Leitsatz (amtlich)
1. Wird mit Einlegung der Beschwerde zugleich der Eintragungsantrag zurückgenommen, werden die vorausgegangenen Entscheidungen des Grundbuchamts wirkungslos, ohne dass es einer Aufhebung bedarf. Über die Beschwerde ist in diesem Fall nicht mehr zu entscheiden.
2. Eine von den Vorgaben der Gemeinschaftsordnung abweichende Nutzung einer einem Sondernutzungsrecht unterliegenden Fläche führt auch im Falle rechtlicher Verselbständigung dieser Fläche nicht zu einer Änderung des Inhalts des Sondernutzungsrechts.
Normenkette
FamFG § 22; GBO §§ 31, 71; WEG § 10
Tenor
Die Sache wird an das Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen - Grundbuchamt - zurückgegeben.
Gründe
Die Beteiligte ist im Wohnungsgrundbuch als Eigentümerin eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 1 bezeichneten Wohnung eingetragen. Der Einheit ist gemäß Beschrieb ein Sondernutzungsrecht an einer Grundstücksteilfläche zugeordnet. Wegen Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums wird auf die Bewilligung in der Teilungserklärung vom 28.12.2021 Bezug genommen. Gemäß § 7 Nr. 1 der der Teilungserklärung angefügten Gemeinschaftsordnung wird dem jeweiligen Eigentümer der Raumeigentumseinheit Nr. 1 die im "Sondernutzfläche-Plan" rotfarbig-umrandet eingezeichnete unbebaute Grundstücksteilfläche zur alleinigen und ausschließlichen Sondernutzung zugewiesen. Weiterhin werden in § 7 der Gemeinschaftsordnung bezüglich der Sondernutzungsflächen eine Reihe von zulässigen und unzulässigen Nutzungen näher ausgeführt. Eine Nutzung als Kfz-Stellplatz wird hierbei nicht erwähnt.
Die Beteiligte hat zwischenzeitlich die Raumeigentumseinheit veräußert und sich dabei das Recht einer Sondernutzungsrechtsabspaltung vorbehalten. Eine Eintragung der Erwerberin als Eigentümerin ist im Grundbuch bislang nicht erfolgt.
Mit notarieller Urkunde vom 29.12.2022 erklärte die Beteiligte die Sondernutzungsunterteilung dahingehend, dass die in dem der Urkunde als Anlage beigefügten Plan mit "SoNu 3" und "SoNu 4" bezeichneten Flächen - unter Einschränkung des Sondernutzungsrechts an einer unbebauten Grundstücksfläche der Raumeigentumseinheit Nr. 1 - verselbständigt werden. Der Vollzug dieser Sondernutzungsrechtsunterteilung als Inhaltsänderung des Sondernutzungsrechts der Raumeigentumseinheit Nr. 1 wurde bewilligt und beantragt, mit der Bitte, dies im Beschrieb der betroffenen Einheit kenntlich zu machen. In dem beiliegenden Plan sind zwei schraffierte Flächen - im Ausmaß von etwa jeweils einem Kfz-Stellplatz - mit "SoNu 3" und "SoNu 4" gekennzeichnet. Am 2.1.2023 hat der Urkundsnotar Vollzugsantrag gestellt.
Mit Zwischenverfügung vom 2.3.2023 beanstandete das Grundbuchamt, dass es sich um eine Änderung des Inhalts des Sondernutzungsrechts handele. Das der Einheit Nr. 1 bereits zugewiesene Sondernutzungsrecht an der Grundstücksteilfläche sei in die rot umrandete Grundstücksteilfläche und die Kfz-Stellplätze SoNu3 und SoNu4 unterteilt worden. Damit liege eine Änderung der Gemeinschaftsordnung vor, der sämtliche dinglich Berechtigte zustimmen müssten. Die Änderung der Gemeinschaftsordnung müsse in allen Grundbuchblättern dieses Wohnungseigentums eingetragen werden. Der Eintragungsantrag sei daher zum gesamten Wohnungseigentum zu stellen.
Der Urkundsnotar wies mit Schreiben vom 6.3.2023 darauf hin, dass lediglich eine Unterteilung in Flächen, aber keine Unterteilung in Kfz-Stellplätze erfolgt sei. Mit Zwischenverfügung vom 8.3.2023 hielt das Grundbuchamt an seiner Verfügung vom 2.3.2023 fest. Es handele sich um eine Änderung des Inhalts des Sondernutzungsrechts - unabhängig davon, ob die neuen Sondernutzungsrechte SoNu3 und SoNu4 Kfz-Stellplätze oder Grundstücksteilflächen sein sollen. Auf den Hinweis des Notars mit Schreiben vom 9.3.2023, dass seitens des Grundbuchamts eine irrtümliche Rechtsauffassung vorliege, hielt das Grundbuchamt mit Beschluss vom 20.3.2023 erneut die Zwischenverfügung vom 2.3.2023 aufrecht. Entgegen dem Schreiben vom 6.3.2023 seien in Natura bereits Tatsachen geschaffen worden. Es handele sich bei genau diesen Flächen um Kfz-Stellplätze. Aus anliegenden Fotos sei zu erkennen, dass diese Flächen bereits auch als Kfz-Stellplätze genutzt würden. Es liege folglich unzweifelhaft eine Nutzungsänderung und damit eine Änderung der Gemeinschaftsordnung vor. Es sei daher ein Nachtrag zur Teilungserklärung erforderlich (Änderung der Gemeinschaftsordnung), an welchem alle derzeitigen Eigentümer mitwirken müssten. Außerdem seien die Zustimmung sämtlicher dinglicher Berechtigten und ein Antrag zum gesamten Wohnungseigentum erforderlich.
Mit Schreiben vom 22.3.2023 nahm der Urkundsnotar - lediglich und nur um die zwischenzeitlich beantragte Eintragung einer Finanzierungsgrundschuld ohne weitere Verzögerung zu ermöglichen - den Eintragungsantrag bezüglich der Sondernutzungsrechtsunterteilung zurück, stellte diesen aber anschließend sofort wieder neu. Es lägen sämtliche Voraussetzungen für den Vollzug des gestell...