Entscheidungsstichwort (Thema)
AIDA Kussmund
Leitsatz (amtlich)
1. Ein an einem Seeschiff außen angebrachtes Werk darf nach § 59 UrhG vervielfältigt und öffentlich zugänglich gemacht werden.
2. In diesem Zusammenhang ist es unerheblich, ob sich der Fotograf zum Zeitpunkt der Aufnahme an einem öffentlich zugänglichen Platz befunden hat. Maßgeblich ist allein, ob das Werk in einer Perspektive wiedergegeben wird, die nicht ausschließlich von einem der Allgemeinheit unzugänglichen Ort aus wahrnehmbar ist.
Normenkette
UrhG § 59
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 04.03.2015; Aktenzeichen 28 O 554/12) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 4.3.2015 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des LG Köln - 28 O 554/12 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Dieses Urteil und das genannte Urteil des LG Köln sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund der Urteile zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
(anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen gemäß § 540 Abs. 1 ZPO)
I. Die Klägerin ist Veranstalterin von Kreuzfahrten. Alle Kreuzfahrtschiffe der Klägerin sind mit dem so genannten "AIDA Kussmund" dekoriert. Das Motiv besteht aus einem am Bug der Schiffe angebrachten Mund, seitlich an den Bordwänden angebrachten Augen und von diesen ausgehenden Wellenlinien ("Augenbrauen"; zur Gestaltung vgl. Anlage K 3, Bl. 14 f. d.A.) Das Motiv wurde von dem bildenden Künstler Feliks Büttner zur Verwendung auf den Schiffen geschaffen. Dieser räumte der Klägerin mit Lizenzvertrag vom 20.12.2007 das inhaltlich, zeitlich und örtlich uneingeschränkte, ausschließliche Recht ein, die Bemalung an den Bordwänden zu erhalten, zu restaurieren, zu entfernen und erneut, unverändert auf die jeweilige Bordwand zu reproduzieren und die Entwürfe und Reinzeichnungen beliebig zu vervielfältigen.
Der Beklagte betrieb die Internetseite www.kreuzfahrtausfluege.com, auf der unter anderem Ausflüge bei Landgängen auf Kreuzfahrtreisen in Ägypten angeboten wurden. Auf dieser Seite veröffentlichte er ein Foto der Seitenansicht des Schiffes "AIDAbella" der Klägerin, auf dem der "AIDA Kussmund" teilweise zu sehen ist (Anlage K 1, Bl. 11 d.A.) Auf der Seite befanden sich keine Information zum Diensteanbieter, wie die Anschrift, das Registergericht und die Registernummer sowie die Umsatzidentifikationsnummer.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Verwendung des Fotos auf der Seite des Beklagten stelle eine Verletzung ihrer Rechte an dem "AIDA Kussmund" dar. Die Nutzung des Fotos sei nicht aufgrund der Schrankenregelung des § 59 UrhG zulässig, da sich das Kunstwerk nicht an öffentlichen Straßen oder Plätzen befinde. Jedenfalls trage der Beklagte hierfür die Darlegungs- und Beweislast.
Die Klägerin hat beantragt,
I. dem Beklagten aufzugeben, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, das Werk "AIDA Kussmund" des Künstlers Feliks Büttner, wie in Anlage K 1 ersichtlich, öffentlich zugänglich zu machen bzw. öffentlich zugänglich machen zu lassen;
II. dem Beklagten aufzugeben, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 EUR ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr im Internet unter der Domain "kreuzfahrtausfluege. com" Reisedienstleistungen anzubieten oder anbieten zu lassen, ohne sicherzustellen, dass die Pflichtangaben für Diensteanbieter, namentlich
III. den Namen und die Anschrift, unter der der Diensteanbieter niedergelassen ist, bei juristischen Personen zusätzlich die Rechtsform,
IV. das Handelsregister, Vereinsregister, Partnerschaftsregister oder Genossenschaftsregister, in das der Diensteanbieter eingetragen ist, und die entsprechende Registernummer, und
V. die Umsatzsteueridentifikationsnummer leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar ständig verfügbar auf der Website gehalten werden;
VI. es dem Beklagten aufzugeben, Auskunft darüber zu erteilen,
VII. seit wann und in welchem Umfang er das Werk in Anlage K 1 zugänglich gemacht hat,
VIII. welche Umsätze unter den unter Ziffer 1 genannten Verstoß getätigt wurden und zwar aufgeschlüsselt nach Kunden, Euro Werten und Kalendermonaten,
IX. welche Gestehungskosten unter Angabe der einzelnen Kostenfaktoren im Rahmen des Verstoßes angefallen sind,
X. welchen Gewinn er mit dem Verstoß erzielt hat;
XI. der Klägerin über den Umfang des Verstoßes Rechnung zu legen, und zwar unter Vorlage von Verzeichnissen zur Auskunft gemäß Punkt 3. Dem Beklagten mag es vorbehalten bleiben die Rechnungslegung statt der ...