Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Frage der Befristung von Betreuungsunterhalt und Mangelfallberechnung bei gegenüber minderjährigen Kindern nachrangig berechtigten Müttern
Leitsatz (amtlich)
1. Der Senat ist der Auffassung, dass nach dem Willen des Gesetzgebers gem. § 1570 BGB n.F. bei der Betreuung von zwei 11 und 8 Jahre alten Kinder eine vollschichtige Tätigkeit der betreuenden Mutter grundsätzlich gefordert werden kann. Es ist Aufgabe der Kindesmutter darzulegen und ggf. zu beweisen, dass ausnahmsweise die Aufnahme einer (vollen) Erwerbstätigkeit nicht möglich bzw. unzumutbar ist.
2. Liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Unterhaltsberechtigte nach Ablauf einer gewissen Orientierungsphase bei gehöriger Anstrengung unter Berücksichtigung ihrer beruflichen Vor- und Weiterbildung keine adäquate vollschichtige Tätigkeit finden kann, die es ihr ermöglicht, ihren eheangemessenen Bedarf selbst zu decken, ist der Unterhaltsanspruch bis zum Ablauf der Orientierungsphase zu befristen.
3. Ergeben die Einkommensverhältnisse des Unterhaltsverpflichteten, dass er zwar den Bedarf seiner vorrangig berechtigten Kinder entsprechend seinen Einkommensverhältnissen voll, nicht aber den Bedarf der nachrangig berechtigten betreuenden Elternteile decken kann, so ist der Unterhaltsanspruch der Kinder notfalls bis auf den Mindestunterhalt herabzustufen, um so zu einer möglichst ausgewogenen Bedarfsdeckung zu kommen, da sich der Vorrang des Kindesunterhalts nicht auf der Bedarfsebene sondern erst bei der Frage der Leistungsfähigkeit auswirkt.
4. Reicht auch dann das Einkommen des Unterhaltsverpflichteten nicht aus, um den Bedarf der gleichrangig berechtigten Mütter voll zu decken, ist für diese im Gleichrang stehenden Unterhaltsberechtigten eine Mangelfallberechnung anzustellen, wobei für diese zunächst die Einsatzbeträge der Unterhaltsleitlinien des OLG Köln und zwar für die Klägerin 900 EUR gem. Ziff. 23.2 (2 Spiegelstrich) und für die Lebensgefährtin des Beklagten gem. Ziff. 23.2 (3. Spiegelstrich) 800 EUR bei der Bedarfsermittlung einzusetzen sind.
Normenkette
BGB §§ 1570, 1615l, 1603, 1578b
Verfahrensgang
AG Brühl (Urteil vom 28.06.2007; Aktenzeichen 35 F 453/06) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 28.6.2007 verkündete Urteil des AG - FamG - Brühl - 35 F 453/06 - unter Zurückweisung des Rechtsmittels und Klageabweisung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin monatlichen nachehelichen Unterhalt wie folgt zu zahlen:
für September 2006 und Oktober 2006 jeweils 822 EUR,
für November 2006 bis Februar 2007 jeweils 800 EUR,
für März 2007 bis Mai 2007 jeweils 738 EUR,
für Juni 2007 780 EUR,
für Juli 2007 696 EUR,
für August 2007 bis Dezember 2007 jeweils 667 EUR und
für Januar 2008 bis Dezember 2008 jeweils 520 EUR.
Von den Kosten des Rechtsstreites erster Instanz tragen der Beklagte 2/3 und die Klägerin 1/3. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Beklagte 4/5 und die Klägerin 1/5.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Berufung des Beklagten ist nur teilweise begründet, nämlich soweit er eine Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils für die Monate September und Oktober 2006 sowie März 2007 bis Mai 2007 sowie für Juli 2007 und für die Zeit ab Januar 2008 begehrt. Denn für die Monate September 2006 und Oktober 2006 kann die Klägerin lediglich monatlichen nachehelichen Unterhalt von jeweils 822 EUR statt ausgeurteilter 829 EUR sowie für März bis Mai 2007 von jeweils 738 EUR statt ausgeurteilter 780 EUR, für Juli 2007 von 696 EUR statt ausgeurteilter 783 EUR und für Januar bis Dezember 2008 lediglich solchen von jeweils 520 EUR statt ausgeurteilter 667 EUR verlangen. Ab Januar 2009 steht der Klägerin nach der derzeitigen Sach- und Rechtslage kein Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten mehr zu. Die Berufung des Beklagten ist unbegründet, soweit er sich gegen die amtsgerichtliche Verurteilung zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt für November 2006 bis Februar 2007 von jeweils 800 EUR, für Juni 2007 von 780 EUR und für August 2007 bis Dezember 2007 von jeweils 667 EUR wehrt.
Der Klägerin steht gegen den Beklagten Betreuungsunterhalt gem. § 1570 BGB in der oben genannten Höhe zu.
Streit herrscht zwischen den Parteien in erster Linie über die Höhe des Einkommens des Beklagten sowie den Bedarf und eine Erwerbsobliegenheit der Klägerin jedenfalls ab Januar 2008. Darüber hinaus wird seitens des Beklagten der Verwirkungswand erhoben. Schließlich meint er, dass der Unterhaltsanspruch der Klägerin jedenfalls zu befristen sei.
Vorab kann festgestellt werden, dass der Verwirkungseinwand des Beklagten nicht durchgreift. Der Beklagte macht geltend, dass die Klägerin im Verfahren über den Trennungsunterhalt zunächst verschwiegen habe, dass sie über eigenes (geringfügiges) Einkommen teilweise verfügt habe. Zutreffend hat das FamG darauf hingewiesen, dass dieses Einkommen insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt der überobligationsmäßigen Arbeit jedenfalls nic...