Leitsatz (amtlich)

Weigert sich der Mehrheitseigentümer innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft, an der Verabschiedung der Jahresabrechnung mitzuwirken, so besteht kein Rechtsschutzbedürfnis für einen gerichtlichen Antrag, ihn zur Mitwirkung zu verurteilen, solange nicht die vorhandenen rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, die Jahresabrechnung auch ohne seine Mitwirkung zu verabschieden.

 

Normenkette

WEG § 21 Abs. 1, 3, § 23 Abs. 1, § 28 Abs. 4

 

Verfahrensgang

AG Bonn (Aktenzeichen 28 II 24/01 WEG)

LG Bonn (Aktenzeichen 8 T 227/01)

 

Tenor

Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin werden unter Abänderung der Beschlüsse des AG Bonn vom 7.9.2001 – 28 II 24/01 WEG – und des LG Bonn vom 10.5.2002 – 8 T 227/01 – die Anträge vom 5.2.2001 zurückgewiesen.

Alle Antragsteller haben die in erster Instanz entstandenen Gerichtskosten zu tragen; diejenigen der beiden Beschwerdeinstanzen fallen den Antragstellern zu 2) und 3) zur Last.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 3.596,77 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige weitere Beschwerde ist zulässig und begründet.

1. Antrag auf Zustimmung zur Jahresabrechnung 1998

Der Antrag auf Zustimmung der Antragsgegnerin zur Jahresabrechnung ist dahin auszulegen, dass damit die gerichtliche Ersetzung des Eigentümerbeschlusses über deren Genehmigung nach § 28 Abs. 5 WEG angestrebt wird; denn dies ist letztlich das Ziel des Begehrens. Auch braucht die Antragsgegnerin nach dem eigenen Vortrag der Antragsteller zu 2) und 3), die den Antrag nur noch weiterverfolgen, nicht zuzustimmen, da ihr Stimmrecht wegen eines Wohngeldrückstandes nach § 17 Nr. 3, Abs. 3 der Gemeinschaftsordnung geruht hat.

Es kann offen bleiben, ob eine im Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer liegende ordnungsgemäße Verwaltung eine gerichtliche Ersetzung gebietet; denn es fehlt bereits an der Zulässigkeit des Antrags.

Die Antragsteller haben kein rechtlich geschütztes Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung.

Aus dem Regelungszusammenhang der §§ 21 Abs. 1, Abs. 3, 23 Abs. 1, 25, 26, 28 Abs. 4 WEG folgt, dass vor einer gerichtlichen Durchsetzung des Anspruchs auf ordnungsgemäße Verwaltung eine Willensbildung innerhalb der Gemeinschaft zu erfolgen hat, also die hierfür zuständige Eigentümerversammlung hiermit zu befassen ist und die gerichtliche Ersetzung eines Beschlusses nur subsidiär als letztes Mittel in Betracht kommt. Einer vorherigen Einschaltung der Eigentümerversammlung bedarf es nur dann nicht, wenn wegen der Stimmrechtsverhältnisse nicht mit einer Beschlussfassung zu rechnen ist und ohne weitere Aufklärung feststeht, dass der antragstellende Wohnungseigentümer keine Mehrheit in der Eigentümerversammlung finden wird (vgl. KG ZMR 1999, 509; OLG Düsseldorf WE 1994, 375; Bärmann/Pick/Merle, WEG 8. Aufl., § 21 Rz. 85 f.). Hierfür bedarf es indes besonderer Umstände, zumal nach der neueren Rechtsprechung des BGH auch sog. Nichtbeschlüsse nach § 23 Abs. 4 WEG anfechtbar sind und derjenige, der für den Beschlussgegenstand keine Mehrheit gefunden hat, ggf. auf diesem Weg einen etwaigen sich aus § 21 Abs. 4 WEG ergebenden Anspruch durchsetzen kann (vgl. BGH NZM 2001, 961 = ZMR 2001, 809; BayObLG NZM 2002, 346 = ZMR 2002, 532).

Die Voraussetzungen für eine gerichtliche Ersetzung des Beschlusses über die Genehmigung der Jahresabrechnung können vorliegend nicht festgestellt werden.

Nach den sowohl in diesem Verfahren wie auch in dem Parallelverfahren auf Zahlung von Vorauszahlungen auf das Wohngeld für die Jahre 1999 und 2000 (16 Wx 112/02) in den Tatsacheninstanzen getroffenen Feststellungen bestand ein Wohngeldrückstand der Antragsgegnerin. Dies hatte gem. § 17 Nr. 3 Abs. 3 der von ihr selbst stammenden Gemeinschaftsordnung die Folge, dass ihr Stimmrecht ruhte (vgl. zur Zulässigkeit einer entspr. Vereinbarung Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Aufl., § 25 Rz. 156 a.E.). Da die Antragsgegnerin mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile hält, führte dies zunächst dazu, dass nach der h.M., welche § 25 Abs. 3 nur für den Fall eines gesetzlichen Stimmrechtsausschlusses, nicht aber auch im Falle eines Ruhens eines Stimmrechts für unanwendbar hält, die Versammlung vom 20.12.2000 nicht beschlussfähig war (vgl. OLG Düsseldorf v. 9.10.1998 – 3 Wx 163/98, OLGReport Düsseldorf 1999, 137 = NZM 1999, 270; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Aufl., § 25 Rz. 80; a.A. KG v. 10.11.1993 – 24 W 6075/92, 24 W 6297/92, MDR 1994, 274 = KGReport Berlin 1994, 16 = NJW-RR 1994, 659). Die Verwalterin handelte daher sachgerecht, wenn sie eingangs der Versammlung auf die fehlende Beschlussfähigkeit hinwies. Die Beschlussfähigkeit einer Versammlung ist zwar für jeden einzelnen Tagesordnungspunkt gesondert festzustellen. Vorliegend waren aber alle Punkte gleich zu behandeln, da bei keinem ein Stimmrechtsausschluss in Betracht kam, bei dem dann § 25 Abs. 3 WEG nicht anzuwenden gewesen wäre. Im Hinblick darauf, dass ...

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