Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 17.08.2016; Aktenzeichen 28 O 32/16) |
Tenor
Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das am 17.08.2016 verkündete Urteil des LG Köln (28 O 32/16) abgeändert, die einstweilige Verfügung des LG Köln vom 29.02.2016 (28 O 32/16) aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag der Verfügungsklägerin zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen trägt die Verfügungsklägerin.
Gründe
I. Von an die Stelle eines Tatbestandes tretenden Ausführungen wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1, 542 Abs. 2 S. 1 ZPO Abstand genommen.
II. Die Berufung der Verfügungsbeklagten hat vollumfänglich Erfolg.
1. Die Berufung ist zulässig. Zwar ist das Original der Berufungsschrift vom 19.09.2016 ausweislich des Eingangsstempels (Bl. 151 d.A.) am 22.09.2016 und damit erst nach dem Ablauf der mit der Zustellung des angegriffenen Urteils am 18.08.2016 beginnenden Monatsfrist aus § 517 ZPO bei Gericht eingegangen. Indes ist aufgrund des beklagtenseits vorgelegten Fax-Sendeberichts mit den in der mündlichen Verhandlung erörterten Erwägungen des gerichtlichen Vermerks vom 10.10.2016 (Bl. 158 d.A.) zur Überzeugung des Senats davon auszugehen, dass der Schriftsatz tatsächlich fristwahrend vorab per Fax übersandt worden ist und hier später nur im gerichtsinternen Post auf verlorengegangen ist.
2. Die Berufung ist auch begründet.
a) Entgegen der Berufungsbegründung bestehen allerdings nicht schon Bedenken hinsichtlich der Wahrung der Vollziehungsfrist i.S.d. §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO durch die Verfügungsklägerin im Nachgang an das hier angegriffene Urteil des LG. Denn die Berufungserwiderung hat zutreffend darauf verwiesen, dass nach zu Recht herrschender Auffassung eine erneute Parteizustellung einer Unterlassungsverfügung nach deren bloßer Teilbestätigung im Widerspruchsverfahren durch Urteil nach Sinn und Zweck des § 929 Abs. 2 ZPO nicht etwa stets und in jedem Fall geboten ist, sondern als sonst schiere Förmelei zumindest dann entbehrlich sein muss, wenn die getroffene Anordnung inhaltlich im Urteil nur "eingeschränkt" worden ist, also ein "Minus" vorliegt (vgl. OLG Stuttgart v. 21.08.2008 - 2 U 13/08, GRUR-RR 2009, 194, 195; OLG Köln v. 17.01.2002 - 6 W 114/01, NJOZ 2002, 2002), oder dort (nur) eine "Präzisierung" bzw. "Konkretisierung" der Ausgangsverfügung erfolgt ist (vgl. OLG Karlsruhe v. 23.10.2002 - 6 U 77/02, OLGR 2003, 410, 412; für Ergänzung der konkreten Verletzungsform OLG Köln v. 17.01.2002 - 6 W 114/01, NJOZ 2002, 2002). Generell ist dabei maßgeblich, dass keine "wesentliche inhaltliche Änderung" des Ausgangstenors erfolgt sein darf (vgl. OLG Hamburg v. 07.04.2015 - 7 W 49/15, NJW 2015, 2273; OLG Frankfurt v. 10.10.2013 - 6 U 181/13, BeckRS 2013,20072; v. 22.12.2009 - 3 U 33/09, NJOZ 2010,1212; OLG Köln v. 31.07.1998 - 6 U 205 /97, GRUR 1999, 89; OLG Karlsruhe v. 9.10.1996 - 6 U 42/96, WRP 1997,57,59; KG v. 31.05.1996 - 5 U 889/96, NJW 1997,1160). Entscheidend ist also, ob sich die letztlich ergangene gerichtliche Entscheidung wesentlich von der ursprünglich erlassenen einstweiligen Verfügung, die als solche bereits durch Parteizustellung vollzogen worden ist, abhebt. Eine bloße Formulierungsänderung bei einem in den maßgeblichen Punkten gleichem sachlichen Inhalt (bzw. einem "Minus" dazu) setzt im Gegenzug folglich keine neue Vollziehungsfrist in Lauf. Bei der Betrachtung kann nicht schematisch darauf abgestellt werden, ob eine Verbotsverfügung mit bestimmten Maßgaben bestätigt oder der Antrag teilweise zurückgewiesen wird und der Gläubiger einen Teil der Verfahrenskosten zu tragen hat. Denn selbst in dem zuletzt genannten Fall kann eine Änderung im Ergebnis doch nur "unwesentlich" sein. Ob eine "wesentliche" Änderung vorliegt, ist so vielmehr unter Berücksichtigung des von § 929 Abs. 2 ZPO bezweckten Schuldnerschutzes zu ermitteln. Der Schuldner soll nach der Regelung nur alsbald Klarheit darüber erhalten, ob der Gläubiger die Rechte aus einer einstweiligen Verfügung tatsächlich durchsetzen will. Hat der Gläubiger eine ursprünglich erlassene einstweilige Verfügung "vollzogen" und können bei verständiger Würdigung keine Zweifel an seinem Willen bestehen, auch von einem im Lauf des weiteren Verfügungsverfahrens umformulierten und/oder eingeschränkten Unterlassungsgebot Gebrauch zu machen, ist unter dem Gesichtspunkt des Schuldnerschutzes eine nochmalige Vollziehung folgerichtig nicht geboten. Unter Berücksichtigung dieser Prämissen war hier keine neue Zustellung erforderlich, da nur einige überbordende Unterstreichungen aus der Ausgangsverfügung geändert worden sind (insofern ein "Minus") und auch das LG ausweislich der angegriffenen Entscheidung selbst von einer schlichten Konkretisierung unter Annahme eines in der Sache vollständig begründeten (und deswegen kein Teilunterliegen bei der Kostenentscheidung hervorrufenden) Verfügungsbegehrens ausgegangen ist. In einem solchen Fall kann aus Sicht eines Schuldners verständigerweise nicht ohne (-) weiteres angenommen werden, der ...