Leitsatz (amtlich)
Ob ein über das in § 14 Nr. 1 WEG bezeichnete Maß hinausgehender Nachteil vorliegt, ist anhand aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Danach richtet es sich auch, ob bei einer Verschlechterung des Trittschallschutzes die zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes geltenden Anforderungen erfüllt sein müssen oder ob auf die jeweiligen Normen zum Zeitpunkt der Veränderung abzustellen ist.
Normenkette
WEG § 14 Nr. 1
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 07.03.2005; Aktenzeichen 1 T 11870/04) |
AG München (Aktenzeichen 481 UR II 12/03) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des LG München I vom 7.3.2005 aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das LG München I zurückverwiesen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 10.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsteller und die Antragsgegnerin zu 2 sind Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Der Antragsgegner zu 1) ist Rechtsnachfolger eines früheren Verfahrensbeteiligten.
Den Antragstellern gehört eine Wohnung im 8. Obergeschoss, der Antragsgegnerin zu 2) die unmittelbar darüber liegende Wohnung im 9. Obergeschoss.
Die Fußböden in der Wohnung der Antragsgegnerin zu 2 sind mit Ausnahme der gefliesten Bäder nicht mit einem schwimmenden Estrich versehen, sondern mit einem Verbundestrich. Vom Bauträger wurden darauf weichfedernde Beläge verlegt, in den Wohn- und Schlafräumen eine Unterlage mit Kokosfasern und darauf Teppichboden, in der Küche und im Gäste-WC ebenfalls eine Kokosfaserunterlage mit einem Linoleumbelag.
In der Wohnung der Antragsgegnerin zu 2) wurde in den Jahren 1993/1994 eine Verfliesung des Küchenbodens vorgenommen. Im Jahr 2000 wurde in den Wohn- und Schlafräumen und im Flur ein Laminatboden verlegt.
Die Antragsteller begehren von den Antragsgegnern den Rückbau der harten Bodenbeläge und einen Ersatz durch einen weichfedernden Belag bei Unterschreitung der Mindestdämmwerte nach DIN 4109. Das AG hat die Antragsgegner verpflichtet, in ihrer über der Wohnung der Antragsteller gelegenen Wohnung in den Räumen mit Laminatboden als auch im gefliesten Küchenbereich die Trittschallanforderungen der gültigen DIN 4109 wieder herzustellen und hat die darüber hinausgehenden Anträge zurückgewiesen. Das LG hat mit Beschl. v. 7.3.2005 den Beschluss des AG aufgehoben und den Antrag insgesamt zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller, mit der sie die Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses und die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung erstreben und hilfsweise beantragen, den ursprünglich vorhandenen Zustand wieder herzustellen.
II. Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
1. Das LG hat ausgeführt:
Die Teilungserklärung enthalte keine besonderen Regelungen über die Zuweisung von Fußböden an das Gemeinschaftseigentum, sondern ordne in Nr. 3b der allgemeinen Bestimmungen der Gemeinschaftsordnung den Fußbodenbelag dem Sondereigentum zu. Nach § 13 Abs. 1 WEG könne jeder Wohnungseigentümer grundsätzlich mit seinem Sondereigentum nach Belieben verfahren, insb. auch den Bodenbelag durch einen anderen ersetzen. Eine Beschränkung ergebe sich jedoch aus § 14 Nr. 1 WEG. Maßgeblich für die Frage, welche Anforderungen an den Trittschallschutz zu stellen seien, seien in erster Linie die Vereinbarungen zwischen den Wohnungseigentümern. Eine solche liege jedoch nicht vor. Daher könnten die DIN-Vorschriften als brauchbarer Maßstab herangezogen werden. Anzuwenden sei nicht die heute gültige Norm, sondern die DIN 4109 von 1963. Maßgeblich sei nämlich der Zustand und die Normenlage bei Errichtung der Wohnanlage.
2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
a) Das LG hat entgegen § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG die übrigen Wohnungseigentümer nicht am Verfahren beteiligt. Dagegen ist vorliegend nichts zu erinnern, da die übrigen Wohnungseigentümer von dem Verfahrensausgang nicht betroffen sind. Auch der Senat hat deshalb von einer Beteiligung der übrigen Wohnungseigentümer abgesehen.
b) Zutreffend geht das LG davon aus, dass ein Anspruch nach § 15 Abs. 3 WEG, § 1004 Abs. 1 BGB nur dann besteht, wenn die Rechte der Antragsteller über das in § 14 Nr. 1 WEG bezeichnete Maß hinaus beeinträchtigt werden.
c) Ob andere Wohnungseigentümer durch eine bauliche Veränderung über das zulässige Maß hinaus beeinträchtigt werden, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung und ist durch das Rechtsbeschwerdegericht nur beschränkt nachprüfbar (BayObLG WuM 2004, 733). Ein der Rechtsbeschwerde zugänglicher Rechtsfehler kann im Subsumtionsvorgang liegen, wenn die Entscheidung des Tatrichters eine durch Tatsachen gestützte vollständige Abwägung der beteiligten Interessen vermissen lässt oder der Tatrichter bei der Bewertung relevanter Umstände unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (OLG Hamburg ZMR 2005, 71...