Entscheidungsstichwort (Thema)
Trefferliste bei Amazon
Leitsatz (amtlich)
1. Werden bei der Eingabe eines geschützten Zeichens in die Suchfunktion einer Internet-Handelsplattform in der Ergebnisliste nur Produkte von Mitbewerbern ohne Hinweis darauf angezeigt, dass es sich dabei nicht um Produkte des Zeicheninhabers handelt, so kann darin eine Zeichenverletzung liegen.
2. In diesem Fall ist es unerheblich, dass die Ergebnisliste durch einen Algorithmus generiert worden ist, der frühere Nutzeranfragen auswertet. Der Betreiber einer Plattform, der einen solchen Algorithmus einsetzt, muss sich die von diesem generierten Ergebnisse zurechnen lassen.
3. Wenn auf die Eingabe von beschreibenden Begriffen (hier "need", "for", "seat") dagegen ein Produkt angezeigt wird, in dessen Beschreibung die eingegebenen Begriffe enthalten sind, liegt darin keine Verletzung der Rechte des Inhabers eines Zeichens, das aus diesen Begriffen zusammengesetzt ist (hier "NEEDforSEAT").
Normenkette
GMV Art. 9; MarkenG § 15
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 04.03.2015; Aktenzeichen 84 O 205/14) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels das am 4.3.2015 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des LG Köln - 84 O 205/14 - teilweise dahingehend abgeändert, dass die einstweilige Verfügung der 33. Zivilkammer des LG Köln vom 16.9.2014 - 33 O 200/14 - hinsichtlich des Hauptsachetenors zu I. 2 aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag insoweit zurückgewiesen wird.
Die Kosten des Verfahrens erster Instanz tragen der Antragsteller zu 3/8 und die Antragsgegnerin zu 5/8. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Antragsteller zu 55 % und die Antragsgegnerin zu 45 %.
Gründe
(anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen gemäß § 540 Abs. 1 ZPO) I. Der Antragsteller vertreibt unter der geschäftlichen Bezeichnung "NEEDforSEAT" Büro- und "Gamingstühle" in Form von Auto-Sport/Rennsitzen. Er ist Inhaber der Gemeinschaftswortmarken Nr. 12 390 266 "NEEDforSEAT" und Nr. 11 247 731 "MAXNOMIC", beide eingetragen unter anderem für Möbel. Die Antragsgegnerin ist Betreiberin der bekannten Plattform "amazon. de", auf der eigene Waren sowie im "Marketplace" Waren von Drittanbietern angeboten und vertrieben werden. Der Antragsteller vertreibt seine Stühle nicht über amazon. de.
Bei Eingabe der Bezeichnung "Maxnomic" in der Suchfunktion auf der Webseite amazon. de werden diverse Angebote von Büro/Racingstühlen von Drittanbietern gelistet, unter anderem erfolgt ein Angebot "HJH OFFICE 625300 Racing Gaming Chair Sportsitz Monaco, schwarz-weiß von HJH Office". In den Antrag hat die Antragstellerin folgende Ausgestaltung des Angebots eingeblendet, das einen Ausschnitt der vom LG in Bezug genommenen Anlage ASt 10 darstellt (Antrag I.1):
((Abbildung))
Bei Eingabe der Wörter "need for seat" (ohne Anführungszeichen) in der Suchfunktion auf der Webseite amazon. de werden diverse Angebote von Büro/Racingstühlen von Drittanbietern gelistet, unter anderem erfolgt ein Angebot "Nucleus Series Work Chair, Black ilira-stretch M4 Back, Clover Seat von Hon" (Antrag I. 2):
((Abbildung))
Der Antragsteller hat die Ansicht vertreten, die Antragsgegnerin verletze mit den beschriebenen Angeboten von Stühlen seine Rechte an der Gemeinschaftsmarke "MAXNOMIC" und seiner geschäftlichen Bezeichnung "NEEDforSEAT". Hilfsweise stelle sich das Angebot als Verletzung seiner Marke "NEEDforSEAT" dar und begründe - weiter hilfsweise - hinsichtlich beider Angebote einen Wettbewerbsverstoß wegen Irreführung der Kunden über die Herkunft der angebotenen Stühle.
Die Antragsgegnerin hat vertreten, es fehle bereits an der kennzeichenmäßigen Benutzung der Zeichen. Die Suchergebnisse seien nicht durch hinterlegte Keywords, Metatags oder vordefinierte Suchbegriffe herbeigeführt worden, sondern Ergebnis eines Algorithmus, der unter anderem vorangegangenes Nutzerverhalten berücksichtigen würde. Es würden demnach nicht nur Treffer zu der Suche angezeigt, die den gesuchten Begriff enthielten, sondern auch solche, die den Nutzer ebenfalls interessieren könnten. Ferner fehle es an einer Verwechslungsgefahr, da die nach der Eingabe von "Maxnomic" und "need for seat" aufgelisteten Stühle als Produkte anderer Hersteller erkennbar seien. Im Übrigen sei Kunden des Online-Shops auch ohne einen ausdrücklichen Hinweis bekannt, dass bei Eingabe einer bestimmten Bezeichnung als Suchwort auch Alternativen anderer Hersteller angeboten würden, was unter anderem durch eine in ihrem Auftrag von der GfK durchgeführte Verkehrsbefragung belegt worden sei.
Die 33. Zivilkammer des LG hat, soweit für das vorliegende Verfahren noch relevant, die beanstandeten Verhaltensweisen durch einstweilige Verfügung vom 16.9.2014 (33 O 200/14) untersagt. Hiergegen richtet sich der (Teil-) Widerspruch der Antragsgegnerin, den das LG mit dem angefochtenen Urteil zurückgewiesen hat. Zur Begründung hat es sich auf ein vorangegangenes Urteil der 33. Zivilkammer (vom 26.11.2013 - 33 O 149/...