rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Familienrecht. Rückforderung einer Schenkung wegen Verarmung des Schenkers – Beweis der Unentgeltlichkeit einer Zuwendung
Leitsatz (amtlich)
Schließen die in ungeteilter Erbengemeinschaft befindliche Mutter und ihre Söhne einenErbauseinandersetzungsvertrag, in dessen Gefolge den Söhnen alle Grundstücke zu Eigentum übertragen werden, so spricht hieraus allein keine Vermutung für die Unentgeltlichkeit der Übertragung.
Will der Sozialhilfeträger mit der Behauptung, die Übertragung der Grundstücke sei schenkweise erfolgt, die Söhne wegen Verarmung der Mutter auf Rückerstattung von Sozialaufwendungen nach § 528 BGB in Anspruch nehmen, hat er die Unentgeltlichkeit der Zuwendung zu beweisen (Anlehnung an BGH NJW 1995, 1349 =DRsp-ROM Nr. 1995/3098).
Normenkette
BGB § 528
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 20 O 39/00) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 18. Mai 2000 – 20 O 39/00 – abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung des Beklagten hat Erfolg.
I. Der klagende Kreis nimmt den Beklagten aus übergeleitetem Recht auf Rückerstattung eines Geschenks wegen Verarmung der Schenkerin, seiner Mutter, in Anspruch. Die Mutter des Beklagten befindet sich seit September 1994 in der Pflegestation eines Altenzentrums. Ihre Renteneinkünfte reichten zur Deckung der Kosten nicht aus. Der Kläger hat deshalb wegen der nicht gedeckten Kosten vom 6.9.1994 bis zum 31.3.1997 Sozialaufwendungen für die Mutter in Höhe von 72.517,74 DM erbracht.
Der Beklagte und sein Bruder schlossen am 20. August 1986 mit ihrer Mutter, mit der sie sich als Erben ihres am 26.8.1978 verstorbenen Vaters in ungeteilter Erbengemeinschaft befanden, einenErbauseinandersetzungsvertrag. Hiernach erhielt der Bruder des Beklagten zwei Flurstücke von 1.134 qm (Hausgrundstück) und 588 qm (unbebaut), wobei er der Mutter ein lebenslanges Wohnrecht einräumte. Der Beklagte erhielt zwei noch im Umlegungsverfahren befindliche unbebaute Grundstücke von 702 qm und 714 qm. Den Wert des an den Bruder übertragenen Grundbesitzes gibt die Klägerin mit 29.400,– DM und 235.936,– DM an, über den Wert des dem Beklagten übertragenen Grundbesitzes streiten die Parteien. Der Kläger geht von einem damaligen Wert von wenigstens 50,– DM/qm aus, was einem Gesamtwert von 70.800,– DM entspräche, der Beklagte beruft sich auf das Umlegungsverzeichnis, das einen Wert von zusammen 48.144,– DM ausweist. Er behauptet, er habe als Gegenleistung Schulden der Mutter in Höhe von 71.397,23 DM übernommen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben mit der Begründung, der Beklagte habe nicht hinreichend dargelegt, dass entgegen dem Wortlaut des Erbauseinandersetzungsvertrages, der dazu schweige, von ihm eine Gegenleistung zu erbringen gewesen sei.
II. Der Ansicht des Landgerichts, der Beklagte habe schon nicht ausreichend dargelegt, entgegen der Vertragsurkunde eine Gegenleistung erbracht zu haben, geschweige denn bewiesen, kann nicht gefolgt werden. Zum einen war dem Kläger, wie der Beklagte schon erstinstanzlich unwidersprochen vorgetragen hat, aus dem vorgerichtlichen Schriftverkehr bekannt, dass das auf den Namen der Mutter lautende Konto im Debet stand und dass der Beklagte die Tilgung dieser Schulden übernommen hat. Nach der nunmehr vorgelegten Auskunft der Sparkasse M. betrug der Sollsaldo auf diesem Konto am 21.4.1986, also vor Vertragsschluss, DM 71.397,23. Der Streit ging nur darum, ob diese Schulden der Mutter oder dem Beklagten zuzurechnen waren. Zum anderen hat das Landgericht auch die Beweislast verkannt und deshalb unzutreffende Folgerungen aus dem Wortlaut des Erbauseinandersetzungsvertrages gezogen. Der Bundesgerichtshof (NJW 1995, 1349 = DRsp-ROM Nr. 1995/3098) hat in einem vergleichbaren Fall, in dem es um einen Übergabevertrag unter Vorwegnahme der Erbfolge ging, ausgeführt:
„Da der Vertrag … außer dem Hinweis auf die Vorwegnahme der Erbfolge sich in seinem Wortlaut nicht zum Rechtsgrund der Eigentumsübertragung äußert, läßt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts aus der Vermutung der Vollständigkeit der Vertragsurkunde nicht entnehmen, daß der Beklagte die Entgeltlichkeit der Grundstücksübergabe zu beweisen hätte. Vielmehr ist es grundsätzlich Sache der Klägerin, die den Anspruch aus § 528 BGB geltend macht, die (volle oder teilweise) Unentgeltlichkeit der Zuwendung zu beweisen ….”.
Nichts anderes gilt hier. In dem notariellen Vertrag ist von einer Schenkung keine Rede, sondern lediglich von einer Erbauseinandersetzung der in ungeteilter Erbengemeinschaft befindlichen Vertragsparteien, so dass es Sache des Klägers wäre zu beweisen, dass der Beklagte im Zuge dieser Auseinandersetzung ganz oder teilweise unentgeltliche Zuwendungen erhalten hat. Diesen Beweis hat er nicht geführt und er kann ihn auch nicht führen, ohne dass es noch auf ...