Leitsatz (amtlich)
1. Auch in dem nun der Freiwilligen Gerichtsbarkeit zugeordneten Aufgebotsverfahren kann der Grundstückseigentümer in gewillkürter Verfahrensstandschaft das Aufgebotsverfahren betreiben, wenn ihm der Grundschuldgläubiger den Grundschuldbrief nebst grundbuchtauglicher Löschungsbewilligung überlassen hat.
2. Wenn der frühere Eigentümer dem Erwerber gegenüber zur Lastenfreistellung verpflichtet ist, kann der frühere Eigentümer weiter zu Führung des Aufgebotsverfahrens bezüglich des verlorengegangenen Grundschuldbriefs berechtigt bleiben.
Normenkette
BGB § 185; FamFG § 467 Abs. 2
Verfahrensgang
AG München (Beschluss vom 29.07.2010; Aktenzeichen 101 URII 53/09) |
Tenor
I. Der (Zurückweisungs-) Beschluss des AG München vom 29.7.2010 wird aufgehoben.
II. Die Sache wird zur neuen Entscheidung an das AG München zurückverwiesen.
Gründe
I. Der Beteiligte war Eigentümer eines Grundstücks, das er mit notariellem Vertrag vom 11.8.2009 verkaufte. Unter 5. ("Verkäuferpflichten") enthielt der Vertrag folgende Regelung:
Der Verkäufer schuldet ungehinderten Besitz- und lastenfreien Eigentumsübergang. Er hat alle Belastungen zu beseitigen, soweit sie nicht in diesem Vertrag vom Käufer ausdrücklich übernommen oder mit dessen Zustimmung neu bestellt werden.
Der Käufer übernimmt die in Abteilung III lfd. Nr. 1, lfd. Nr. 2 und lfd. Nr. 4 eingetragenen Grundpfandrechte vorerst in dinglicher Hinsicht, ansonsten übernimmt er keinerlei grundbuchmäßige Belastungen.
Die Vertragsteile bewilligen und beantragen die Löschung nicht übernommener Belastungen im Grundbuch. Die Vertragsteile bewilligen und beantragen insbesondere die Löschung der in Abteilung III lfd. Nr. 1 bis lfd. Nr. 4 eingetragenen Grundpfandrechte und stimmen der Löschung zu. (Der Verkäufer) bewilligt und beantragt insbesondere die Löschung der zu seinen Gunsten in Ziff. 1. aufgeführten Grundschuld (Abteilung III lfd. Nr. 4).
Ab Kaufpreiszahlung überträgt der Verkäufer seine derzeitigen und künftigen Eigentümerrechte und Rückgewähransprüche, auch hinsichtlich erst einzutragender Belastungen, auf den Käufer.
Das Grundstück ist belastet u.a. mit einer Briefgrundschuld zu 24.000 DM für eine Bausparkasse (lfd. Nr. 1) und einer Briefgrundschuld für den Eigentümer, den Beteiligten, zu 150.000 DM (lfd. Nr. 4).
Unter dem 12.11.2009 hat der Beteiligte den Erlass eines Aufgebots zur Kraftloserklärung beider Grundschuldbriefe sowie eines Ausschließungsbeschlusses gem. § 439 FamFG beantragt. Beigefügt war eine eidesstattliche Versicherung des Beteiligten, dass die Grundschuldbriefe nicht mehr auffindbar und von ihm weder abgetreten noch gepfändet noch verpfändet seien. Vorgelegt wurde außerdem eine Abschrift der Löschungsbewilligung der Gläubigerin.
Am 13.1.2010 wurden die Käufer als Eigentümer zu je 1/2 im Grundbuch eingetragen.
Am 15.1.2010 wurde das Aufgebot erlassen und dessen Veröffentlichung bewirkt.
Mit Beschluss vom 29.7.2010 wurde der Grundschuldbrief zu 150.000 DM für kraftlos erklärt und mit Beschluss vom selben Tag der Antrag auf Kraftloserklärung des abhanden gekommenen Briefes für die Grundschuld zu 24.000 DM zurückgewiesen, da die Antragsberechtigung des Beteiligten nicht gegeben sei. Bereits vor Erlass des Aufgebotes sei der Antragsteller nicht mehr Eigentümer gewesen. Nach § 467 FamFG i.V.m. §§ 1162, 1192 BGB sei Antragsberechtigter derjenige, der das Recht aus der Urkunde geltend machen könne. Das sei der Gläubiger des Rechts. Der Eigentümer sei nur antragsberechtigt, wenn ihm das Recht als Eigentümerrecht zustehe. Da es sich aber nicht um eine Hypothek, sondern um eine Grundschuld handele, erwerbe der Eigentümer diese nicht nach § 1164 BGB durch Bezahlung der zugrunde liegenden Forderung.
Solange das Aufgebotsverfahren noch in der ZPO geregelt gewesen sei, habe eine Antragsberechtigung des Eigentümers über die Prozessstandschaft hergeleitet werden können. Eine dem Eigentümer erteilte Löschungsbewilligung könne als Ermächtigung verstanden werden, das Aufgebotsverfahren in Prozessstandschaft für den Gläubiger durchzuführen. Damit seien die Voraussetzungen einer gewillkürten Prozessstandschaft gegeben gewesen. Im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit mache der Beteiligte im Regelfall eigene Rechte im eigenen Namen geltend, hier der ehemalige Eigentümer solche aus einer fremden Grundschuld. Eine gewillkürte Verfahrensstandschaft sei für die echten Streitsachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit zwar anerkannt. Eine solche liege aber nicht vor, da es sich hier um ein Antragsverfahren zur Klärung von Rechtspositionen handle. Alle Verfahrensvoraussetzungen seien nunmehr nicht mehr nach der ZPO zu beurteilen, sondern nach dem FamFG. Für das Aufgebotsverfahren sei die Verfahrensstandschaft zu verneinen.
Es fehle daher bereits an der Antragsberechtigung. Es hätte auch das Aufgebot schon nicht erlassen werden dürfen.
Gegen diesen am 4.8.2010 zugestellten Beschluss richtet sich die am 23.8.2010 beim AG eingegangene Beschwerde des Beteiligten. Diese wird damit begründet, das...