Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütungspauschale für Patientenüberweisung
Leitsatz (amtlich)
Zum Rechtsweg zu den Sozialgerichten für einen auf Wettbewerbsrecht gestützten Unterlassungsantrag gegen die Vereinbarung einer Vergütungspauschale für die Überweisung von Patienten in einem Rahmenvertrag zur integrierten Versorgung gem. §§ 140a ff. SGB V.
Normenkette
SGB V § 51 Abs. 2 S. 1, § 140a
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 07.03.2008; Aktenzeichen 11 HKO 3048/08) |
Nachgehend
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des LG München I vom 7.3.2008 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 20.000 EUR festgesetzt.
IV. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Antragstellerin ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie rechnet für Zahnärzte bestimmte Zahlungen der Versicherer mit den Zahnärzten ab.
Die Antragsgegnerin bietet zusammen mit gesetzlichen Krankenversicherungen, Berufsverbänden der Ärzte, Krankenhäusern und einzelnen Ärzten auf vertraglicher Grundlage eine verschiedene Leistungssektoren übergreifende Versorgung der Versicherten oder eine interdisziplinär-fachübergreifende Versorgung (integrierte Versorgung gemäß den §§ 140a ff. SGB V) an. Sie koordiniert die beteiligten Leistungserbringer und führt die Abrechnung durch. Eine von ihr mit der AOK B. und dem Landesverband B. im Berufsverband der Frauenärzte e.V. geschlossene Rahmenvereinbarung (vgl. Anlage K 5) enthält folgende Regelungen:
§ 4 Leistungsumfang
[...]
(2) Zu den Aufgaben des Partnerarztes gehören ferner die Durchführung des ärztlichen Gesprächs über die erhöhten Risiken im Zusammenhang mit Parodontalerkrankungen während der Schwangerschaft und über die besondere Bedeutung der Dentalhygiene für Mutter und Kind sowie die Überweisung der Schwangeren an einen Partnerzahnarzt. [...]
§ 5 Vergütung und Abrechnung [...]
(2) Davon abweichend vereinbaren die Vertragspartner für die Vergütung der Frauenärzte [...] folgende Regelung: [...]
b) Zusätzlich erhält der Partnerarzt von der AOK für seine Leistungen nach § 4 Abs. 2 eine Vergütungspauschale i.H.v. 10 EUR je Fall, wenn [...] die Schwangere im Rahmen dieser integrierten Versorgung von einem Partnerzahnarzt behandelt wird [...].
Die Antragstellerin ist der Auffassung, die Antragsgegnerin stifte durch diese Vertragsgestaltung die Partnerärzte zu einem Verstoß gegen § 31 der Berufsordnung für die Ärzte Bayerns vom 6.8.2007 (im Folgenden: BO) an, der wie folgt lautet:
Unerlaubte Zuweisung von Patienten gegen Entgelt
Dem Arzt ist es nicht gestattet, für die Zuweisung von Patienten [...] ein Entgelt oder andere Vorteile sich versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren.
Die Antragsgegnerin sei daher sowohl als Teilnehmerin als auch als Störerin gem. § 8 Abs. 1, § 4 Nr. 11 UWG zur Unterlassung verpflichtet.
Die Antragstellerin hat beantragt, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verbieten, einen Vertrag anzubieten, abzuschließen oder zu bewerben, der vorsieht, dass ein Arzt einen Geldbetrag als Gegenleistung dafür erhält, dass er einen Patienten an einen Zahnarzt überweist.
Die Antragsgegnerin hat den beschrittenen Rechtsweg gerügt und beantragt, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Der Antrag sei nicht nur wegen der Unzuständigkeit der ordentlichen Gerichte unzulässig, sondern auch unbegründet. Unter anderem hat sie die Auffassung vertreten, es liege jedenfalls deshalb kein Verstoß gegen § 31 BO vor, weil diese Vorschrift restriktiv auszulegen sei, soweit Verträge über die integrierte Versorgung gem. § 140a ff. SGB V betroffen seien. Um den gesetzgeberischen Willen zur Etablierung einer integrierten Versorgung zu entsprechen, müssten zwischen den unterschiedlichen an der Behandlung der Patienten beteiligten Leistungserbringern Schnittstellen geschaffen werden, die über das bisherige Maß hinausgingen.
Mit Verfügung vom 4.3.2008 (vgl. Bl. 32 f. d.A.) hat das LG seine Absicht bekundet, den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig zu erklären und das Verfahren an das Sozialgericht München zu verweisen. Es liege eine Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung i.S.d. § 51 SGG vor, weil der Schwerpunkt des Rechtsstreits unmittelbar die Sicherstellung der Versorgung der Kassenmitglieder in der von den Vertragsparteien auf der Grundlage der §§ 140a ff. SGB V vereinbarten Weise betreffe.
Nach Stellungnahme der Antragstellerin hierzu hat das LG mit Beschluss vom 7.3.2008 (vgl. Bl. 38 ff. d.A.; das Datum ergibt sich aus den Zustellnachweisen) den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und das Verfahren an das Sozialgericht München verwiesen. Zur Begründung hat es zunächst auf seine Verfügung vom 4.3.2008 Bezug genommen und zur entgegenste...