Verfahrensgang
LG Aachen (Aktenzeichen 4 O 87/19) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin und unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung wird das am 10.10.2019 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 4 O 87/19 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin
Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs Marke: Audi, Typ: A, Fahrzeug-Identifikationsnummer: B einen Betrag in Höhe von 23.956,30 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz abzüglich seit dem 20.06.2019 zu zahlen;
Zinsen in Höhe von 4 % aus 49.200,00 EUR seit dem 21.05.2010 bis zum 20.06.2019 zu zahlen;
die Kosten des außergerichtlichen Vorgehens in Höhe von 2.791,74 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.06.2019 zu erstatten.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der in dem Klageantrag zu 1. genannten Zug-um-Zug-Leistung im Annahmeverzug befindet.
Die Kosten des Verfahrens in erster und zweiter Instanz werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Klägerseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche der Klägerin, deren Fahrzeug vom sogenannten "Abgas-Skandal" betroffen ist.
Die Klägerin erwarb aufgrund verbindlicher Bestellung vom 21.05.2010 bei der C D GmbH & Co. KG in E einen Audi A zum Preis von 49.200,- EUR brutto.
Das Fahrzeug ist unstreitig mit dem von der Beklagten entwickelten und hergestellten Dieselmotor EA 189 ausgestattet, welcher über eine sog. Abschaltvorrichtung verfügt. Im Prüfstand führte diese Softwarevorrichtung zur Verringerung des Stickoxid-Ausstoßes, damit das Fahrzeug (zum Prüfungszeitpunkt) den Anforderungen der Schadstoffklasse EURO 5 entsprechen konnte. Mit Pressemitteilung vom 16.10.2015 machte das Kraftfahrzeugbundesamt bekannt, dass es gegenüber den betroffenen Fahrzeugherstellern den Rückruf der Markenfahrzeuge mit dem Dieselmotor des Typs EA 189 angeordnet hat. Den Herstellern wurde auferlegt, geeignete Maßnahmen zu treffen, um die Vorschriftsmäßigkeit der Fahrzeuge herzustellen. Die Beklagte stellte daraufhin ein Software-Update zur Verfügung, das laut Kraftfahrzeugbundesamt geeignet ist, die Vorschriftsmäßigkeit der Fahrzeuge herzustellen.
Mit vorgerichtlichem Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 22.01.2019 forderte die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 29.01.2019 erfolglos zur Anerkennung ihrer Schadensersatzforderungen sowie zur Abgabe weiterer Erklärungen auf.
Die Klägerin hat ihre ursprüngliche Anmeldung zur Musterfeststellungsklage vor dem Oberlandesgericht Braunschweig am 03.05.2019 zurückgenommen.
Das Fahrzeug der Klägerin hat laut unbestrittener Mitteilung ihres Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vom 11.03.2020 eine Laufleistung von 153.925 km.
Die Klägerin hat behauptet, sie hätte das Fahrzeug nicht gekauft, wenn ihr bekannt gewesen wäre, dass das Abgasrückführungssystem über zwei Betriebsmodi verfügt und die Euro 5-Grenzwerte nur im Prüfmodus eingehalten werden. Sie sei bei Abschluss des Kaufvertrages arglistig getäuscht und geschädigt worden. Die nunmehr erfolgte Nachbesserung durch ein Software-Update sei ungeeignet, den Mangel zu beheben; zudem seien schädliche Auswirkungen auf den Motor zu befürchten. Das Software-Update habe - abgesehen davon, dass es im Zeitpunkt des Kaufvertrages, d.h. bei Täuschung und Schädigung der Klägerin, nicht vorhanden gewesen sei - die Mangelhaftigkeit nicht behoben. Es bewirke einen höheren Abgasausstoß und führe zu einer Vielzahl weiterer negativer Auswirkungen, die im Einzelnen dargestellt werden. Deshalb bestehe ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte. Verjährung ihrer Ansprüche sei nicht eingetreten.
Nutzungsersatz sei von ihr nicht zu zahlen, weil sie bei Kenntnis der Umstände den Pkw überhaupt nicht erworben hätte und zudem das Fahrzeug von vornherein nicht zulassungsfähig gewesen sei.
Die Klägerin hat im ersten Rechtszug beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
1. Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeuges Marke Audi, Typ A, FIN B an sie einen Betrag in Höhe von 49.200,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.06.2019 zu zahlen;
2. an sie Zinsen in Höhe von 4 % aus 49.200,00 EUR seit dem 21.05.2010 bis zum 20.06.2019 zu zahlen;
3. die Kosten des außergerichtlichen Vorgehens in Höhe von 2.791,74 EUR Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 20.06.2019 zu zahlen;
4. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der im Klageantrag zu 1. genannten Zug-um-Zug-Leistung im Annahmeverzug befindet.
Die Beklagte hat im ersten Rechts...