Entscheidungsstichwort (Thema)
"Aufforderung an öffentlich bestellte Vermessungsingenieure zur Beteiligung an Ausschreibung"
Leitsatz (amtlich)
1. Die Einhaltung der zwingenden Preisvorschriften der HOAI wie der landesgesetzlich (hier: NW) geltenden Kostenordnung für öffentlich bestellte Vermessungsingenieure obliegt allein den Architekten und Ingenieuren, nicht aber deren Auftraggebern (im Anschluss an BGH v. 11.11.2004 - I ZR 156/02, BGHReport 2005, 522 = GRUR 2005, 171 - Ausschreibung von Ingenieurleistungen). Das gilt auch dann, wenn das ausschreibende Planungsbüro selbst angestellte Architekten und Vermessungsingenieure beschäftigt.
2. Auch eine Störerhaftung des ausschreibenden Auftraggebers scheidet aus, wenn nicht festgestellt werden kann, dass einer der von ihm angeschriebenen Architekten oder Ingenieure gegen für ihn geltende Preisvorschriften verstoßen hat.
Normenkette
UWG §§ 3, 4 Nr. 11; HOAI § 98b; KostenO NW f
Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 28.07.2004; Aktenzeichen 42 O 177/03) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das am 28.7.2004 verkündete Urteil des LG Aachen - 42 O 177/03 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die gegen ihn gerichtete Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Bei dem Kläger handelt es sich um den Berufsverband der in Deutschland zugelassenen Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure. Die Beklagte betreibt ein Planungsbüro. Im Zuge der Ausschreibung für ein Bauvorhaben zur Erstellung von Doppelhaushälften hat sie unter dem 23.7.2003 ein Schreiben an mehrere Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure gerichtet, in welchem sie unter Beifügung eines Lageplans "um Abgabe eines Angebots für das Bauvorhaben" für sowohl dem hoheitlichen Leistungsbereich der Vermessungsingenieure unterfallende Tätigkeiten ("Teilung der Flurstücke"; "Baugrubeneinmessung") als auch der Leistungsphase 2 des § 98b HOAI zuzurechnender Arbeiten ("Schnurgerüst"; "Gebäudeeinmessung nach Fertigstellung") gebeten hat. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das als Anlage 2 zur Gerichtsakte gereichte Schreiben an ein Ingenieurbüro in B. verwiesen. Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass keiner der Adressaten daraufhin ein gegen die Gebührensätze der Kostenordnung für die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure verstoßendes und/oder die Mindestsätze der HOAI unterschreitendes Angebot unterbreitetet hat.
Der Kläger hält das Vorgehen der Beklagten für wettbewerblich unlauter und hat sie auf Unterlassung in Anspruch genommen. Das LG hat die Klage mit Urt. v. 28.7.2004, auf dessen tatsächliche Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ergänzend Bezug genommen wird, abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass sich das begehrte Gebot weder unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung noch wegen eines täterschaftlichen Verstoßes der Beklagten gegen § 1 UWG a.F. rechtfertigen lasse. Hiergegen wendet sich der Kläger unter Aufrechterhaltung seiner erstinstanzlichen Klageanträge, hinsichtlich deren Fassung auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen wird. Die Beklagte verteidigt das Urteil.
II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Die Beklagte ist unter keinem rechtlichen Aspekt, sei es wegen täterschaftlicher Verwirklichung eines wettbewerbsrechtlichen Unlauterkeitstatbestandes oder als Teilnehmerin bzw. Störerin in Zusammenhang mit einem fremden Wettbewerbsverstoß, zur Unterlassung verpflichtet.
Das Unterlassungsbegehren ist insgesamt unbegründet.
1. Die Beklagte haftet nicht aufgrund der täterschaftlichen Verwirklichung eines wettbewerbsrechtlichen Unlauterkeitstatbestandes.
Eine Haftung aus §§ 3, 4 Nr. 11 UWG wegen eigener Zuwiderhandlung gegen die zwingenden Preisvorschriften der ÖbVerming KO NRW bzw. der HOAI kommt nicht in Betracht.
Die Einhaltung der fraglichen Bestimmungen obliegt den Architekten und Ingenieuren, die ihre Leistungen selbständig und in eigener Verantwortung abzurechnen haben, nicht aber ihren Auftraggebern (BGH v. 11.11.2004 - I ZR 156/02, BGHReport 2005, 522 = GRUR 2005, 171 - Ausschreibung von Ingenieurleistungen; v. 15.5.2003 - I ZR 292/00, CR 2004, 333 = BGHReport 2003, 1353 = GRUR 2003, 969 - Ausschreibung von Vermessungsleistungen; etwas anderer Ansatz noch bei BGH v. 4.10.1990 - I ZR 299/88, MDR 1991, 407 = GRUR 1991, 540 [541] - Gebührenausschreibung). Eine abweichende rechtliche Beurteilung rechtfertigt sich im Streitfall nicht aus dem Umstand, dass ausweislich der übereinstimmenden Erklärungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat beide Geschäftsführer der Beklagten sowie weitere Beschäftigte Ingenieure und Architekten und deshalb mit den einschlägigen Gebühren- und Honorarregelungen vertraut sind. Normadressaten der berührten ...