Leitsatz (amtlich)
1. Zum Umfang des Einsichtsrechts von Wohnungseigentümern in das Grundbuch eines anderen Wohnungseigentümers (hier: bei anteiligem Sondernutzungsrecht).
2. Bei Änderung der Teilungserklärung genügt für die Grundbucheintragung regelmäßig eine schlagwortartige Bezeichnung der Änderung.
Normenkette
GBO § 12 Abs. 1, 3; WEG § 7 Abs. 3, § 8 Abs. 2, § 10 Abs. 2-3; GBV § 46 Abs. 1; WGV § 1
Verfahrensgang
AG Freyung (Beschluss vom 15.06.2015) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Beteiligten vom 15./28.5.2015 wird, soweit ihr das Grundbuchamt nicht durch Beschluss vom 15.6.2015 abgeholfen hat, zurückgewiesen.
II. Die Beteiligte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligte ist Eigentümerin der Wohnung Nr. 3 (gemäß Aufteilungsplan) in einer Wohnanlage mit insgesamt vier Einheiten. Sie vermutet, dass im Grundbuch die der Wohnung Nr. 1 zugewiesenen Sondernutzungsrechte unzutreffend eingetragen und ihr dadurch im Zusammenhang mit der Veräußerung der Wohnung Nr. 1 Nachteile entstanden sind. Sie begehrt daher Einsicht in das betreffende Wohnungsgrundbuch sowie Einblick in die Urkunden, welche Grundlage der Eigentumsübertragung waren, und außerdem Behebung des angenommenen Eintragungsmangels. Dem liegt folgendes zugrunde:
Mit notarieller Teilungserklärung vom 20.7.1974 teilten die damaligen Eigentümer das Grundstück in der Weise auf, dass vier Miteigentumsanteile, verbunden jeweils mit dem Sondereigentum an einer Wohnung gemäß Aufteilungsplan, gebildet wurden. Der Wohnung Nr. 1 sind u.a. Sondernutzungsrechte an Gartenflächen sowie an den Speicherräumen des Wohngebäudes zugewiesen. Die Teilung wurde im Grundbuch vollzogen; Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums wurden unter Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung am 1.10.1974 im Grundbuch eingetragen.
Gemäß Kaufvertrag und Auflassung vom 1.6.1989 erwarben die Beteiligte und ihr Ehemann je hälftiges Miteigentum (unter anderem) an der Wohnung Nr. 3; das Eigentum an der Wohnung Nr. 1 erwarb aufgrund desselben Vertrags der inzwischen verstorbene Arnim B. Gemäß Ziff. XX der Urkunde vereinbarten die Erwerber der Einheiten Nr. 1 und Nr. 3 untereinander Folgendes:
XX. Vereinbarung zwischen den Erwerbern (teilweise Übertragung von Sondernutzungsrechten)
In ... sind für den jeweiligen Eigentümer der Wohnung Nr. 1 gemäß § 15 Wohnungseigentumsgesetz Sondernutzungsrechte vereinbart worden.
Herr Arnim B. als künftiger Eigentümer der Einheit Nr. 1 überträgt hiermit an die Ehegatten L. als künftiger Eigentümer der Einheit Nr. 3 ... den hälftigen Anteil an den genannten Sondernutzungsrechten.
Das Sondernutzungsrecht steht somit künftig dem jeweiligen Eigentümer der Einheit Nr. 1 und dem jeweiligen Eigentümer der Einheit Nr. 3 jeweils zur Hälfte zu.
Die Vertragsteile sind über den Rechtsübergang einig. Die Ehegatten L. verbinden das Sondernutzungsrecht in der Weise mit ihrem Wohnungseigentum Nr. 3, dass es nunmehr dessen Inhalt wird.
Im Grundbuch wurde am 31.10.1989 bei den Wohnungseigentumseinheiten Nr. 1 und Nr. 3 die Änderung der Teilungserklärung gemäß Bewilligung vom 1.6.1989 eingetragen.
Die Beteiligte ist inzwischen Alleineigentümerin der Wohnung Nr. 3. Die Wohnung Nr. 1 gehört seit Oktober 2010 Herrn W.
Die Beteiligte trug mit am 6.3.2015 eingegangenem Schreiben dem Grundbuchamt vor, sie habe seit Jahren Schwierigkeiten mit ihrem Sondereigentum. Die am 1.6.1989 vereinbarte Übertragung des hälftigen Sondernutzungsrechts von der Wohnung Nr. 1 auf die Wohnung Nr. 3 habe im Grundbuch "keinerlei Beachtung und Würdigung" gefunden. Sie bitte um sofortige Behebung des Versäumnisses. Mit Schreiben vom 9.3.2015 teilte das Grundbuchamt mit, dass die Änderung der Teilungserklärung unter Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung in den jeweiligen Grundbüchern eingetragen und somit nichts veranlasst sei.
Die Beteiligte bestand indessen darauf, Auskunft über Art, Datum und Konditionen der Übereignung des Sondereigentums Nr. 1 zu erhalten. Mit Schreiben vom 5.5.2015 hat das Grundbuchamt - Rechtspflegerin - mitgeteilt, dass die erbetenen Auskünfte und eine Einsichtnahme in das Grundbuch sowie in die Grundakte der Wohnungseinheit Nr. 1 wegen fehlenden berechtigten Interesses nicht gewährt werden könnten.
Gegen die Behandlung ihres Ersuchens wendet sich die Beteiligte mit ihren Eingaben vom 15. und 28.5.2015. Zur Darlegung ihres Interesses an der begehrten Einsicht verweist sie auf die Sonderrechtsverbindung zum Eigentümer der Einheit Nr. 1 im Hinblick auf die vertraglichen Vereinbarungen im Jahr 1989. Sie vermutet, die Eintragung im Grundbuch in der Form der Bezugnahme auf die Bewilligung vom 1.6.1989 habe die Verhältnisse nicht vollständig erfasst. Jedenfalls werde ihr der hälftige Anteil an den Sondernutzungsrechten streitig gemacht, wodurch sie bereits großen Schaden erlitten habe. Zur Durchsetzung ihres Rechts sei sie auf Informationen über die Umstände des Eigentumsübergangs an der Wohnun...