Leitsatz (amtlich)
1. Zur Grundbuchberichtigung im Erbfall auf der Grundlage eines späteren öffentlichen Testaments des überlebenden Ehegatten bei Konkurrenz mit einem früheren eigenhändigen Ehegattentestament.
2. Schließt es das vorangegangene eigenhändige Ehegattentestament nicht aus, dass einer Tochter der vorverstorbenen Ehefrau nicht nur ein Vermächtnis zugewandt wurde, sondern diese (Schluss-)Erbin ist, so kommt eine Grundbuchberichtigung auf der Grundlage des späteren öffentlichen Testaments, das eine andere Schlusserbin bestimmt, nicht in Betracht.
Normenkette
BGB §§ 2087, 2267, 2270; GBO §§ 22, 35 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Starnberg - Grundbuchamt |
Tenor
I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen die Zwischenverfügung des AG Starnberg - Grundbuchamt - vom 8.3.2016 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die beiden Beteiligten sind die Töchter des am 3.11.2015 verstorbenen Stephan W., der im Grundbuch noch als Eigentümer eines Grundstücks ausgewiesen ist. Sie haben gegenüber dem Nachlassgericht mit Erklärungen vom 4.1.2016 die Erbschaft angenommen und Berichtigung des Grundbuchs durch ihre Eintragung als Erbengemeinschaft beantragt.
Im Nachlassverfahren desselben AG wurde ein Erbschein bisher nicht beantragt. Folgende letztwillige Verfügungen liegen vor und sind eröffnet worden:
1. Notarielles gemeinschaftliches Testament der Eheleute Stephan W. und Elfriede L.-W. vom 22.1.1999. In diesem ist bestimmt (Abschnitt II.):
Für den Fall der Auflösung unserer Ehe durch den Tod eines von uns setzen wir uns hiermit gegenseitig zum alleinigen und ausschließlichen Erben ein. Der überlebende Teil wird in keiner Weise beschränkt oder beschwert. Er kann über das beidseitige Vermögen in jeder Weise frei verfügen.
Weiter werden als Schlusserben die jeweiligen beiden Kinder der Eheleute aus erster Ehe jeweils zu gleichen Anteilen und als Ersatzschlusserben die Abkömmlinge der Schlusserben nach Stämmen zu unter sich gleichen Anteilen bestimmt. Weiter ist festgelegt (Abschnitt III.):
Der Überlebende von uns ist berechtigt, nach dem Ableben des Erstversterbenden die vorstehende Schlusserbeneinsetzung einseitig beliebig aufzuheben, abzuändern oder zu ergänzen. Er muss jedoch wenigstens einen der unter Abschnitt II. genannten Schlusserben oder Ersatzschlusserben als Erben einsetzen und darf keine anderen Personen als diesen etwas zuwenden.
2. Gemeinschaftliches eigenhändiges Testament der Eheleute vom 14.2.2007:
Der Ausstellung des spanischen Testaments bei Notario ... wird hiermit widersprochen u. aufgelöst. Wir, mein Mann ... und ich,... vererben ... unser Haus in Spanien ... als Alleinerbin Daniela W. (= Tochter der Ehefrau aus erster Ehe) zudem alle beweglichen und nicht beweglichen Gegenstände. Die Kinder ... (= Beteiligte zu 1 und 2) erben nur den Pflichtteilsanspruch.
3. Notarielles Testament des überlebenden Ehegatten Stephan W. vom 29.6.2010, wonach dieser "in Ausübung seines Abänderungsrechts gemäß Ziffer III. des o.g. Testaments (zu 1.) hiermit die in Ziffer II. des o.g. Testaments enthaltene Schlusserbeneinsetzung samt Ersatzschlusserbeneinsetzung vollinhaltlich" aufhebt und zu seinen alleinigen und ausschließlichen Erben seine beiden Töchter (= die Beteiligten zu 1 und 2) zu gleichen Teilen einsetzt sowie eine Ersatzerbin bestimmt.
Das Grundbuchamt hat mit zuletzt bis 31.5.2016 verlängerter Frist durch Zwischenverfügung vom 8.3.2016 den fehlenden Erbennachweis moniert und die Vorlage eines Erbscheins verlangt. Die in dem Ehegattentestament vom 14.2.2007 getroffenen Verfügungen seien als wechselbezüglich anzusehen, eine abweichende Verfügungsbefugnis des Überlebenden sei nicht vereinbart worden. Sie hätten durch das spätere notarielle Testament nicht wirksam aufgehoben werden können. Anhand der Unterlagen lasse sich auch nicht beurteilen, ob es sich bei der Verfügung zugunsten von Daniela W. um eine Allein- oder Miterbeneinsetzung oder um die Zuwendung eines Vermächtnisses handele. Zumindest könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Erbfolge auch aus dem Testament vom 14.2.2007 ergebe. Zur Feststellung der Erbfolge seien Ermittlungen tatsächlicher Art erforderlich, zu denen das Grundbuchamt nicht befugt sei.
Hiergegen richtet sich die anwaltliche Beschwerde vom 11.4.2016. Die Erbfolge ergebe sich auch für das Grundbuchamt bindend aus dem notariellen Testament des Erblassers vom 29.6.2010. Die in Spanien gelegene Immobilie sei bereits zu dessen Lebzeiten veräußert worden. In einem Zivilrechtsstreit zwischen Daniela W. und dem Erblasser habe das erkennende Gericht bezüglich der spanischen Immobilie lediglich eine Vermächtnisaussetzung und gegebenenfalls die Einsetzung von Daniela W. als Schlusserbin erblickt.
Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen. Es sei nicht auszuschließen, dass sich das eigenhändige Testament auf die Erbfolge insgesamt beziehe, zum einen wegen der nicht eindeutigen Formulierung, zum anderen auch deshalb, weil ein Wertvergleich mit dem ...