Leitsatz (amtlich)
1. Zur inhaltlichen Bestimmtheit einer Grunddienstbarkeit.
2. Eine Grunddienstbarkeit, die dem jeweiligen Eigentümer der Sondereigentumseinheit "Laden" die Vornahme folgender Handlungen verbietet:
Er darf in dieser Sondereigentumseinheit kein Gewerbe betreiben, außer es handelt sich um "stille Gewerbe mit nur geringfügiger Umfeldbeeinträchtigung". Insbesondere sind die Gewerbe ausgeschlossen, welche Lärm- und Geruchsbelästigungen wie Restaurants, Bars, Kaffees oder Discos verursachen bzw. unseriöse Gewerbe wie Nachtclubs oder Ähnliches. In jedem Fall ist der Betrieb eines Schmuckladens mit Werkstatt zulässig.
genügt nicht dem grundbuchrechtlichen Bestimmtheits- und Publizitätsgrundsatz.
Normenkette
BGB § 1018; GBO § 18 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Augsburg (Verfügung vom 17.09.2010; Aktenzeichen Blatt 55486-5) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des AG Augsburg - Grundbuchamt - vom 17.9.2010 aufgehoben, soweit darin eine Frist zur Konkretisierung der Dienstbarkeit gesetzt wird.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1 ist als Eigentümer von Wohnungs- und Teileigentum - nämlich eines Ladens und zweier Wohnungen - im Grundbuch eingetragen. An den Wohnungen sind für den Beteiligten zu 2 Eigentumsvormerkungen eingetragen. Mit notarieller Urkunde vom 8.9.2010 hat der Beteiligte zu 1 zugunsten der beiden Wohnungen die Eintragung folgender Dienstbarkeiten auf seinem Teileigentum bewilligt und beantragt:
Der jeweilige Eigentümer der dienenden Sondereigentumseinheit darf in diesen Räumen folgende Handlungen nicht vornehmen:
Er darf in dieser Sondereigentumseinheit kein Gewerbe betreiben, außer es handelt sich um "stille Gewerbe mit nur geringfügiger Umfeldbeeinträchtigung". Insbesondere sind die Gewerbe ausgeschlossen, welche Lärm- und Geruchsbelästigungen wie Restaurants, Bars, Kaffees oder Discos verursachen bzw. unseriöse Gewerbe wie Nachtclubs oder Ähnliches.
In jedem Fall ist der Betrieb eines Schmuckladens mit Werkstatt zulässig.
Mit Zwischenverfügung vom 17.9.2010 hat das Grundbuchamt, soweit noch von Bedeutung, Frist zur Beseitigung des folgenden Hindernisses gesetzt: Der Dienstbarkeitsinhalt "stille Gewerbe mit nur geringfügiger Umfeldbeeinträchtigung" sowie "unseriöse Gewerbe wie Nachtclubs oder Ähnliches" sei zu unbestimmt. Der Beschwerde der Beteiligten, die darauf hingewiesen haben, dass der Begriff des "stillen Gewerbes" ein im Bauplanungsrecht gebräuchlicher Maßstab und hier noch durch Regelbeispiele konkretisiert sei, hat das Grundbuchamt am 26.1.2011 nicht abgeholfen. Die Einschränkung des Inhalts der Dienstbarkeit sei nicht bestimmt genug bezeichnet. Auch die Aufzählung von insbesondere ausgeschlossenen Gewerben helfe nicht ab, da es sich lediglich um Beispiele handle.
II. Die vom beurkundenden Notar gem. § 15 Abs. 2 GBO für den Eigentümer und Antragsteller sowie den Vormerkungsberechtigten zulässig eingelegte (§§ 71 Abs. 1, 73 GBO) Beschwerde hat in der Sache (nur) vorläufigen Erfolg.
1. Die Zwischenverfügung (§ 18 Abs. 1 GBO) ist in dem hier gegenständlichen Teil aufzuheben, unabhängig davon, ob man die Rechtsansicht des Grundbuchamtes teilt und die Dienstbarkeit als nicht ausreichend bezeichnet ansieht. Folgt man dem, so liegt nämlich ein nicht behebbares Hindernis vor, so dass der Eintragungsantrag sofort zurückzuweisen wäre (vgl. Demharter, GBO, 27. Aufl., § 18 Rz. 12). Denn die zur Eintragung erforderliche Eintragungsbewilligung des unmittelbar Betroffenen liegt nicht vor, weil das einzutragende Recht inhaltlich geändert werden müsste (s. Meikel/Böttcher, GBO, 10. Aufl., § 18 Rz. 40). Es wäre eine neue Eintragungsbewilligung für eine Dienstbarkeit vorzulegen, die einen ausreichend bestimmten Inhalt hat. Dafür ist die Zwischenverfügung mit ihrer rangwahrenden Wirkung aber nicht vorgesehen.
2. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass er die in der Zwischenverfügung verlautbarte Rechtsansicht des Grundbuchamts teilt.
a) Entsprechend dem grundbuchrechtlichen Bestimmtheits- und Publizitätsgrundsatz ist der Rechtsinhalt einer Grunddienstbarkeit (§ 1018 BGB) so genau zu bezeichnen, dass er durch Auslegung - im Streitfall gegebenenfalls durch das Gericht - feststellbar ist. Der Rechtsinhalt muss aufgrund objektiver Umstände bestimmbar und für einen Dritten erkennbar und verständlich sein, so dass dieser in der Lage ist, die hieraus folgende höchstmögliche Belastung des Grundstückseigentums einzuschätzen und zumindest eine ungefähre Vorstellung davon zu gewinnen, welche Bedeutung die Dienstbarkeit für das Eigentum konkret haben kann (vgl. OLG Brandenburg FGPrax 2009, 100; Staudinger/Mayer, BGB, Neubearb. 2009, § 1018 Rn. 88 m.w.N.). Der Bestimmtheitsgrundsatz soll nämlich auch Streitfälle vermeiden helfen, indem für alle Beteiligten und Interessenten Klarheit über den Inhalt und Umfang des Rechts geschaffen wird (vgl. OLG Düsseldorf Rpfleger 1979, 305). Dabei können die objektiven Umstände jedoch auch außerhalb des Grundbuchs liegen, sofern sie nachprüfbar und w...