Leitsatz (amtlich)
1. Regelmäßig fehlen die Voraussetzungen für eine Bestimmungsentscheidung nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO, wenn das andere der beteiligten Gerichte lediglich mit interner Verfügung unter Ablehnung der Übernahme die Akten an das verweisende Gericht zurückgibt.
2. Die Einordnung eines Vertrags, der die Unterstellung von Pferden in Boxen nebst Füttern, Ausmisten und Sauberhalten zum Gegenstand hat, als mietvertragliches Verhältnis ist im Regelfall frei von Willkür.
Normenkette
BGB §§ 535, 688; ZPO §§ 29a, 36 Abs. 1 Nr. 6, § 281
Verfahrensgang
AG Miesbach (Aktenzeichen (1) 2 C 843/15 ((4) 2 C 730/15)) |
LG Landshut (Aktenzeichen 83 O 2548/15) |
Tenor
Eine Bestimmung des zuständigen Gerichts wird abgelehnt.
Gründe
I. Die in München ansässige Klägerin macht gegen den im Bezirk des AG Miesbach (LGbezirk München II) wohn haften Beklagten in der Hauptsache. Mletzinsansprüche" (Juli 2014 bis April 2015) über 5.532,31 EUR aus Pferdeeinstellverträgen geltend. Eingestellt sind die beiden Pferde des Beklagten in einem Gestüt der Klägerin im Bezirk des LG Landshut. Nach Widerspruch gegen den am 20.7.2015 erlassenen Mahnbescheid wurde das Verfahren am 1.9.2015 an das bezeichnete AG Miesbach abgegeben. Mit der bisher nicht zugestellten Anspruchsbegründung stellte die Klägerin Antrag auf Verweisung des Rechtsstreits an das gemäß § 29a ZPO sachlich und örtlich zuständige LG Landshut, den der dazu angehörte Beklagte unter Erhebung der Zuständigkeitsrüge für begründet erachtete.
Mit Beschluss vom 1.10.2015 erklärte sich das AG Miesbach für sachlich und örtlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das LG Landshut. Dieses hat in einem internen Vermerk festgehalten, das Verfahren nicht zu übernehmen. Gegenständlich sei kein Mietvertrag, sondern ein entgeltlicher Verwahrungsvertrag. § 29a ZPO komme nicht zur Anwendung. Die örtliche Zuständigkeit richte sich demnach nach den allgemeinen Vorschriften. Der Verweisungsbeschluss sei nicht bindend, da er unter Versagung des rechtlichen Gehörs zustande gekommen sei; die Belehrung des Beklagten nach § 504 ZPO sei unterblieben.
Die zurückgeleitete Akte hat das AG Miesbach sodann mit (interner) Verfügung vom 26.10.2015 dem Oberlandesgericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.
II. Für eine Zuständigkeitsentscheidung des Senats fehlen die gesetzlichen Voraussetzungen.
1. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO setzt voraus, dass verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich "rechtskräftig" (!) für unzuständig erklärt haben. Dazu zählen regelmäßig Verweisungen nach § 281 Abs. 1 ZPO (BGH NJW-RR 2013, 764), ferner ausdrückliche Unzuständigerklärungen (BGH a.a.O.), nicht jedoch interne Abgaben, Aktenweiterleitungen, Rücksendungen u.ä. (vgl. Hüsstege in Thomas/Putzo ZPO 36. Aufl. § 36 Rn. 23; Zöller/Vollkommer ZPO 30. Aufl. § 36 Rn. 24 je m.w.N.).
Vorliegend hat sich bisher nur eines der beteiligten Gerichte - das AG Miesbach - "rechtskräftig", d.h. bindend für unzuständig erklärt, indem es das dort spätestens mit Eingang der Akten am 1.9.2015 rechtshängige Verfahren nach § 281 Abs. 1 ZPO verwiesen hat (vgl BGHZ 179, 329/334; HK-ZPO/Gierl 6. Aufl. § 696 Rn. 24; Zöller/Vollkommer ZPO 30. Aufl. § 696 Rn. 5). Die formlose, akten interne Rückgabeverfügung des LG Landshut unter Verweigerung der Übernahme erfüllt diese Voraussetzung nach ständiger, vom Senat geteilter (z.B. Beschluss vom 21.9.2015, 34 AR 202/15) Rechtsprechung nicht (BGH NJW-RR 1995, 641; BayObLG NJW-RR2005, 1012; Zöller/Vollkommer§ 36 Rn. 24 m.w.N.).
2. Zur Vermeidung weiteren Zuständigkeitsstreits ist darauf hinzuweisen, dass das ungeachtet der bisher unterbliebenen Zustellung der Anspruchsbegründung rechtshängige Verfahren (siehe zu 1.) mit bindender Wirkung nach § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO an das LG Landshut verwiesen worden sein dürfte.
a) Nach dem Akteninhalt ging das AG - willkürfrei - von einer ausschließlichen Zuständigkeit des LG Landshut nach § 29a ZPO aus. Ersichtlich legte es seinem Beschluss die Ausführungen der Klägerin in der Anspruchsbegründung zugrunde, die die rechtliche Beziehung der Parteien als Einstellvertrag mit Raumüberlassung als prägender Leistung bewertete. Wäre der Schwerpunkt hier zu setzen, dürfte Mietrecht zur Anwendung kommen (LG Krefeld vom 16.8.2010,20244/10, juris; AG Menden vom 26.2.2007, 4 C 11/07, juris; vgl. auch BGH NJW-RR 1990, 1422; allgemein Häublein NJW 2009, 2982) mit der Folge, dass der ausschließliche Gerichtsstand des § 29a ZPO gilt (LG Krefeld Rn. 5; AG Menden Rn. 5 ff.; auch Zöller/Vollkommer § 29a Rn. 5:. Pferdebox"). Es mag zutreffen, dass nach dem vorgetragenen Sachverhalt - insbesondere zu den Aufgaben der Klägerin, zu denen über das Zurverfügungstellen von zwei Pferdeboxen hinaus etwa auch das Füttern und Misten sowie im Bedarfsfall die Organisation tierärztlicher Hilfe gehörte - eine andere Schwerpunktbildung im Sinne eines dem Verwahrungsrecht unterstellten Pferdepensionsvertrags naheliegen könnte (OLG Brandenburg NJW-RR 2006, 1558; OLG Oldenburg MDR...