Leitsatz (amtlich)
1. Wer den Verkäufer eines Kraftfahrzeugs mit der Behauptung in Anspruch nimmt, das Fahrzeug sei seinem Eigentümer gestohlen worden und er habe daher daran kein Eigentum erworben, ist für diese Behauptung beweispflichtig.
2. Die polizeiliche Beschlagnahme eines Fahrzeugs wegen bestehenden Diebstahlsverdachts begründet als solche noch OLG keinen Rechtsmangel.
Normenkette
BGB § 433 Abs. 1; BGB a.F. § 440 Abs. 2, §§ 932, 935; StPO § 94
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 20.10.2000; Aktenzeichen 18 O 458/97) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 20.10.2000 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des LG Köln – 18 O 458/97 – aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das LG zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung ist führt zu einem vorläufigen Erfolg des Klägers.
Das LG hat die Klage verfahrensfehlerhaft abgewiesen. Nach dem Verfahrensstand zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LG hätte dem Vortrag des Klägers nachgegangen oder er zumindest zu weiterem Beweisantritt aufgefordert werden müssen.
1. Der Senat folgt dem Vorbringen des Klägers in der Berufungsbegründung nicht, soweit dort davon ausgegangen wird, auf die Frage, ob das Fahrzeug seinerzeit gestohlen wurde, komme es nicht an. Falls das Fahrzeug dem Vorbesitzer R. V. nicht gestohlen, sondern von diesem zum Zweck des Versicherungsbetruges weggegeben wurde, hat der Kläger gutgläubig Eigentum erworben (§§ 932 Abs. 1, 935 Abs. 1 BGB). Der Beklagte haftet in diesem Fall nicht für die Nichterfüllung der ihm nach § 433 Abs. 1 S. 1 BGB obliegenden Eigentumsverschaffungspflicht, mithin auch nicht gem. § 440 Abs. 2 BGB. Das fehlende Eigentum hat der Kläger als Käufer zu beweisen (Palandt/Putzo, 60. Aufl., §§ 440, 441 Rz. 6 m.w.N.; vgl. auch § 442 BGB).
Dieser Beweis erübrigt sich nicht deshalb, weil das Fahrzeug im Rahmen der Ermittlungen wegen des Diebstahlsverdachts sichergestellt wurde und deshalb von einem Rechtsmangel auszugehen ist. Der Kläger beruft sich darauf, die Sicherstellung sei gem. § 94 StPO erfolgt. Bereits daran bestehen nach dem Inhalt der Ermittlungsakte Zweifel. Es ist daraus nicht klar zu erkennen, aufgrund welcher Rechtsgrundlage die Sicherstellung erfolgte. Ebenso wenig ist erkennbar, auf welcher Grundlage der Kläger es gestattet hat, dass die streitverkündete belgische Versicherungsgesellschaft das Fahrzeug durch ein Transportunternehmen bei ihm hat abholen lassen (vgl. in diesem Zusammenhang auch das an das LG gerichtete Schreiben des Polizeipräsidiums T. vom 30.6.1998, Bl. 61 d.A., und die darauf folgende Mitteilung der Kammer vom 13.7.1998, Bl. 42 R d.A.). Nach dem Akteninhalt liegt dem wohl die in dem Schreiben des Bundeskriminalamtes an die KI W. vom 13.7.1998 (Bl. 46 d.A.) vertretene Auffassung zugrunde, die belgische Versicherungsgesellschaft sei „die legale Eigentümerin”, das Fahrzeug könne an sie ausgehändigt werden (tatsächlich wurde das Fahrzeug der Rückholfirma am 22.7.1998 übergeben, vgl. Schriftsatz des Klägers vom 14.9.1998, Bl. 50 d.A., und die Übergabebescheinigung, Bl. 51 d.A.). Worauf allerdings die Einschätzung des Bundeskriminalamtes beruhte, ist nicht nachvollziehbar. Ein berechtigter Anlass zur Herausgabe an den Versicherer, den der Beklagte gegen sich gelten lassen muss, bestand jedenfalls nur dann, wenn das Fahrzeug tatsächlich gestohlen worden war, der Kläger es also an den Eigentümer bzw. den diesen entschädigenden Versicherer herausgeben durfte. Die Sicherstellung des Fahrzeugs als solche, auch soweit sie gem. § 94 StPO erfolgt sein sollte, begründet keinen Rechtsmangel und mithin keinen Anspruch des Klägers aus § 440 Abs. 2 BGB (vgl. LG Bonn NJW 1977, 1822 f.; Palandt/Putzo, 60. Aufl., § 434 Rz. 7; Soergel/Huber, 12. Aufl., § 434 Rz. 69; Staudinger/Köhler, 13. Aufl., § 434 Rz. 11; zweifelnd H. P. Westermann in MünchKomm/BGB, 3. Aufl., § 434 Rz. 10; a.A. Erman/Grunewald, 10. Aufl., § 434 Rz. 5).
2. Fehlerhaft ist das LG davon ausgegangen, es könne den Kläger hinsichtlich der danach streitentscheidenden Frage, ob das Fahrzeug gestohlen war, als beweisfällig ansehen und die Klage abweisen. Damit hat das LG verfahrensfehlerhaft seiner Pflicht zur Beweiserhebung und seiner Hinweispflicht (§ 139 Abs. 1 ZPO) nicht genügt.
Der Kläger hat sich in erster Instanz für den Diebstahl des Fahrzeugs auf das Zeugnis der ermittelnden Polizeibeamten bezogen; der Beklagte hat für den von ihm behaupteten Versicherungsbetrug ebenfalls den KOK B. und weitere Zeugen, darunter den (früheren) Eigentümer und einen Mitarbeiter der Streitverkündeten, benannt und ferner Beweis für Indiztatsachen angetreten, die gegen einen Diebstahl sprechen können.
Der Rechtsstreit nahm sodann folgenden Verlauf: Der Berichterstatter hat mit Verfügung vom 12.3.1998 die Parteien darauf hingewiesen hatte, dass möglicherweise eine Beweislastumkehr in Betracht zu ziehen sei (Bl. 29 f. d.A.). In dem Hinweisbesc...