Leitsatz (amtlich)
Der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung ist bei einer vorwerfbaren ärztlichen Fehlbehandlung auch dort begründet, wo die Primärverletzung eintritt. Der Ort, an dem (weitere) Schadensfolgen eintreten, ist dagegen für die Gerichtsstandsbestimmung nach § 32 ZPO unbeachtlich.
Der erstmals im Berufungsverfahren hilfsweise gestellte, auf § 281 ZPO gestützte Verweisungsantrag kann nicht nach § 531 Abs. 2, Satz 1 ZPO zurückgewiesen werden.
Normenkette
ZPO §§ 32, 281, 531
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 07.11.2007; Aktenzeichen 25 O 122/07) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 7.11.2007 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des LG Köln - 25 O 122/07 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Rechtsstreit auf den im Berufungsverfahren gestellten Hilfsantrag des Klägers unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das örtlich zuständige LG Bonn verwiesen wird.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt. Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Schlussurteil des LG Bonn vorbehalten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beklagten zu 2) und 3) nahmen am 21.6.2005 im Klinikum der Beklagten zu 1) in Bonn eine Antirefluxplastik der linken Harnröhre des minderjährigen Klägers vor, obwohl die rechte Harnröhre für eine Operation vorgesehen war. Am 26.9.2005 wurde der erforderliche Eingriff auf der rechten Seite in der Universitätsklinik L durchgeführt.
Der in Q wohnhafte Kläger hat die Beklagten, die ihren allgemeinen Gerichtstand im Bezirk des LG Bonn haben, daraufhin vor dem LG Köln auf Schmerzensgeld und Schadensersatz in Anspruch genommen.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld aus der fehlerhaften Behandlung ab dem 21.6.2005 zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 20.000 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (14.6.2007),
2. die Beklagten weiter als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 500 EUR zu zahlen nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (14.6.2007), abzgl. am 6.7.2007 gezahlter 1.000 EUR unter Verrechnung zunächst auf den Antrag zu 2. hinsichtlich Haupt- und Nebenforderung, sodann auf den Antrag zu 1. hinsichtlich der Hauptforderung unter Teilerledigungserklärung, sowie
3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche zukünftigen immateriellen und alle weiteren vergangenen und künftigen materiellen Ansprüche, die ihm infolge der fehlerhaften Behandlung ab dem 21.6.2005 entstanden sind bzw. noch entstehen werden, zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind bzw. übergehen werden.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie haben die örtliche Zuständigkeit des LG Köln gerügt und in der Sache geltend gemacht, dass die Ersatzansprüche des Klägers durch den vorprozessual geleisteten Betrag von 2.500 EUR und die nach Rechtshängigkeit erfolgte Zahlung weiterer 1.000 EUR abgegolten seien.
Das LG Köln hat seine örtliche Zuständigkeit verneint und die Klage abgewiesen.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung. Entgegen der Auffassung des LG sei der Gerichtstand der unerlaubten Handlung gegeben. Abgesehen davon, dass sich eine Körperverletzung regelmäßig (auch) am Wohnort des Verletzten auswirke, sei zu berücksichtigen, dass der Kläger sich ein weiteres Mal in stationäre Krankenhausbehandlung habe begeben und sich am 26.9.2005 erneut habe operieren lassen müssen, um die durch den Eingriff der Beklagten nicht behobenen Beschwerden und die damit einhergehenden andauernden Schmerzen endlich zu beseitigen. Insoweit sei ein (weiterer) Verletzungserfolg am Wohnsitz des Klägers eingetreten. Die auf dem Behandlungsfehler beruhenden psychischen Beschwerden des Klägers habe das LG nicht berücksichtigt.
Der Kläger beantragt,
1. unter entsprechender Abänderung des angefochtenen Urteils nach den in I. Instanz zuletzt gestellten Anträgen des Klägers zu erkennen,
2. den Rechtsstreit unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das LG zurückzuverweisen,
3. hilfsweise, den Rechtstreit an das LG Bonn zu verweisen.
Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil. Wegen des Weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II. Die Berufung des Klägers hat, von dem im Berufungsverfahren gestellten Hilfsantrag abgesehen, keinen Erfolg. Das LG Köln ist für die vorliegende Klage örtlich nicht zuständig.
1. Das LG hat zu Recht angenommen, dass der Gerichtstand der unerlaubten Handlung (§ 32 ZPO) nicht gegeben ist. Andere Ger...