Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 29.02.2012; Aktenzeichen 28 O 923/11) |
Tenor
Auf die Berufung des Antragsgegners wird das am 29.2.2012 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des LG Köln - 28 O 923/11 - abgeändert:
Die einstweilige Verfügung des LG vom 28.11.2011 wird aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen.
Gründe
I. Der Antragsgegner bietet Nutzern seiner Internetseite "xxx. de" unter der Rubriküberschrift "Shop" einen Zugang zur Internethandelsplattform amazon über eine von dieser zur Verfügung gestellte Schnittstelle. Betätigen Nutzer den betreffenden Link, werden ihnen die Inhalte der amazon-Handelsplattform ohne Veränderung der Domain in der Adresszeile des Browsers auf der Internetseite des Antragsgegners in einem mit dem Hinweis "In Partnerschaft mit amazon. de" versehenen sog. Frame (Rahmen) angezeigt; für den Antragsgegner fällt dabei eine Provision an, worauf er die Nutzer seiner Seite hinweist. Auf diese Weise konnte am 26.10.2011 über die Internetseite des Antragsgegners das Bild einer aus einem Kirschkernhaufen, einem karierten Kissen und mehreren Kirschen bestehenden Collage angesehen werden. Das Foto des Kirschkernhaufens hatte der Antragsteller auf seiner Seite "yyy. es" benutzt. Er hat den Antragsgegner nach Abmahnung vom 27.10.2011 in Anspruch genommen mit dem am 8.11.2011 bei Gericht eingegangenen Verfügungsantrag, ihm zu untersagen, die Collage aus Lichtbildern (Anlage ASt 1), soweit es die Fotografie der Kirschkerne betrifft, wie aus dem vorgelegten Screenshot (Anlage ASt 2) ersichtlich öffentlich zugänglich zu machen, wenn dies ohne Zustimmung des Antragstellers geschieht. Das LG hat die begehrte einstweilige Verfügung am 28.11.2011 antragsgemäß erlassen und nach Widerspruch mit dem angefochtenen Urteil bestätigt. Dagegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Vorbringen ergänzt und vertieft. Den Einwand des Rechtsmissbrauchs begründet er nun auch damit, dass der Antragsteller - unstreitig - den die Collage bei amazon zugänglich machenden Verkäufer (Herrn Z.) schon vorher abgemahnt und von diesem unter dem 30.9.2011 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung erhalten hatte.
II. Die Berufung ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.
1. Eine Aufhebung der einstweiligen Verfügung mangels rechtzeitiger Vollziehung (§§ 929 Abs. 2, 936 ZPO) scheidet allerdings aus. Nach der vom LG zutreffend zitierten Rechtsprechung des Senats (WRP 2004, 914 = NJOZ 2004, 2621) genügt die Zustellung der vollständigen Beschlussverfügung ohne die Antragsschrift oder weitere Anlagen regelmäßig den formalen Anforderungen; für einen Ausnahmefall ist nichts ersichtlich.
2. Zu Recht hat das LG das Vorliegen eines geschützten Lichtbildes (§ 72 UrhG) des Antragstellers als glaubhaft gemacht angesehen. Ob die Aufnahme eines einzelnen Lichtbildes in eine Collage aus mehreren digital bearbeiteten Fotografien eine freie Benutzung (entsprechend § 24 Abs. 1 UrhG) oder eine zustimmungsbedürftige Bearbeitung (entsprechend § 23 UrhG) darstellt, mag im Einzelfall zweifelhaft sein; nach den gesamten Umständen ist es im Streitfall aber nicht zu beanstanden, dass das LG eine freie Benutzung der in die Collage übernommenen Fotografie verneint hat (vgl. zur Entnahme kurzer Tonfetzen von einem geschützten Tonträger BGH, GRUR 2009, 403 = WRP 2009, 308 [Rz. 19 ff.] - Metall auf Metall).
3. Das vom Antragstellerin unter dem 7.11.2012 beantragte, mit der einstweiligen Verfügung vom 28.11.2011 gegen den Antragsgegner ausgesprochene und mit dem angefochtenen Urteil bestätigte Verbot, die Collage öffentlich zugänglich zu machen, kann gleichwohl keinen Bestand haben.
a) Der Antragsgegner selbst ist nicht Täter einer Verletzung des Leistungsschutzrechts des Antragstellers. Bei den handlungsbezogenen Verletzungstatbeständen, wie sie das Urheberrecht auszeichnen, haftet als Täter einer Schutzrechtsverletzung nur, wer deren Tatbestandsmerkmale selbst, in mittelbarer Täterschaft oder in Mittäterschaft erfüllt (vgl. BGHZ 185, 330 = GRUR 2010, 633 [Rz. 13] - Sommer unseres Lebens; BGH GRUR 2011, 1018 = WRP 2011, 1469 [Rz. 18] - Automobil-Onlinebörse; zum Kennzeichenrecht vgl. BGH, GRUR 2012, 304 = WRP 2012, 330 [Rz. 44] - Basler Haar-Kosmetik; BGH, Beschl. v. 10.5.2012 - I ZR 57/09 [Rz. 3]).
Im Streitfall müsste der Antragsgegner - nach der Fassung des gegen ihn beantragten und erlassenen Verbots - die Collage selbst über seine Internetseite Mitgliedern der Öffentlichkeit zum Abruf von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich gemacht haben (§ 19a UrhG). Ein solches Zugänglichmachen setzt voraus, dass Dritten der Zugriff auf das sich in der Zugriffssphäre des Vorhaltenden befindende Schutzobjekt eröffnet wird (vgl. BGH GRUR 2009, 845 [Rz. 27] - Internet-Videorecorder; BGHZ 185, 291 = GRUR 2010, 628 = WRP 2010, 916 [Rz. 19] - Vorschaubilder). Wer Bilder auf seinem eigenen Rechner - und damit unabhängig von der ursprünglichen Q...