Tenor

Das angefochtene Urteil wird mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu erneuter Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Bonn zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Mit unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage vom 19. Oktober 2015 liegt dem Angeklagten zur Last, während einer Rollerfahrt am 2. Mai 2015 gegen 2:30 Uhr in B über insgesamt 4,283 g Heroinbase-Zubereitung mit einer Wirkstoffmenge von insgesamt 1,5 g Heroin-Hydrochlorid sowie über 0,294 g Kokain-Hydrochlorid-Zubereitung mit einem Wirkstoffgehalt von 0,23 g Kokainhydrochlorid verfügt zu haben.

Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Amtsgericht - Schöffengericht - Bonn das Verfahren wegen des Verfahrenshindernisses des Strafklageverbrauchs eingestellt. Zur Begründung ist ausgeführt:

“Der Angeklagte wurde im Rahmen der Verkehrskontrolle am 02.05.2015 gegen 2:30 Uhr durch die Polizei angehalten. Der Angeklagte gab an, nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis zu sein. Insoweit leiteten die Strafverfolgungsbehörden ein gesondertes Verfahren wegen des Vorwurfs des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG) ein, in dem der Angeklagte durch Strafbefehl des Amtsgerichts Bonn vom 07.10.2015, rechtskräftig seit 28.10.2050, zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt wurde. Nach den im Rahmen der Hauptverhandlung verlesen Feststellung des Strafbefehls befuhr der Angeklagte am 02.05.2015 gegen 2:30 Uhr mit einem erlaubnispflichtigen Mofa der Marke N mit dem Kennzeichen xxx unter anderem die F Straße. Zum Führen des Fahrzeugs war er - wie ihm bekannt war - nicht berechtigt, weil er zum Zeitpunkt der Tat keine Fahrerlaubnis besaß.„

Und im Rahmen der rechtlichen Würdigung ist ausgeführt:

“Der Angeklagte hat sich zur Sache nicht eingelassen, so dass zu seinen Gunsten anzunehmen war, dass die Fahrt gerade dem Transport der Drogen diente und mithin eine verfahrensrechtliche Identität vorliegt.„

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird. Die Generalstaatsanwaltschaft ist der Revision beigetreten.

II.

Das Zulässigkeitsbedenken nicht unterliegende Rechtsmittel hat (vorläufigen) Erfolg. Es führt gemäß §§ 353, 354 Abs. 2 StPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Bonn. Die Verfahrenseinstellung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1.

a)

In einem Einstellungsurteil gemäß § 260 Abs. 3 StPO sind die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen des Verfahrenshindernisses in einer revisionsrechtlich überprüfbaren Weise festzustellen und zu begründen. Der Tatrichter ist verpflichtet, die Verfahrensvoraussetzungen zu prüfen und ihr Bestehen grundsätzlich so darzulegen, dass sie vom Revisionsgericht nachgeprüft werden können. Soweit zu dieser Überprüfung eine dem Tatrichter obliegende Feststellung von Tatsachen erforderlich ist, hat er diese rechtsfehlerfrei zu treffen und (gegebenenfalls) zu würdigen. In den Urteilsgründen muss daher grundsätzlich, von der zugelassenen Anklage ausgehend, in revisionsrechtlich nachprüfbarer Weise dargelegt werden, aus welchen Gründen die Durchführung des Strafverfahrens unzulässig ist. Der Umfang der Darlegung richtet sich dabei nach den besonderen Gegebenheiten des Einzelfalls, insbesondere nach der Eigenart des Verfahrenshindernisses (vgl. für das Verfolgungshindernis der Verjährung BGH NJW 2011, 547, [548]; allgemein Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Auflage 2016, § 267 Rz. 29; KK-StPO-StPO-Kuckein, 7. Auflage 2013, § 267 Rz. 45; MüKo-StPO-Wenske, § 267 Rz. 537 f.). Bei einer Verfahrenseinstellung wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Doppelverfolgung (“ne bis in idem„ - Art. 103 Abs. 3 GG), die - wie zu zeigen sein wird - von der Feststellung und Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse abhängt, bedarf es einer vom Tatrichter festzustellenden Sachverhaltsgrundlage, von der ausgehend erst das Bestehen oder Nichtbestehen des Verfahrenshindernisses beurteilt werden kann.

b)

Dem steht hier nicht entgegen, dass das Vorliegen der Verfahrensvoraussetzungen und das Fehlen von Prozesshindernissen in jeder Lage des Verfahrens - also auch vom Revisionsgericht, soweit es aufgrund eines zulässigen Rechtsmittels mit der Sache befasst wird - grundsätzlich nach den Regeln des Freibeweises zu prüfen ist (s. SenE v. 27.11.2012 - III-1 RVs 192/12 m. w. N.). Soweit es nämlich - wie hier - auf den genauen Tathergang ankommt, unterliegen die entsprechenden Feststellungen den Regeln des Strengbeweises (BGHSt 46, 349 - bei Juris Tz. 10; SenE v. 18.08.1987 - Ss 293/87; Löwe/Rosenberg-StPO-Stuckenberg, 26. Auflage 2008, § 206a Rz. 64 aE; s. a. SK-StPO-Velten, 5. Auflage 2016, § 267 Rz. 64 f.).

2.

Den danach an seine Begründung zu stellenden Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht zur Gänze.

a)

aa)

Zutreffend hat das Schöffengericht freilich den prozessualen Tatbegriff des Art. 103 Abs...

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