Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerdeentscheidung im Freigabeverfahren HVB/UniCredit
Leitsatz (amtlich)
1. Offensichtlich unbegründet sind Anfechtungs-/Nichtigkeitsklagen gegen einen Squeeze-out Beschluss der Hauptversammlung, wenn sich aufgrund umfassender rechtlicher Prüfung ohne weitere Sachaufklärung die Überzeugung gewinnen lässt, dass die Klagen voraussichtlich abzuweisen sind und auch Rechtsmittel keinen Erfolg haben werden.
2. Es liegt weder ein die Nichtigkeit nach § 121 Abs. 3 AktG noch ein die Anfechtbarkeit des Übertragungsbeschlusses begründender Ladungsmangel vor, wenn die Gesellschaft in der Einladung zur Hauptversammlung hinsichtlich der Bedingungen für die Stimmrechtsausübung unter dem Abschnitt "Stimmrechtsvertretung" die in § 135 AktG vorgesehene Differenzierung bezüglich der Form der Vollmachtserteilung für Kreditinstitute/Aktionärsvereinigungen nicht vornimmt.
Vor dem Hintergrund der sich aus § 135 Abs. 6 AktG ergebenden Wertung und der nicht eindeutigen, unklaren gesetzlichen Regelung ist § 135 Abs. 2 S. 3 und 4 AktG als bloße Ordnungsvorschrift anzusehen, deren Verletzung eine Anfechtbarkeit des gefassten Hauptversammlungsbeschlusses nicht begründen kann.
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 24.04.2008; Aktenzeichen 5 HKO 23244/07) |
Tenor
I. Die sofortigen Beschwerden gegen den Beschluss des LG München I vom 24.4.2008, Az: 5 HK O 23244/07, werden zurückgewiesen, der Beschluss des LG München I bleibt in der Fassung, die er durch die Abhilfeentscheidung vom 30.7.2008 erlangt hat, aufrecht erhalten.
II. Die Beschwerdeführer und die Nebenintervenientin zu 1) tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Nebenintervenient zu 2) trägt die Kosten seiner Nebenintervention selbst.
IV. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 500.000 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die 130. ordentliche Hauptversammlung der Antragstellerin und Beschwerdegegnerin vom 26./27.6.2007 beschloss zu Tagesordnungspunkt 8, die Aktien der Minderheitsaktionäre der Beschwerdegegnerin gemäß dem Verfahren zum Ausschluss von Minderheitsaktionären nach §§ 327a ff. AktG gegen Gewährung einer Barabfindung von 38,26 EUR je Stückaktie der Antragstellerin auf den Hauptaktionär, die U. C ... (heute: U. C ..., im Folgenden: "U. C.") zu übertragen. Gegen den Übertragungsbeschluss haben insgesamt 125 Aktionäre Anfechtungsklagen beim LG München I erhoben. Die Verfahren sind verbunden und dort unter dem Aktenzeichen 5 HK O 12861/07 anhängig. Die Beschwerdegegnerin hat wegen der Anfechtungsklagen am 7.12.2007 das vorliegende Freigabeverfahren nach § 327e Abs. 2 AktG i.V.m. § 319 Abs. 6 S. 1 AktG eingeleitet. Das LG München I hat durch Beschluss vom 24.4.2008 dem Freigabeantrag stattgegeben und festgestellt, dass die von den Beschwerdeführern vor dem LG München I gegen den Squeeze-out Beschluss erhobenen Anfechtungs-/Nichtigkeitsklagen dessen Eintragung in das Handelsregister nicht entgegenstehen.
Gegen den Freigabebeschluss des Erstgerichts wendet sich ein Großteil der Antragsgegner mit den vorliegenden sofortigen Beschwerden.
Dem streitgegenständlichen Übertragungsbeschluss und Freigabeverfahren ging eine Vielzahl von auch für das vorliegende Verfahren relevanten vertraglichen Vereinbarungen, Hauptversammlungsbeschlüssen und Rechtsstreiten voraus, die im Folgenden skizziert werden:
Die Antragstellerin sowie die italienische Großbank U. C. schlossen am 12.6.2005 ein sog. Business Combination Agreement (im Folgenden: BCA, Anlage ASt 85), mit dem ausweislich seiner Präambel die grundlegenden Vereinbarungen und das wechselseitige Verständnis der Vertragsparteien im Zusammenhang mit dem Zusammenschluss, der Transaktionsstruktur, der zukünftigen organisatorischen und gesellschaftsrechtlichen Struktur der Gemeinsamen Gruppe und den Verantwortlichen von U. C. und der H. bank innerhalb der Gemeinsamen Gruppe geregelt werden sollte. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten wird auf Anlage ASt 85 verwiesen. In der Folgezeit unterbreitete U. C. den Aktionären der Antragstellerin ein freiwilliges öffentliches Umtauschangebot, als deren Folge die U. C. zunächst über 93,93 % der Aktien der Antragstellerin verfügte.
Im März 2006 schlossen die Antragstellerin, U. C., Bank A. AG (im Folgenden: BACA), die Privatstiftung zur Verwaltung von Anteilsrechten, die AV-Z Kapitalgesellschaft mbH sowie der Betriebsratfond der Angestellten der Bank A. AG Großraum Wien ein sog. Restated Bank of the Regions Agreements (im Folgenden: ReBoRA), in dem sich die Antragstellerin und U. C. verpflichteten, vorbehaltlich und im Rahmen der jeweiligen gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen Verträge abzuschließen, in denen sie sich verpflichten, ihre Bank-Tochtergesellschaften der Region "Zentral- und Osteuropa" auf die Bank A. AG zu übertragen.
Am 12.9.2006 schlossen die Antragstellerin und U. C. einen Anteilskaufvertrag in Bezug auf die von der Antragstellerin bis zu diesem Zeitpunkt gehaltenen 113.989.900 auf den Inhaber lautenden Stückaktien der BACA; der Kaufpreis betrug 12...