Verfahrensgang
LG Bonn (Urteil vom 10.12.2003; Aktenzeichen 1 O 361/02) |
Nachgehend
Tenor
Den Klägern zu 1) bis 10) und 12) bis 27) wird hinsichtlich der versäumten Frist zur Begründung der Berufung die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gewährt.
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des LG Bonn vom 10.12.2003 - 1 O 361/02 - wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger bzw. Klägerinnen zu
zu 1.1) 2,5 %,
zu 1.2) 0,5 %,
zu 2) und 13) je 5,5 %,
zu 3) 8 %,
zu 4), 5), 10), 14), 16), 20), 21), 24) je 1 %,
zu 6), 7), 8), 18), 22) je 3 %,
zu 9) 5 %,
zu 11) 19 %,
zu 12) 11 %,
zu 15), 17) und 19) je 4 %,
zu 23), 25), 26) und 27) je 2 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Gründe
I. Die Kläger nehmen die beklagte Bundesrepublik Deutschland auf Schmerzensgeld wegen der Tötungen und Verletzungen in Anspruch, die sie oder ihre Angehörigen am 30.5.1999 bei der durch Luftangriffe durchgeführten Zerstörung der in Serbien gelegenen Brücke von Varvarin erlitten haben.
Aufgrund eines entsprechenden Beschlusses der Mitgliedstaaten der NATO vom 8.10.1998 führten diese Mitgliedstaaten in der Zeit vom 24.3.1999 bis 10.6.1999 Luftoperationen gegen die Bundesrepublik Jugoslawien durch, an denen mit Zustimmung des Deutschen Bundestages auch deutsche Luftstreitkräfte beteiligt waren. Erklärtes Ziel dieser Luftoperationen war, im Hinblick auf den damals entstandenen Kosovo-Konflikt eine humanitäre Katastrophe zu vermeiden. Im Rahmen dieser Luftoperationen, die insb. in der Bombardierung von Zielen unterschiedlicher Art bestanden, griffen am 30.5.1999 Kampfflugzeuge der NATO die über den Fluss Morawa führende Brücke von Varvarin an und zerstörten sie durch Raketen. Hinsichtlich der Einzelheiten zur Örtlichkeit und der Umstände am Tage des Angriffs wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Bei der Zerstörung der Brücke wurden 10 Menschen getötet und 30 verletzt, davon 17 schwer. Bei sämtlichen Opfern handelte es sich um Zivilpersonen.
Luftstreitkräfte der Beklagten waren an der Zerstörung der Brücke nicht unmittelbar beteiligt, insb. erfolgte der Raketenangriff nicht durch deutsche Flugzeuge. Ob und inwieweit Kampfflugzeuge der Beklagten durch Aufklärung, Begleit- oder Luftraumschutz Unterstützungsleistungen erbracht haben, ist zwischen den Parteien ebenso streitig wie die Frage, in welcher Form Stellen der Beklagten bei der vorangegangenen Zielauswahl beteiligt waren.
Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) Bezug genommen, ebenso wegen des Wortlauts der erstinstanzlichen Klageanträge und der von den Klägern zu deren Begründung mit der Klageschrift gegebenen Darstellung zum Hergang des Angriffs sowie die dabei getöteten und verletzten Personen.
Die Kläger haben die Ansicht vertreten, die Beklagte hafte für die Folgen des von NATO-Streitkräften durchgeführten Angriffs auf die Brücke aufgrund der Verletzung humanitären Völkerrechts, Verstoßes gegen die Grundrechte und nach Amtshaftungsgrundsätzen, da sie im Rahmen der NATO das ihr mögliche Vetorecht gegen die Zielauswahl der Brücke von Varvarin nicht ausgeübt und zudem den Angriff durch Maßnahmen eigener Streitkräfte unterstützt habe.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Angriff auf die Brücke und dessen Folgen seien ihr unter keinem Gesichtspunkt zuzurechnen, da deutsche Kampfflugzeuge daran weder unmittelbar noch mittelbar beteiligt gewesen seien. Ansprüche aufgrund von etwaigen Verletzungen des humanitären Völkerrechts könnten nicht von den Klägern als Individualpersonen, sondern nur von der Bundesrepublik Jugoslawien für deren Bürger geltend gemacht werden. Ansprüche nach deutschen Amtshaftungsgrundsätzen seien ausgeschlossen, da deren Anwendung durch das Kriegsvölkerrecht überlagert und damit ausgeschlossen sei; zudem seien die Voraussetzungen eines Amtshaftungsanspruchs auch nicht erfüllt.
Das LG hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, Ansprüche aus dem Völkerrecht kämen nicht in Betracht, da die Kläger als Individuen keine Subjekte des Völkerrechts seien, welches nur zwischenstaatlichen Charakter aufweise, und an dem der Einzelne nur mittels diplomatischen Schutzes - geltend zu machen durch den Heimatstaat - teilnehme. Amtshaftungsansprüche seien nicht gegeben, da das deutsche Staatshaftungsrecht durch die Regeln des internationalen Kriegsrechts überlagert würden und der damit einhergehende völkerrechtliche Ausnahmezustand die im Frieden geltende Rechtsordnung weitgehend suspendiere.
Mit ihren Berufungen verfolgen die Kläger ihre Schadens...