Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorauszahlungsklausel "90 Tage vor Reisebeginn" in Flusskreuzfahrt-AGB
Leitsatz (amtlich)
1. Der eine Flusskreuzfahrt zwar nicht rechtlich, aber faktisch veranstaltende Vermittler ist Verwender i.S.d. § 1 UKlaG (in Abgrenzung zu BGH NJW 1991, 36).
2. Eine Regelung in Allgemeinen Reisebedingungen (ARB), dass der nach einer zwanzigprozentigen Anzahlung noch offene Restpreis für eine Flusskreuzfahrt 90 Tage vor Reisebeginn fällig wird, verstößt gegen § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.
Normenkette
UKlaG § 1; BGB § 307
Verfahrensgang
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 2.5.2012 verkündete Urteil der 26. Zivilkammer des LG Köln - 26 O 351/11 - wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.
III. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des LG sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. Die Sicherheitsleistung beträgt
- hinsichtlich der Unterlassung 2.500 EUR
- hinsichtlich der Zahlung und der Kosten für die Beklagte 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren, für den Kläger 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Beklagte organisiert und vermittelt für die formal als Reiseveranstalterin auftretende Y. Ltd. in Deutschland, dem europäischen Ausland, Asien und Afrika Flusskreuzfahrten, bestehend aus Unterbringung, Verpflegung und Transport der Reisenden auf einem Schiff nebst ergänzenden Reiseleistungen wie An- und Abreise zum bzw. vom Schiff sowie Ausflugs- und Besichtigungsprogrammen. Für die Veranstaltung der Flusskreuzfahrten präsentiert die Beklagte auf ihrer Internetseite Allgemeine Reisebedingungen (im Folgenden ARB). In den ARB 2012 findet sich zur Bezahlung des Reisepreises folgende Regelung:
"2. Bezahlung
(...)
2.2 Sofern in der Buchungsbestätigung keine anderen Zahlungsfristen genannt sind, wird nach Vertragsschluss (Zugang der Buchungsbestätigung) sofort die Anzahlung i.H.v. 20 % des Gesamtpreises zahlungsfällig und die Restzahlung ist so zu leisten, dass sie uns 90 Tage vor Reisebeginn gutgeschrieben wird. Bei kurzfristigen Buchungen (kürzer als 90 Tage vor Reisebeginn) wird, sofern in der Buchungsbestätigung nicht anders angegeben, nach Vertragsschluss (Zugang der Buchungsbestätigung) sofort die Anzahlung i.H.v. 20 % des Gesamtpreises zahlungsfällig und die Restzahlung ist so zu leisten, dass sie uns 30 Tage vor Reisebeginn gutgeschrieben wird ..."
Gemäß Ziff. 2.1 der ARB 2012 erhält der Kunde mit der Buchungsbestätigung den gesetzlich vorgeschriebenen Sicherungsschein, vor dessen Aushändigung er keine Zahlungen leisten muss. Mit vollständiger Bezahlung kann er sodann nach Ziff. 2.7 der ARB 2012 die Aushändigung der Reiseunterlagen verlangen. Gemäß Ziff. 5.1 kann der Kunde bis zum Reisebeginn von der Reise zurücktreten, muss bei mangelndem Vertretenmüssen seitens der Reiseveranstalterin allerdings gem. Ziff. 5.2 eine pauschale, nach dem Zeitpunkt des Rücktritts gestaffelte Entschädigung zwischen 20 % (bis zum 45. Tag vor Reiseantritt) und höchstens 95 % (Rücktritt am Reisetag oder Nichtantritt) des Reisepreises leisten. Ziff. 8.2 der ARB 2012 räumt der Reiseveranstalterin das Recht ein, bis 100 Tage vor Reisebeginn bei Unterschreitung der in der Reiseausschreibung genannten Mindestteilnehmerzahl vom Reisevertrag zurückzutreten. Außerdem kann sie nach Ziff. 2.5 der ARB 2012 vom Reisevertrag zurücktreten und eine Stornopauschale verlangen, wenn der Kunde die An- oder Restzahlung des Reisepreises weder fristgerecht noch innerhalb einer mit der Mahnung gesetzten Nachfrist geleistet hat. Wegen der weiteren Einzelheiten der ARB 2012 wird auf den zur Akte gereichten Internetausdruck (Anlage 1) Bezug genommen.
Im Fall der Buchung und Bezahlung der Reise bis drei Monate vor ihrem Beginn räumte die Beklagte den Kunden im Jahr 2011 einen Frühbucherrabatt von 20 % ein.
Der klagende Wettbewerbsverband beanstandet die Regelung in Ziff. 2.2 Satz 1 der ARB 2012 zur Fälligkeit des 80-prozentigen Restreisepreises 90 Tage vor Reisebeginn als vom gesetzlichen Grundprinzip der Zug-um-Zug-Leistung abweichende unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers. Mit Schreiben vom 6.11.2011 mahnte er die Beklagte ab, ohne dass diese in der Folgezeit die verlangte strafbewehrte Unterlassungserklärung abgab.
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger von der Beklagten die Unterlassung der Verwendung der AGB-Klausel "... und die Restzahlung ist so zu leisten, dass sie uns 90 Tage vor Reisebeginn gutgeschrieben wird." für Pauschalreisen gegenüber Verbrauchern sowie die Erstattung einer Abmahnkostenpauschale von 219,35 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.11.2011.
Mit (durch Beschluss vom 23.5.2012 berichtigtem) Urteil vom 2.5.2012, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das LG der Klage...