Leitsatz (amtlich)

Haben die Parteien eines Softwarelizenzvertrages vereinbart, dass der Lizenznehmer zur fristlosen Kündigung des Vertragsverhältnisses berechtigt sein soll, wenn im Falle einer fehlerhaften bzw. unterlassenen Installation die vom Lieferanten geschuldete Nachbesserung innerhalb angemessener Zeit nicht gelingt, so kann sich der Besteller nur dann vom Vertrag lösen, wenn er zuvor eine Mängelrüge erteilt und den Lieferanten zur Nachbesserung aufgefordert hat. Die Bitte des Bestellers um „Anleitung und Hilfe” bei der Einrichtung einer Schnittstelle stellt keine eindeutige Leistungsaufforderung dar. Auch die anschließenden gemeinsamen Bemühungen der Parteien um die Einrichtung der Schnittstelle begründen nicht ohne weiteres eine schuldhafte Verzögerung des Antragsnehmers bezüglich seiner Nachbesserungsverpflichtung.

 

Normenkette

BGB a.F. § 326 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Aachen (Urteil vom 25.10.2002; Aktenzeichen 43 O 23/02)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 25.10.2002 verkündete Urteil des LG Aachen – 43 O 23/02 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil durch Leistung einer Sicherheit i.H.v. 120 % des gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist ein Unternehmen der Druckereibranche und befasst sich mit der Herstellung und dem Druck von Etiketten. Die Beklagte vertreibt die Branchensoftware „P.”, ein Programm für die Warenwirtschaft und Betriebsbuchführung. Die Parteien schlossen unter dem 23.3.1999 einen „Softwareüberlassungsvertrag” mit einer Laufzeit von 60 Monaten zuzüglich einer 12-monatigen Kündigungsfrist über gebührenpflichtige Lizenz- und Wartungsleistungen sowie die Lieferung von Hardware durch die Beklagte. Auf den Inhalt des Vertrages (Bl. 38–41 d.A.) wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen. Zur Finanzierung der Vertragsleistungen schloss die Klägerin mit der Firma G.-Leasing GmbH am 14.4.1999 einen schriftlichen Leasingvertrag ab. Darin ist vorgesehen, dass die Leasinggeberin an Stelle der Klägerin in den Kaufvertrag über die Hardware und in den Nutzungsüberlassungsvertrag über die Software eintreten soll. Gewährleistungsansprüche sind nach Maßgabe des § 8 Abs. 2 des Leasingvertrages von der Leasinggesellschaft an die Klägerin abgetreten.

Die Soft- und Hardware wurde Anfang August 1999 bei der Klägerin installiert und unter dem 5.8.1999 eine schriftliche Abnahmebestätigung erteilt. Im Frühjahr 2000 erweiterte die Klägerin den Auftrag um 5 Arbeitsplatzlizenzen, welche ebenfalls durch Leasinggeschäft finanziert wurden. Im Januar 2000 wurde die Beklagte ferner mit der Installation von Druckern im Betrieb der Klägerin beauftragt. Darüber hinaus bemühte sie sich um die Anbindung der bei der Klägerin vorhandenen Datenverarbeitungsanlage I. an die gelieferte Warenwirtschaftssoftware mittels einer einzurichtenden Schnittstelle. Die Klägerin betrieb seit jeher auf dem vorhandenen IBM-Rechner ihre Finanzbuchhaltung.

Die Parteien streiten über die ordnungsgemäße Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen der Beklagten, insb. um die Installation der Schnittstelle innerhalb der klägerischen Anlage. Die Klägerin hat durch Schreiben ihrer erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten vom 6.9.2000 (Bl. 42 – 44 d.A.) die mit der Beklagten geschlossenen Verträge fristlos gekündigt. Darin hat sie die Beendigung des Vertrages wie folgt begründet:

  • die Datenübertragung von P. zu AS/400 über die Schnittstelle sei nicht möglich;
  • der zweite Drucker sei nicht installiert;
  • der Server stürze von Zeit zu Zeit in unregelmäßigen Abständen ab;
  • Litho- und Stanzänderungen könnten nicht eingegeben werden;
  • das System sei instabil; es gebe graphische Fehler und eine schlechte Fehlerbeschreibung; die Uhrzeitangabe sei nach wie vor falsch.

In der Folge hat die Klägerin unter dem Aktenzeichen 8 OH 37/00 LG Aachen ein Beweissicherungsverfahren betrieben. Auf das dort erstattete Gutachten des Sachverständigen Prof. G. vom 11.7.2001 (Bl. 45 ff. der beigezogenen Akten) wird Bezug genommen.

Mit der Klage begehrt die Klägerin die Rückzahlung geleisteter Leasingraten (teils an die Leasinggeberin), Erstattung von Aufwendungen für Schulungen sowie Reisekosten u.a. Sie hat die Klageforderung entspr. ihrem Kündigungsschreiben auf insgesamt 414.234,86 DM berechnet.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, das Vertragsverhältnis sei durch die Kündigung der Klägerin nicht beendet worden. Mit der von ihr erhobenen Widerklage hat sie die nach dem Vertrag vorgesehenen Lizenz- und Wartungsgebühren für die Zeit von 1999 bis einschließlich des ersten Halbjahres 2002 geltend gemacht sowie (gemäß Rechnung vom 10.8.1999) einen „zusätzlichen Aufwand wegen nicht vernetzter PC”.

Das LG hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeug...

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