Leitsatz (amtlich)

1. Hat der Darlehensnehmer nach Erklärung des Widerrufs eines Verbraucherdarlehensvertrages dem Darlehensgeber wörtlich eine Zahlung angeboten, kann der Einnahme des Rechtsstandpunkts der Unwirksamkeit des Widerrufs weder für sich genommen, noch zusammen mit der Tatsache des Unterbleibens der Ankündigung, nach Zahlungserhalt bestellte Sicherheiten freizugeben, die Bedeutung einer Erklärung beigemessen werden, die angebotene Zahlung nicht annehmen zu wollen (§ 293 BGB).

2. Die nach wirksamem Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrages vom Darlehensgeber erklärte Hilfsaufrechnung kann in Fällen, in denen die Darlehen noch weitgehend valutieren, dazu führen, dass infolge der Rückwirkung der Aufrechnung auf den Widerrufszeitpunkt (§ 389 BGB) die Ansprüche des Darlehensnehmers bereits als in diesem Zeitpunkt erloschen gelten, wodurch Ansprüche des Darlehensnehmers auf Nutzungsersatz für die Zeit nach dem Widerruf nicht mehr haben entstehen können.

 

Normenkette

BGB §§ 293, 346, 495

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 30 O 143/15)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 30. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 07.07.2016 (Az. 30 O 143/15) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Antrag auf Feststellung des Annahmeverzuges als unzulässig und die übrigen Klageanträge als unbegründet abgewiesen werden.

Auf die als Anschlussberufung auszulegende Hilfswiderklage der Beklagten wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte einen Betrag von 74.888,79 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 4,89 % p.a. seit dem 31.03.2015 sowie einen weiteren Betrag von 57.712,69 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 4,93 % p.a. seit dem 31.03.2015 zu zahlen.

Die weitergehende Anschlussberufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das angegriffene Urteil und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahrens wird auf bis 290.000 EUR festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs zweier durch Grundschulden gesicherter Verbraucherdarlehensverträge über insgesamt 150.000 EUR, die der Kläger zum Zwecke der Umschuldung im Dezember 2007 mit der Beklagten geschlossen hat.

Der Kläger nimmt die Beklagte (zuletzt) auf Abgabe eines Angebots zur Abtretung von - im Klageantrag im Einzelnen bezeichneter - Grundschulden nach Zahlung der nach seiner Berechnung noch offenen Darlehensvaluten in Anspruch. Die Beklagte begehrt - für den Fall der Wirksamkeit des Widerrufs - im Wege der Hilfswiderklage vom Kläger die Zahlung von ihr berechneter Restdarlehensvaluten nebst Zinsen.

Den Darlehensverträgen war folgende Widerrufsbelehrung beigefügt:

((Abbildung))

Zur Sicherung der Ansprüche der Beklagten wurden auf dem vom Kläger bewohnten Reihenmittelhaus lastende Grundschulden im Umfang von insgesamt 150.095,22 EUR an die Beklagte abgetreten bzw. neu begründet.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die ihm erteilte Widerrufsbelehrung sei fehlerhaft und es bestehe auch kein Musterschutz. Er habe daher auch im Januar 2015 seine auf den Abschluss der Darlehensverträge gerichtete Willenserklärung noch widerrufen können. Die Beklagte hat demgegenüber die Auffassung vertreten, die von ihr eingesetzte Widerrufsbelehrung genieße Musterschutz. Das Widerrufsrecht sei zudem verwirkt und dessen Ausübung rechtsmissbräuchlich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrages sowie wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 07.07.2016 (Bl. 206 ff. GA) als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Widerrufsbelehrung zwar nicht den gesetzlichen Anforderungen genüge, aber Musterschutz bestehe. Der von der Beklagten verwendete Belehrungstext weiche lediglich marginal in redaktionellen Punkten von dem Muster ab und beinhalte keine inhaltlichen Änderungen. Der geltend gemachte Anspruch auf Freigabe der Grundschulden bestehe aber auch im Falle eines wirksamen Widerrufs nicht. Die Grundschulden dienten auch der Absicherung von Rückabwicklungsansprüchen der Beklagten, die sich nicht im Annahmeverzug befinde, weil der Kläger die Zahlung des Restsaldos bisher nur Zug um Zug und damit nicht in der geschuldeten Art angeboten und die Beklagte die Annahme auch nicht verweigert habe.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er im Wesentlichen vorbringt, die verwendete Belehrung genüge weder den gesetzlichen Anforderungen noch erfülle sie die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Anforderungen an die Gesetzlichkeitsfiktion. Die Beklagte habe mehrere Änd...

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