Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundurteil bei Schadensersatzanspruch aus übergegangenem Recht, wenn Forderungsübergangs nach § 67 VVG a.F. sowie im Übrigen Grund und Höhe streitig sind; Haftung aus § 4 Nr. 7 Abs. 2 VOB/B 2002 wegen eines Ausführungsfehlers im Zusammenhang mit einer Schlitzwandherstellung und dadurch bedingtem Kranunglück: Zur Frage der anderweitigen Zurechnung des Risikos eines fehlerhaften Gewerks über das Systemrisiko des Auftraggebers und zur Frage des Mitverschuldens wegen Verstoßes gegen sonstige Kooperations-, Koordinierungs- oder Kommunikationspflichten
Leitsatz (amtlich)
Zwar ist eine Klärung der Aktivlegitimation grundsätzlich im Grundverfahren vorzunehmen. Dennoch kann der Einwand der fehlenden Aktivlegitimation durch den im Prozess Beklagten auch die Höhe der Klageforderung betreffen und deshalb im Betragsverfahren geklärt werden, wenn in jedem Fall auch bei Richtigkeit des Einwandes der Behauptung der Beklagten dem Kläger ein Rest der Forderung gebührt.
Die anderweitige Zurechnung des Risikos eines fehlerhaften Gewerks über das Systemrisiko des Auftraggebers setzt voraus, dass trotz technisch bestmöglicher, d.h. insbesondere nach allen anerkannten Regeln der Technik ausgeführter Leistung Schäden eintreten.
Zur Frage des Mitverschuldens wegen Verstoßes gegen sonstige Kooperations-, Koordinierungs- oder Kommunikationspflichten.
Normenkette
ZPO § 304; VOB/B 2002 § 4 Nr. 7 Abs. 2; BGB § 254
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 15.06.2012; Aktenzeichen 18 O 140/07) |
Tenor
Die Berufungen der Beklagten gegen das am 15.6.2012 verkündete Grundurteil des LG Köln - 18 O 140/07 - werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithelfer der Klägerin tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt Schadensersatz aus übergegangenem Recht gem. § 67 VVG a.F. aus einer Bauleistungsversicherung. Die Eigentümerin und Bauherrin eines Hotel-, Büro- und Wellnesskomplexes in E, L, die E2 Objektgesellschaft E Dr. F KG (nachfolgend E2), schloss mit der Klägerin am 22.2.2002, mit Nachtrag vom 7.4.2003, eine Bauleistungsversicherung mit einer Versicherungssumme von 75.000.000 EUR für den vorgenannten Gebäudekomplex betreffend "Neubau-Gründung über Schlitzwandlamellen unterhalb der Primärstütze". Wegen der Einzelheiten der Versicherungsleistung und der Bedingungen wird auf das Anlagenkonvolut K 16 verwiesen. Die E2 hatte die F2 mbH (nachfolgend F2) mit der Ausführung der Bauleistung als Generalunternehmer beauftragt, die wiederum die Beklagte zu 1) mit Vertrag vom 23./26.8.2002 (Anlage K 8) mit der Erstellung der Baugrube und der Stützwand beauftragte. Die Beklagten zu 2) und 3) sind die Gesellschafter der Beklagten zu 1). Mit der Projektsteuerung hatte die E2 die Streithelferin zu 1) beauftragt, die mit Vertrag vom 21.12.2002 die Bauüberwachung übernahm. Zusätzlich hatte die E2 mit der Ingenieursozietät Prof. Dr. Ing. L2 GmbH (nachfolgend: Ingenieursozietät L2) einen fachtechnischen Berater im Zusammenhang mit der Baugrube eingeschaltet. Die Rohbauarbeiten hatte F2 bei der Fa.E. I GmbH in Auftrag gegeben. Diese stellte an der Süd-Ost-Ecke der Baugrube einen Baukran auf. Über das Vermögen der zuletzt als I GmbH firmierenden vormaligen Streithelferin zu 2) der Klägerin wurde inzwischen das Insolvenzverfahren eröffnet.
Während des Voraushubs und der Schlitzwandarbeiten der Baugrube wurde ein alter Spundwandverbau angetroffen, der nicht vollständig gezogen werden konnte. Diesbezüglich fand am 9.1.2003 ein Ortstermin statt, worüber die Ingenieursozietät L2 als geotechnischer Berater ein Protokoll der Besprechung erstellte (Anlage K 9). Unter dem 23.1.2003 unterbreitete die Beklagte zu 1) einen schriftlichen Ausführungsvorschlag zu den geänderten Rahmenbedingungen (Anlage K 10), den die Ingenieursozietät L2 fachtechnisch prüfte und am 28.1.2003 bestätigte. Hiernach sollte der vorgefundene Spundbohlenverbau nach Freischälen der Spundbohlen von anhaftendem Erdmaterial in die Schlitzwand im süd-östlichen Eckbereich mit einbetoniert werden. In dem Begleitschreiben wies die Ingenieursozietät L2 auf mögliche Risiken hin und empfahl den Einbau von Verpressschläuchen über die gesamte Spundbohlenlänge, die Erstellung eines Havariekonzeptes mit sofortigen Sicherheitsmaßnahmen im Falle von Undichtigkeiten und eine kontinuierliche Fachüberwachung. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 11 verwiesen. Die Streithelferin zu 1) ordnete sodann mit Schreiben vom 30.1.2003 (Anlage K 82) gegenüber der Beklagten zu 1) die Umsetzung dieser Empfehlung an.
Durch die Beklagten wurden im Zuge der Erstellung der Schlitzwand im fraglichen Eckbereich der Baugrube keine Verpresss...