Leitsatz (amtlich)
1. Der Umstand, dass Äußerungen von Influencern auch redaktioneller oder informierender Natur sind, steht einer Bewertung als geschäftliche Handlung nicht entgegen, weil auch journalismusnahe Tätigkeiten der UWG-Kontrolle nicht entzogen sind, wenn sie mittelbar durch Werbung finanziert werden.
2. Eine Kennzeichnung von Influencer-Mitteilungen auf Instagram ist auch bei followerstarken Profilen nicht stets entbehrlich, denn gerade dieser Dienst profitiert davon, dass Profilinhaber sich nicht nur als kommerziell tätig, sondern als authentisch bezeichnen.
3. Eine überwiegende kommerzielle Absicht ist bei Postings von Influencern zu vermuten, wenn Mitteilungen durch ein direktes Entgelt oder eine sonstige, auch geringwertige Gegenleistung mitbeeinflusst werden.
Normenkette
UWG § 2 Nr. 1, § 5a Abs
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 33 O 138/19) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 21.07.2020 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 33 O 138/19 - wird zurückgewiesen.
2 .Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
3. Dieses Urteil und das vorgenannte Urteil des Landgerichts Köln sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Unterlassungsansprüche durch Sicherheitsleistung in Höhe von 35.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 35.000 EUR leistet. Im Übrigen kann die Beklagte die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund der Urteile zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger ist der Verband Sozialer Wettbewerb e.V. Die Beklagte ist Bloggerin, die überwiegend im Bereich Mode und Lebensstil tätig ist, in jüngerer Zeit auch zu politischen und gesellschaftlichen Themen Beiträge verbreitet. Sie hat ein eigenes Profilkonto auf Sozialen Mediendiensten, darunter Instagram und YouTube. Auf YouTube und Instagram hat sie jeweils eine hohe sechsstellige Anzahl von Kanal-Abonnenten und Seitenaufrufen, beschäftigt einen Manager, unter dessen Firmenadresse sie auch erreichbar ist und hat jedenfalls in der Vergangenheit Kooperationsverträge mit Unternehmen wie D. unterhalten. Die Beklagte beschäftigt sich hauptberuflich mit Blogs und erzielt jährlich sechsstellige Umsätze. Auf ihrem Instagram-Account veröffentlichte sie unter anderem im Juli 2018 mehrere Fotos von sich, die Modeartikel und -accessoires zeigten und mit elektronischen Markierungen ("tags") versehen waren, aus denen der Name der Hersteller von Bekleidung oder der Erbringer von Dienstleistungen wie Fotoshootings oder Körperstyling hervorging. Beim Anklicken der Markierung wurde der Nutzer auf die jeweiligen Profilseiten dieser Unternehmen geführt. Der Kläger mahnte die Beklagte wegen mehrerer Bilddarstellungen auf Instagram im Juli 2018 ab, die Beklagte versprach im August 2018 gegenüber dem Kläger, es zu unterlassen,
"auf Instagram Posts zu veröffentlichen, auf denen Produkte zu kommerziellen Zwecken im Bild des Posts getagged (d.h. mit sog. sprechenden Links versehen) sind, ohne den kommerziellen Zweck des jeweiligen Posts, soweit sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen des Posts ergibt, beispielsweise durch die Verwendung des Hinweises 'Werbung' oder ähnlicher Hinweise, zu verdeutlichen ...".
Sie versprach für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Zahlung einer durch den Kläger festzusetzenden, gerichtlich überprüfbaren Vertragsstrafe, wobei der Kläger einen Betrag von 5.100,- Euro für jede Zuwiderhandlung gefordert hatte. Die Beklagte erklärte zudem, dass sich die Unterlassungserklärung auch auf kerngleiche Handlungen beziehe. Die Beklagte nahm die solchermaßen modifizierte Unterlassungserklärung an (Anl. K4 und K6).
Im Februar 2019 mahnte der Kläger insgesamt neun Motive als Verstöße gegen diese Unterwerfungserklärung ab. Nach einem Schriftwechsel mit dem Kläger zahlte die Beklagte 1.800,- Euro nebst angefallener Anwaltsgebühren.
Die dem streitgegenständlichen Unterlassungsantrag zugrundeliegende weitere Abmahnung betrifft Veröffentlichungen auf Instagram, die am 2. Oktober 2019 abrufbar waren (Anl. K 10-12).
Auf dem ersten Posting ist die Beklagte vor dem Hintergrund einer Waldlandschaft zu sehen. Der Text nimmt Bezug auf die von der Beklagten getragene Kleidung, unter anderem eine Leder-Shorts und eine Teddy-Jacke und formuliert: "Look 1 oder Look 2? Was würdet ihr eher tragen? Im Herbst liebe ich auf jeden Fall Alles aus Faux Leder und Kuschligem Teddy-Material". Klickt oder tippt man auf das Bild, erscheinen Tags, die zu den Instagram-Profilen der Hersteller der getragenen Kleidung führen. Klickt oder tippt man auf diese Tags, wird die Weiterleitung aktiviert. Neben der in der Anlage K10 enthaltenen Abbildung enthielt das Posting ein weiteres Foto, auf der die Beklagte als "Look 2" andere Bekleidung trägt.
Auf dem zweiten Posting zeigt die Beklagte mit dem daneb...