Verfahrensgang

LG Bonn (Aktenzeichen 17 O 413/18)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - Az. 17 O 413/18 - in Gestalt des Berichtigungsbeschlusses vom 03.07.2019 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises des Fahrzeugs in Höhe von 21.990 EUR abzüglich einer Nutzungsentschädigung zu zahlen, die sich wie folgt berechnet: 0,088 EUR für jeden bis zur Rückgabe des Fahrzeugs gemäß Tachostand über 1.001 km hinaus gefahrenen Kilometer, mindestens 6.262,43 EUR, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag von 15.727,57 EUR seit dem 11.12.2018 Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs Skoda A mit der FIN B.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs Skoda A mit der FIN B seit dem 11.12.2018 im Annahmeverzug befindet.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte nach einem Pkw-Kauf im Zusammenhang mit dem sogenannten Diesel-Abgasskandal. Der Kläger schloss am 02.07.2013 mit der Filiale des Autohauses C GmbH & Co KG in D einen Kaufvertrag über einen gebrauchten Skoda A zu einem Kaufpreis von 21.990 EUR. Das Fahrzeug hatte zum Zeitpunkt des Kaufes eine Laufleistung von 1.001 km. Der Kläger zahlte den Kaufpreis am 03.07.2013 in Höhe von 16.400,- EUR in bar. Der Restbetrag in Höhe von 5.500,- EUR wurde am 04.07.2013 durch Inzahlunggabe eines anderen Pkw erbracht. In dem erworbenen Fahrzeug ist ein Dieselmotor des Typs EA 189 (EU5) verbaut, der von der Beklagten hergestellt und massenhaft in diversen Fahrzeugen der Beklagten sowie in Fahrzeugen von deren Konzernunternehmen verbaut wurde. Die Steuerung dieses Motors war mit einer Software ausgestattet, die anhand des Fahrverhaltens erkennt, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand oder im realen Fahrbetrieb befindet. Die Software war so programmiert, dass sie zwei unterschiedliche Betriebsmodi für die Steuerung der Abgasrückführung aufwies. In dem im Hinblick auf den Stickoxidausstoß optimierten sog. "Modus 1", welcher beim Durchfahren des Neuen Europäischen Fahrzyklus (nachfolgend: NEFZ), dem für die amtliche Bestimmung der Fahrzeugemissionen maßgeblichen Prüfverfahren, automatisch von der Motorsteuerung aktiviert wird, kam es zu einer höheren Abgasrückführungsrate, was zu einer Einhaltung der gesetzlich geforderten Grenzwerte für Stickoxidemissionen führte. Unter realen, im normalen Straßenverkehr vorzufindenden Fahrbedingungen war hingegen der sog. "Modus 0" aktiv mit einer geringeren Abgasrückführungsrate und entsprechend höheren Stickoxidemissionen. Fahrzeuge mit diesem Motor wurden im Oktober 2015 vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) zurückgerufen. Seitens der Beklagten wurden für die einzelnen betroffenen Fahrzeugtypen Software-Updates entwickelt und vom KBA genehmigt. Das für den erworbenen Fahrzeugtyp empfohlene Software-Update wurde am 13.06.2017 auf das streitgegenständliche Fahrzeug aufgespielt. Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 26.11.2018 (Anlage K 5) forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 10.12.2018 u.a. auf, den Kaufpreis in Höhe von EUR 21.990,- Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs und abzüglich einer Nutzungsentschädigung an ihn zu erstatten. Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in 1. Instanz wies das streitgegenständliche Fahrzeug eine Gesamtfahrleistung von 66.972 km auf.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei ihm deliktsrechtlich zum Schadensersatz verpflichtet, u.a. unter dem Gesichtspunkt der sittenwidrigen Schädigung und der arglistigen Täuschung. Er hat behauptet, die Beklagte habe ihn arglistig über die Gesetzeskonformität der Motorsteuerung in dem streitgegenständlichen Fahrzeug getäuscht. Diese sei infolge der unzulässigen Abschalteinrichtung nicht gegeben gewesen. Hierdurch sei ihm ein Schaden entstanden, der in dem Abschluss eines für ihn wirtschaftlich nachteiligen Vertrages liege, den er in Kenntnis des Vorhandenseins der unzulässigen Abschalteinrichtung nicht geschlossen hätte. Die Beklagte habe auch vorsätzlich gehandelt, denn ihr Vorstand habe von der Implementierung der nicht gesetzeskonformen Motorsteuerung gewusst. Aus dem Verschweigen einer solchen gegen die Typengenehmigung verstoßenden Einrichtung gegenüber den Käufern folge, dass deren Täuschung, eine Irrtumserregung und ein Schaden vom Vorstand bewusst und gewollt gewesen sei. Insoweit hat sich der Kläger u.a. auf Medienberichterstattungen sowie die aus gle...

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