsichtlich des vom LG zuerkannten Auskunftsanspruchs 20.000 EUR und im Übrigen 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages beträgt, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung des Auskunftsanspruchs Sicherheit in gleicher Höhe und im Übrigen Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin stellt her und vertreibt den Kinderhochstuhl "Tripp Trapp". Wegen des Stuhls "Carlo", einer u.a. auf der Kölner Messe "Kind & Jugend" im September 2008 ausgestellten unfreien Bearbeitung ihres urheberrechtlich geschützten Modells, erwirkte sie einstweilige Verfügungen gegen die Ausstellerin (28 O 749/08 LG Köln) und die in den Niederlanden ansässige Beklagte als Lieferantin (28 O 823/08 LG Köln), die wie ein früher gegen eine inländische Anbieterin ergangenes Vertriebsverbot (28 O 397/08 LG Köln = 6 U 191/08 OLG Köln) von den Antragsgegnerinnen als endgültige Regelungen anerkannt wurden. Die anschließend auf Auskunft, Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht und Ersatz der Kosten des Abschlussschreibens in Anspruch genommene Beklagte ist vom LG im Wesentlichen antragsgemäß verurteilt worden. Mit ihrer Berufung begehrt sie Abweisung der über ihre Verurteilung zum Kostenersatz hinausgehenden Klage. Sie vertieft ihr Vorbringen, das Auskunftsverlangen habe sich schon durch ihre Schutzschrift vom 10.9.2008 (Anlage K 2) und die Mitteilung vom 22.4.2010 (Anlage K 4) erledigt, dass sie den Stuhl in Deutschland nicht vertrieben, sondern nur auf den Messen 2006 und 2007 gezeigt habe; angesichts dessen sei der Klägerin auch kein Schaden entstanden.
II. Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.
1. Das LG hat zu Recht festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, der sich daraus ergibt, dass sie Stühle des Modells "Carlo" in Deutschland angeboten, beworben, verkauft und/oder sonst in Verkehr gebracht hat (§ 97 Abs. 2 UrhG, § 256 ZPO). Mit ihrer Behauptung, solche Handlungen im Inland gar nicht vorgenommen zu haben, kann sie nicht gehört werden. Nach der auf Grund ihrer Abschlusserklärung vom 9.4.2010 (Anlage K 3) einem rechtskräftigen Hauptsachetitel gleichstehenden einstweiligen Verfügung des LG Köln vom 8.12.2009 (28 O 823/08) steht nämlich das Gegenteil - die Wiederholungsgefahr begründende Begehung entsprechender Handlungen - zwischen den Parteien bindend fest.
Soweit das werbende Ausstellen schutzrechtsverletzender ausländischer Waren auf einer Messe ohne im Einzelfall festgestellte Aufforderung zum Erwerb des Produkts im Inland keine Begehungsgefahr des Anbietens oder Inverkehrbringens begründen soll (BGH, GRUR 2010, 1103 = WRP 2010, 1508 [Rz. 21 ff.] - Pralinenform II; kritsch dazu: Graf von der Groeben, GRUR 2011, 795 ff.), kommt es darauf im Streitfall nicht an, weil die Anerkennung der einstweiligen Verfügung als endgültige und für die Parteien verbindliche Regelung weitere Feststellungen entbehrlich macht. Abgesehen davon wäre hier allerdings auch nicht ersichtlich, wieso den Messepräsentationen in drei aufeinanderfolgenden Jahren nicht die Bereitschaft zu entnehmen sein sollte, den deutschen Fachbesuchern das ausgestellte Produkt selbst oder durch Vertriebspartner liefern zu wollen - zumal ein an die inländischen Verkehrskreise gerichtetes Anbieten i.S.v. § 17 Abs. 1 UrhG bereits dann vorliegt, wenn im Inland zum Erwerb in einem ausländischen Staat aufgefordert wird, in dem die Veräußerung kein Urheberrecht verletzt (BGH GRUR 2007, 871 = WRP 2007, 1219 [Rz. 28 ff.] - Wagenfeld-Leuchte).
Die vom LG zutreffend angenommene gewisse Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts liegt wegen der beim Eingriff in ein Immaterialgüterrecht mög...