Leitsatz (amtlich)

Die Gefahr einer unmittelbaren Herkunftstäuschung durch eine nachgeahmte Produktausstattung kann im Einzelfall auch bei unterschiedlichen Produkt- oder Herstellerkennzeichen und bei nicht vollständig identischer Übernahme aller Gestaltungsmerkmale gegeben sein, wenn gerade diejenigen Merkmale übernommen werden, die die wettbewerbliche Eigenart des Originalproduktes begründen und die Produktbezeichnung im Übrigen stark an die Bezeichnung des Originals angelehnt ist.

 

Normenkette

UWG § 4 Nr. 3

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 84 O 252/19)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln (84 O 252/19) vom 20.01.2021 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens, die Kosten der Revision und die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde werden der Beklagten auferlegt.

Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000 EUR hinsichtlich der Unterlassung, in Höhe von 10.000 EUR hinsichtlich der Auskunft und Rechnungslegung und im Übrigen in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 50.000 EUR hinsichtlich der Unterlassung, von 10.000 EUR hinsichtlich der Auskunft und Rechnungslegung und im Übrigen in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Hinsichtlich des Sachverhaltes, der bisherigen rechtlichen Einschätzung des Senats, der diesbezüglichen rechtlichen Würdigung durch den Bundesgerichtshof (im Folgenden: BGH) sowie der Klageanträge erster und zweiter Instanz - soweit nicht teilweise angepasst (s.u.) - wird Bezug genommen auf die angefochtene Entscheidung des Landgerichts vom 20.01.2021, den Hinweisbeschluss des Senats vom 25.10.2021, den Zurückweisungsbeschluss des Senats vom 10.01.2022 sowie das Urteil des BGH vom 26.01.2023. Der BGH hat die Entscheidung des Senats im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als im Hinblick auf die Klage und die Widerklageanträge zu a) und c) zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist, und die Sache im Umfang der Aufhebung, auch über die Kosten der Revision sowie der außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an den Senat zurückverwiesen.

Der BGH hat ausgeführt, der Senat habe verfahrensfehlerhaft das Bestreiten der Beklagten zur Aktivlegitimation der Klägerin unberücksichtigt gelassen. Die Beklagte sei nicht gehalten gewesen, den nicht näher konkretisierten Vortrag der Klägerin zu ihrer ausschließlichen Vertriebsberechtigung substantiiert zu bestreiten. Mangels jeglicher Darlegung der Klägerin dazu, aufgrund welcher Vertragsbeziehungen mit anderen Gesellschaften des Konzerns sie dazu berechtigt sei, die streitgegenständlichen Ansprüche, die sonst nur dem Hersteller zustehen, im eigenen Namen geltend zu machen, hätte sie sich vielmehr auf ein einfaches Bestreiten beschränken dürfen. Aber auch dann, wenn die Klägerin im Weiteren - wozu ihr vom Senat noch Gelegenheit einzuräumen sei - ihre Anspruchsberechtigung hinreichend darlegen und erforderlichenfalls beweisen sollte, könne die Klage nach den vom Senat bislang getroffenen Feststellungen nicht als begründet angesehen werden. Zwar habe der Senat zu Recht eine im durchschnittlichen Bereich liegende wettbewerbsrechtliche Eigenart der hier in Rede stehenden klägerischen Produktverpackungen angenommen und sei auch ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass die Produktverpackungen der Beklagten diejenigen der Klägerin jedenfalls nachschaffend nachahmten. Allerdings könne auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht angenommen werden, dass die Klage unter dem Gesichtspunkt einer vermeidbaren Täuschung über die betriebliche Herkunft nach § 4 Abs. 3 a) UWG begründet sei. Denn auch wenn der Senat bei seiner Beurteilung von zutreffenden rechtlichen Anforderungen an die Annahme einer Herkunftstäuschung im weiteren Sinne ausgegangen sei, insbesondere insofern, als eine Herkunftstäuschung bei einer nachgeahmten Produktverpackung bei unterschiedlicher Produkt- oder Herstellerbezeichnung nicht stets ausgeschlossen sei, solange keine identische Übernahme aller wesentlichen Gestaltungsmerkmale vorliege, reichten die festgestellten Umstände zur Annahme einer mittelbaren Herkunftstäuschung nicht aus. Vielmehr müssten nähere Feststellungen getroffen werden, aus denen sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Verbraucher die "Dairygold"-Produkte der Beklagten als neue Produkte der Klägerin ansehen oder die Bezeichnung "DAIRYGOLD" für eine Zweitmarke der Klägerin halten. Die Gefahr einer mittelbaren Herkunftstäuschung unter dem Gesichtspunkt, dass bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck erweckt werde, es handele sich bei den Produkten des Wettbewerbers um ...

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