Entscheidungsstichwort (Thema)
"Fernsehen in Hotelzimmern per Kabelnetz"
Leitsatz (amtlich)
Urheberrechtlich liegt eine öffentliche Wiedergabe von Fernsehprogrammen vor, wenn die von einem Kabelnetzbetreiber an ein Hotel herangeführten Programmsignale mittels einer hausinternen Verteileranlage an die in den Hotelzimmern befindlichen Geräte weitergeleitet werden.
Eine derartige Verteileranlage ist als Hausverteileranlage i.S.d. Netzebene 4 des sog. Regio-Vertrages anzusehen mit der Folge, dass die Wiedergabe der Fernsehprogramme in den Hotelzimmern gestattet ist, sofern der Kabelnetzbetreiber seine entsprechenden Rechte aus dem Regio-Vertrag dem Betreiber des Hotels übertragen hat.
Das Urteil ist rechtskräftig, nachdem innerhalb der Monatsfrist des § 544 Abs. 1 ZPO Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nicht eingelegt worden ist.
Normenkette
UrhG § 31 Abs. 5; Richtlinie 2001/29/EG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 02.08.2006; Aktenzeichen 28 O 3/06) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 2.8.2006 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des LG Köln - 28 O 3/06 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Hauptausspruch wie folgt neu gefasst wird:
1. Es wird festgestellt, dass der "Vertrag über die Vergütung der Nutzung der terrestrisch und satellitär herangeführten Programme der Hörfunk- und Fernsehsendeunternehmen in den Breitbandkabelnetzen der Kabelnetzbetreiber" vom 11.4./9.5./14.5./16.5./26.6.2003 zwischen der Beklagten und der Deutschen Telekom AG, der ish GmbH & Co. KG sowie verschiedenen anderen Kabelnetzbetreibern (sog. "Regiovertrag") in der Zeit vom 23.12.2005 bis zum 31.12.2006 die zeitgleiche und unveränderte (= "rechtefreie") Weiterleitung von Programmen der Sendeunternehmen, deren Urheber- und Leistungsschutzrechte die Beklagte wahrnimmt, vom Übergabepunkt bis zu den Fernsehgeräten in den Hotelzimmern der Klägerin erlaubt hat.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben die Klägerin zu ¾ und die Beklagte zu ¼ zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Vollstreckung der Kostenerstattungsansprüche kann der jeweilige Kostenschuldner durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beklagte ist eine Wahrnehmungsgesellschaft, die die Urheber- und Leistungsschutzrechte von Medienunternehmen, insbesondere Fernseh- und Rundfunkanstalten, für diese wahrnimmt.
Die Klägerin betreibt das Ring-Hotel Bonn/Rhein-Hotel E. in D. Die Hotelzimmer sind mit Fernsehempfängern ausgestattet, die von einer hausinternen Verteileranlage u.a. mit den von den Fernseh- und Rundfunkanstalten ausgestrahlten Programmen versorgt werden. Die Programmsignale werden von der Kabelnetzbetreiberin ish GmbH & Co. KG (im Folgenden: "ish") an das Hotel der Klägerin herangeführt. Mit ish und anderen Kabelnetzbetreibern hat die Beklagte im Frühjahr 2003, nachdem zwischen den Beteiligten vorher unterschiedliche Auffassungen über die Vergütungspflicht bei der Nutzung der Rundfunk- und Fernsehprogramme aufgetreten waren, einen "Vertrag über die Vergütung der Nutzung der terrestrisch und satellitär herangeführten Programme der Hörfunk- und Fernsehsendeunternehmen in den Breitbandkabelnetzen der Kabelnetzbetreiber" geschlossen. Mit diesem - auch als "Vergleichsvertrag" bezeichneten - sog. "Regio-Vertrag" ist ausweislich seiner Präambel die Höhe etwaiger Ansprüche der Sendeunternehmen wegen der Nutzung ihrer sämtlichen Urheber- und Leistungsschutzrechte in der Vergangenheit und während der zunächst bis zum Jahre 2005 vorgesehenen Vertragslaufzeit abschließend geregelt worden. Die Laufzeit ist später bis zum 31.12.2006 verlängert worden. Nach der in der Spruchfrist erfolgten Darstellung der Klägerin ist sie inzwischen nochmals, und zwar bis zum 31.12.2008, verlängert worden. In dem Vertrag heißt es unter § 2 ("Rechteeinräumung") in Ziff. 3 Satz 5:
"Eine Übertragung zur Nutzung der Rechte nach diesem Vergleichsvertrag an Dritte ist im Falle der DTAG/KDG, solange diese noch Vertragspartei der Einspeisungsverträge sind, und der Kabelnetzbetreiber nur dann zulässig, wenn die Kabelnetzbetreiber das Programm der Sendeunternehmen anderen Kabelnetzbetreibern der Netzebene 4 (nachfolgend "andere Betreiber") zuliefern und über die Signalzulieferung ein Vertrag zwischen den Kabelnetzbetreibern und den betreffenden anderen Betreibern besteht oder geschlossen wird."
Die Klägerin hat unter Berufung auf ein als Anlage K 1 zur Klageschrift vorgelegtes Schreiben der ish vom 23.12.2005 behauptet, sie habe mit dieser einen Kabelanschlussvertrag geschlossen, und die Auffassung vertreten, der beschriebene Weitertransport von Programmen der Sendeanstalten von ihrer Empfangsstelle (= dem "Übergabepunkt") über eine Verteileranlage zu den Fernsehg...