Leitsatz (amtlich)

Zur - hier verlängernden - Anordnung der Elektronischen Aufenthaltsüberwachung mit Genehmigung der Erstellung eines Bewegungsbildes wegen drohender Gefahr für Leib und Leben.

 

Normenkette

GG Art. 1-2; PAG (Bay) Art. 11 Abs. 3, Art. 34

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts München - Ermittlungsrichter - vom 24. Juli 2018 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 1, ein 28-jähriger deutscher Staatsangehöriger, wendet sich mit seiner Beschwerde vom 13.8.2018 gegen die auf Antrag der Beteiligten zu 2, einer bayerischen Polizeibehörde, am 24.7.2018 durch das Amtsgericht München befristet bis zum 13.11.2018 angeordnete Verlängerung einer Präventivmaßnahme nach dem Bayerischen Polizeiaufgabengesetz (nachfolgend: PAG).

1. Am 15.9.2017 wurden die vom Beteiligten zu 1 bewohnte Wohnung und das dazugehörige Kellerabteil in dessen Anwesenheit aufgrund eines am 14.9.2017 vom Amtsgericht München - Ermittlungsrichter - erlassenen Beschlusses durchsucht. Den Anlass hierfür bildete eine Mitteilung des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz vom 13.9.2017 des Inhalts, dass ein Teilnehmer der Telegram-Chatgruppe "XXX" am 12.7.2017 gedroht habe, "Spione" und Mitarbeiter des Verfassungsschutzes zu töten, und derselbe User am 15.7.2017 innerhalb der Gruppe folgende Frage gepostet habe:

"Salam alaikum. When i make the bomb, i must wahter Take im This buddle? Sry, my english is not the best!"

Als User sei der Betroffene, der Beteiligte zu 1, ermittelt worden.

Bei der Wohnungsdurchsuchung wurde auf der Schreibtischkommode im Wohnzimmer eine handgefertigte Skizze aufgefunden, beschriftet als "Creme Herstellen". Diese zeigt in Form einer zeichnerischen Darstellung mit rudimentärer Beschriftung eine Anleitung für einen chemischen Herstellungsprozess in einem nach oben offenen Behältnis und enthält eine Zutatenliste in Form von Abkürzungen (Anfangsbuchstaben) nebst dazugehörigen Mengenangaben sowie Angaben zu einer Zeitspanne. In einer gutachterlichen Äußerung kam das Bayerische Landeskriminalamt zu dem Ergebnis, dass der skizzierte Prozess und das Verhältnis der nach den Eintragungen naheliegend zu verwendenden Stoffe zur Herstellung des Sprengstoffs TATP passe, während die Beschriftung als Creme-Herstellung unplausibel sei.

In dem zur Wohnung gehörenden Kellerabteil, und zwar auf und unter dem Tisch verteilt, wurden bei einer zweiten, noch am selben Tag durchgeführten Durchsuchung, angeordnet von der Staatsanwaltschaft in dem wegen des Verdachts der Vorbereitung einer staatsgefährdenden Gewalttat gemäß § 89a StGB eingeleiteten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, folgende Gegenstände aufgefunden: Schraubenzieher, eine Dose mit 26 Metallkugeln, Kupferdraht, Chinaböller, Werkzeug, selbstbearbeitete Elektronikteile, nämlich Leuchtdioden, braunes Klebeband, zwei Portionierungsspritzen, Zündhölzer, ein Cerankochfeld, eine entleerte Autobatterie sowie eine Flasche mit 1,5 l 6 %iger Schwefelsäure.

Auf dem Mobiltelefon des Beteiligten zu 1 wurde ein sog. "thumbnail" eines am 18.7.2017 gespeicherten Fotos festgestellt, welches einer Szene des IS-Propagandavideos "XXX" zugeordnet wurde. Dieses Video zeigt unter anderem eine Anleitung zur Herstellung einer Unkonventionellen Spreng- oder Brandvorrichtung (USBV) aus TATP und einem Splittermantel aus Metallkugeln.

Bei der Auswertung des Mobiltelefons wurden zudem diverse Verschlüsselungsapplikationen (VPN Master, Crypten, Message Encryption) und eine Browsereinstellung entdeckt, die die Speicherung der besuchten Internetseiten sowie der Suchanfragen verhindert.

Im Wohnzimmer befanden sich eine Machete und ein Baseballschläger, im Kellerabteil außerdem eine Armbrust. Weiter wurden bei der Durchsuchung - teils in der Wohnung, teils im Keller - eine Fahne sowie Kleidungsstücke mit arabischen Schriftzeichen und Symbolen, wie sie von der Terrororganisation "IS" verwendet werden, festgestellt, und zwar ein Stirnband und ein T-Shirt mit Glaubensbekenntnis in arabischer Schrift, ein Camouflage-Kleidungsstück mit IS-Symbol und eine schwarze Fahne mit Glaubensbekenntnis in arabischer Schrift.

Der Beteiligte zu 1 ist als Jugendlicher und Heranwachsender unter anderem mit Gewaltdelikten in Erscheinung getreten. Das Bundeszentralregister enthält sechs Einträge. Unter anderem wurde gegen den Beteiligten zu 1 wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Diebstahl gemäß Urteil vom 23.10.2006 ein zweiwöchiger Jugendarrest verhängt. Mit Urteil vom 19.6.2007 wurde er (u. a.) wegen Raubes, Bedrohung, unerlaubten Führens einer Schusswaffe, vorsätzlicher Körperverletzung, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und fünf Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Unter Einbeziehung dieser und einer weiteren Strafe wurde er am 21.10.2009 wegen versuchten Diebstahls in einem besonders schweren Fall und Sachbeschädigung zu zwe...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge