Verfahrensgang

LG Aachen (Aktenzeichen 10 O 491/18)

 

Tenor

Auf die Berufungen der Parteien wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 19.03.2019 - 10 O 491/18 teilweise abgeändert und klarstellend wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.957,81 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 4.635,80 Euro vom 29.12.2018 bis zum 04.09.2019 und seit dem 05.09.2019 aus einem Betrag von 3.957,81 Euro Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des PKWs VW A 2.0 l mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer B zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 492,54 Euro freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehenden Berufungen des Klägers und der Beklagten werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 63 % und die Beklagte zu 37 %, die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz tragen der Kläger zu 69 % und die Beklagte zu 31 %.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, sofern nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von der Beklagten Rückzahlung des Kaufpreises und Feststellung des Annahmeverzuges im Zusammenhang mit einem am 20.01.2012 von der Fa. C GmbH zu einem Gesamtkaufpreis von 12.700,00 Euro gebraucht gekauften VW A Variant 2.0 TDI 103 kW. Zum Zeitpunkt des Fahrzeugerwerbs betrug der Kilometerstand 130.833 km, am Tag der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung 238.250 km und am Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat 247.281 km.

Der in dem Fahrzeug verbaute, von der Beklagten entwickelte und hergestellte 2,0-Liter-Dieselmotor vom Typ EA 189 steht in Verbindung mit einer Software, die die Stickstoff-Emissionswerte im behördlichen Prüfverfahren optimiert. Das Motorsteuerungsgerät ermöglicht dabei zwei Betriebsmodi bei der Abgasrückführung, einen Stickstoff-optimierten Modus 1 mit einer relativ hohen Abgasrückführungsrate und einen Partikel-optimierten-Modus 0, bei dem die Abgasrückführungsrate geringer ist. Die Software des Motorsteuerungsgerätes verfügt über eine Fahrzykluserkennung, die erkennt, ob sich das Fahrzeug im üblichen Straßenverkehr oder auf einem technischen Prüfstand zur Ermittlung der Emissionswerte befindet. Während des Prüfstandtests spielt die eingebaute Software beim Stickstoff-Ausstoß dann das andere Motorprogramm ab, nämlich Modus 1 anstatt Modus 0, sodass hierdurch geringere Stickoxidwerte (im Folgenden: NOx) erzielt und die gesetzlich vorgegebenen und im technischen Datenblatt aufgenommenen Abgaswerte wie auch die nach der Euro-5-Abgasnorm vorgegebenen NOx-Grenzwerte eingehalten werden. Unter realen Fahrbedingungen im Straßenverkehr wird das Fahrzeug hingegen im Abgasrückführungs-Modus 0 betrieben.

Nach Bekanntwerden des Einsatzes des in der Öffentlichkeit als Manipulationssoftware bezeichneten Motorsteuerungsprogrammes in verschiedenen Diesel-Fahrzeugen verschiedener Herstellerfirmen, unter anderem der Beklagten, legte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) den Herstellerkonzernen im Herbst 2015 auf, die entsprechende Software aus allen Fahrzeugen zu entfernen. In der Folgezeit prüfte das KBA einen vorgelegten Maßnahmenplan und gab zeitlich gestaffelt die auf den jeweiligen Fahrzeugtyp abgestimmten Software-Updates frei. Der Kläger wurde nach Genehmigung durch das KBA über das Bereitstehen der Software-Lösung informiert und ließ die technische Maßnahme am 05.01.2017 durchführen.

Auch ohne das Software-Update war der streitgegenständliche Wagen fahrbereit und verkehrssicher. Zudem wurde die EG-Typengenehmigung nicht entzogen, wenngleich das KBA das Aufspielen der jeweiligen Software als verpflichtend ansieht.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 10.08.2018 (Bl. 266 ff. d.A., Anl. K20) meldete der Kläger die jetzt klageweise geltend gemachten Schadensersatzansprüche gegenüber der Beklagten an und forderte diese unter Fristsetzung bis zum 24.08.2018 erfolglos zur Rückzahlung des Kaufpreises auf. Mit der Beklagten am 28.12.2018 zugestellter Klageschrift hat der Kläger die Beklagte aufgefordert, das streitgegenständliche Fahrzeug an seinem Wohnort abzuholen.

Im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO wegen des erstinstanzlichen Vorbingens, wegen des näheren Sach- und Streitstandes bis zur Entscheidung in erster Instanz sowie wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Zahlung von 1.252,23 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.01.2012 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des im Tenor bezeichneten PKW sowie zur anteiligen Freistellung von vorgerichtli...

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