Leitsatz (amtlich)

Ergibt die Auslegung des notariellen Vertrags, dass eine Dienstbarkeit nur für einen konkret definierten Teilbereich bestellt ist, ist das Recht bei Teilung des Grundstücks hinsichlich des nicht betroffenen Grundstücksteils zu löschen.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 1026; GBO § 22

 

Verfahrensgang

AG Rosenheim (Entscheidung vom 22.11.2011)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Amtsgerichts Rosenheim - Grundbuchamt - vom 22. November 2011 aufgehoben.

II. Das Amtsgericht Rosenheim - Grundbuchamt - wird angewiesen, das in Abteilung II unter lfd. Nr. 1 des Grundbuchs des Amtsgerichts Rosenheim von Amerang Bl. 1678 eingetragene Geh- und Fahrtrecht für die Gemeinde Amerang zu löschen.

 

Gründe

I. Die Eltern des Beteiligten zu 1 waren je zur Hälfte Eigentümer eines Grundstücks, das im Grundbuch auf Bl. 757 vorgetragen ist. Mit Urkunde vom 19.10.1992 wurde dem jeweiligen Eigentümer eines benachbarten Grundstücks ein Geh- und Fahrtrecht als Grunddienstbarkeit an einer auf dem Grundstück liegenden Zufahrt eingeräumt. Der Bereich der Zufahrt wurde auf einem beiliegenden Lageplan mit grüner Farbe gekennzeichnet. Mit Urkunde vom 7.7.1993, in der in Ziffer I. auf die Urkunde vom 19.10.1992 Bezug genommen ist, wird in Ziffer II. der Gemeinde A. (= Beteiligte zu 2) unter anderem "sinngemäß das gleiche Geh- und Fahrtrecht" eingeräumt.

Die Eltern haben mit Urkunde vom 28.10.2010 ihrem Sohn, dem Beteiligten zu 1, eine noch zu vermessende Teilfläche des Grundstücks (nun FlSt 373/5) übertragen.

Gemäß Fortführungsnachweis hat das Amtsgericht - Grundbuchamt - im Juli 2011 die Zerlegung in die Flurstücke 373/3 und 373/5 vorgetragen. Am 10.10.2011 wurde das Flurstück 373/5 auf ein neues Grundbuchblatt übertragen und der Beteiligte zu 1 als Eigentümer eingetragen.

Mitübertragen wurde dabei unter anderen auch das Geh- und Fahrtrecht für die Beteiligte zu 2.

Mit Schreiben vom 8.11.2011 hat die beurkundende Notarin die lastenfreie Abschreibung des Grundstücks Flurstück 373/5 von diesem Recht im Grundbuch angeregt. Das Grundbuchamt hat dieses Schreiben als Antrag auf Grundbuchberichtigung nach § 894 BGB ausgelegt und diesen zurückgewiesen, da im Bewilligungstext der Ausübungsbereich nicht unter Bezugnahme auf eine Karte bestimmt worden sei und damit das Geh- und Fahrtrecht das gesamte Grundstück betreffe.

Gegen den Beschluss hat die Notarin als Vertreterin Beschwerde eingelegt, der das Amtsgericht mit Beschluss vom 1.12.2011 nicht abgeholfen hat.

Die Gemeinde hat auf Anfrage schriftlich erklärt, mit der Lastenfreistellung einverstanden zu sein, da das Fahrtrecht gemäß der Bewilligung allein den Bereich betreffe, für den auch dem Nachbarn das Geh- und Fahrtrecht eingeräumt worden sei.

II. Die Beschwerde ist zulässig, § 71 Abs.1, §§ 73, 15 Abs. 2 GBO. Der Senat legt das insofern nicht näher präzisierte Beschwerdeschreiben dahingehend aus, dass das Rechtsmittel nur für den allein beschwerdeberechtigten Beteiligten zu 1 eingelegt sein sollte.

Die Beschwerde ist auch begründet, da der Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs nach § 22 Abs. 1 GBO in Verbindung mit § 1026 BGB nicht mit der Begründung abgelehnt werden kann, dass ein hinreichender Nachweis des beschränkten Ausübungsbereichs der Dienstbarkeit nicht geführt sei. In Folge dessen war das Grundbuchamt anzuweisen, die entsprechende Dienstbarkeit auch auf dem abgetrennten Flurstück zu löschen.

Nach ständiger Rechtsprechung des vormals zuständigen Bayerischen Obersten Landesgerichts erlöschen Grunddienstbarkeiten (teilweise) nach Maßgabe des § 1026 BGB, wenn das dienende Grundstück geteilt wird. Eine solche Teilung - und nicht nur eine Zerlegung - liegt vor, nachdem die nun eingetragene Grundstücksfläche gebildet und neu vorgetragen wurde, damit sie an den Beteiligten zu 3 übertragen werden konnte (Schöner/Stöber Grundbuchrecht 14. Aufl. Rn. 668).

In einem solchen Fall ist eine Berichtigung gemäß § 22 GBO möglich, wenn feststeht, dass die Voraussetzungen des § 1026 BGB vorliegen (BayObLGZ 1954, 286/291 ff.; Hügel/Holzer GBO 2. Aufl. § 22 Rn. 56). Maßgeblich ist daher, dass die räumliche Beschränkung der Ausübung der Dienstbarkeit feststeht. Dies kann dann bejaht werden, wenn die Dienstbarkeit rechtsgeschäftlich für einen konkret definierten Teilbereich des Flurstücks beschränkt bestellt ist (BGH NJW 1981, 1781). In einem solchen Fall ist aber zu verlangen, dass sich die Beschränkung hinreichend aus der Eintragungsbewilligung ergibt, etwa durch ausdrückliche Bezugnahme in der Bewilligung auf eine dem Vertrag beigefügte Flurkarte und eine darin vorgenommene Einzeichnung (BGH aaO.) Das ist vorliegend der Fall, wie sich aus der Bewilligungsurkunde vom 7.7.1993 in Verbindung mit der Urkunde vom 19.10.1992 ergibt.

Dem Amtsgericht kann nicht gefolgt werden, wenn es meint, in der Urkunde vom 7.7.1993 werde zwar auf den Lageplan in der Urkunde vom 19.10.1992 Bezug genommen, jedoch sei nur in Ziffer III. der erstgenannten Urkunde, in der ein Leitungsrecht neu bestellt wurde, der Ausübungsber...

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