Leitsatz (amtlich)

Zur der Frage, unter welchen Umständen die bloße Verwendung einer konturlosen Farbe in einer Broschüre – hier: magenta in der Preisliste eines Anbieters von Telekommunikationsleistungen – eine herkunftshinweisende Funktion hat, also markenmäßig erfolgt.

 

Normenkette

MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 08.05.2002; Aktenzeichen 84 O 33/02)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Antragstellerin wird das am 8.5.2002 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des LG Köln – 84 O 33/02 – teilweise abgeändert.

Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Dienstleistungen der „S.C.” mit der Farbe „magenta” zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, wenn dies wie in dem nachfolgend auf den Seiten 3 und 4 dieses Urteils wiedergegebenen Prospekt geschieht, wobei der in dem Originalprospekt der Antragsgegnerin verwendete Originalfarbton, wie er aus der Anl. K 6 ersichtlich ist, maßgeblich ist.

2. Die Kosten des Verfahrens erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Antragstellerin zu 46 % und die Antragsgegnerin zu 54 % zu tragen.

Grafik

Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen (§ 540 ZPO).

 

Gründe

Die Berufung ist zulässig und in dem Umfang, in dem die Antragstellerin weiterhin den Erlass einer einstweiligen Verfügung begehrt und nicht ihren Antrag zurückgenommen hat, auch begründet. Der Antragstellerin steht der geltendgemachte Verfügungsanspruch aus § 14 Abs. 2 Ziff. 2 MarkenG zu, weil der aus dem vorstehenden Urteilstenor ersichtliche Prospekt der Antragsgegnerin ihre (Farb-)Marke Nr. 39552630.2 „magenta” verletzt. Die farbliche Darstellung sowohl der „0” auf dem Titelblatt des Prospekts, als auch der beiden Dreiecke in dem mehrfach verwendeten Wort/Bildzeichen „S.” ist mit der Farbmarke der Antragstellerin verwechselbar.

Mit Blick auf die erfolgte Eintragung der Marke ist der Beurteilung ein für die Antragstellerin bestehender Markenschutz an der Farbe magenta für die eingetragenen Waren- und Dienstleistungen zugrunde zu legen. Die Farbe wird von der Antragsgegnerin an den erwähnten Stellen in dem Prospekt auch – wie dies für markenrechtliche Ansprüche aus § 14 Abs. 2 Ziff. 2 MarkenG erforderlich ist (vgl. z.B. BGH WRP 2002, 987 [988f] – „Festspielhaus”) – als Marke, also zur Unterscheidung ihrer Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen benutzt.

Die Beurteilung der Frage, ob die Verwendung der Farbe markenmäßig erfolgt, wirft dann besondere Schwierigkeiten auf, wenn es sich um eine konturlose Farbe handelt. Die bloße Verwendung einer konturlosen Farbe – wie sie durch die angeführte Marke zu Gunsten der Antragstellerin geschützt ist – hat zunächst keine kennzeichnende, also herkunftshinweisende Funktion. Denn der Verkehr wird im Regelfall nicht annehmen, dass eine Farbe als solche, also unabhängig von der Art ihrer Verwendung, von Hause aus die Funktion haben könnte, auf den Anbieter der Dienstleistung hinzuweisen. Der Verkehr sieht vielmehr die Farbpalette als grundsätzlich für jedermann frei benutzbar an und misst daher der Verwendung einer Farbe andere, etwa rein dekorative oder – etwa bei plakativer Benutzung – werbliche Funktionen bei. Darin unterscheidet sich die Verwendung einer Farbe strukturell etwa von einer der Verwendung eines Wort- oder Wort/Bildzeichens, das von Hause aus Kennzeichnungskraft aufweist. Eine abweichende Bewertung kann angebracht sein, wenn eine – konturlose – Farbe so durchgehend in einer Werbebroschüre verwendet ist, dass sie ersichtlich als Identitätskennzeichen des Unternehmens dienen soll; diese Voraussetzung ist im Streitfall freilich nicht gegeben. Anders kann sich die Situation allerdings auch dann darstellen, wenn die Farbe von dem in Anspruch Genommenen bereits intensiv benutzt worden ist und aus diesem Grunde der Verkehr in der bloßen Verwendung der Farbe einen Hinweis auf den Verwender sieht. So wird der Verkehr etwa die Verwendung der Farbe magenta durch die Antragstellerin wegen deren jahrelanger intensiver und plakativer Benutzung in den von ihr angebotenen Dienstleistungsbereichen nicht als bloß werbliche Aufmachung oder gar nur dekorative Ausschmückung, sondern als Hinweis auf die Antragstellerin ansehen. Indes kann der Markenschutz nicht erst in den Fällen seine Wirkung entfalten, in denen der Verletzer selbst die geschützte Farbe schon so intensiv genutzt hat, dass der Verkehr seinerseits die Farbe als solche ihm zuordnet. Vielmehr muss der bestehende Markenschutz dem Berechtigten gerade auch gewährleisten, dass er bereits die Entstehung einer solchen Vorstellung im Verkehr durch Geltendmachung seiner Rechte verhindern kann. Dies gebietet die Einbeziehung der dem Verkehr bekannten Marken Drit...

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