Leitsatz (amtlich)
Ein Kostenbeschluss im selbständigen Beweisverfahren gemäß § 494a Abs. 2 ZPO - der ergeht, wenn der Antragsteller einer Anordnung zur Klageerhebung nach Abs. 1 dieser Vorschrift nicht nachgekommen ist - hat nur vorläufigen Charakter und steht unter der auflösenden Bedingung, dass in dem nach der Fristsetzung anhängig gemachten Hauptsacheprozess eine abweichende Kostengrundentscheidung ergeht.
Normenkette
ZPO § 494a Abs. 2
Verfahrensgang
LG Kempten (Aktenzeichen 21 OH 2005/15) |
Nachgehend
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Im selbständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Kempten (Az. 21 OH 2005/15) beantragte der Antragsteller die Beweiserhebung über etwaige Planungsfehler des Antragsgegners im Rahmen der Erbringung von Architektenleistungen für ein Bauprojekt durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.
Nach Durchführung der Beweiserhebung wurde der Antragsteller auf Antrag der Antragsgegner mit Beschluss des Landgerichts vom 07.06.2019 zur Klageerhebung binnen 6 Wochen ab Zustellung des Beschlusses aufgefordert. Nachdem eine Klageerhebung innerhalb der gesetzten Frist nicht erfolgt war, erließ das Landgericht Kempten mit Beschluss vom 05.08.2019 gemäß § 494a Abs. 2 ZPO antragsgemäß eine Kostenentscheidung, wonach der Antragsteller die dem Antragsgegner entstandenen Kosten zu tragen habe. Rechtsmittel wurden gegen den Kostenbeschluss nicht eingelegt.
Im selbständigen Beweisverfahren stellte der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 08.08.2019, korrigiert mit Schriftsatz vom 20.09.2019, einen Kostenfestsetzungsantrag und machte zuletzt Rechtsanwaltskosten in Höhe von 6.663,30 EUR geltend.
Mit Klageschrift vom 03.09.2019 erhob der Antragsteller Klage gegen den Antragsgegner vor dem Landgericht Kempten (Az. 14 O 1523/19 Bau) auf Schadenersatz in Bezug auf die gegenständlichen Pflichtverletzungen aus dem Architektenvertrag.
Im Zuge des Kostenfestsetzungsverfahrens im selbständigen Beweisverfahren machte der Antragsteller unter Verweis auf die Rechtsprechung des BGH neben Einwendungen gegen einzelne Kostenpositionen geltend, dass unabhängig davon, ob die Klageerhebung fristgerecht erfolgt sei, in jedem Fall die in Anwendung materiellen Rechts ergehende Kostenentscheidung vorrangig heranzuziehen sei.
Demgegenüber brachte der Antragsgegner vor, dass mit dem Kostenbeschluss vom 05.08.2019 eine rechtskräftige Kostengrundentscheidung vorliege. Der Kostenbeschluss nach § 494a ZPO bilde eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens Kosten des Hauptsachverfahrens sind, über die grundsätzlich auch in diesem entschieden werden. Durch den rechtmäßig ergangenen und rechtskräftigen Beschluss vom 05.08.2019 sei abschließend über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens entschieden worden. Auch durch eine abweichende Kostengrundentscheidung im Hauptsachverfahren könne die Rechtskraft des Kostenbeschlusses nicht durchbrochen werden. § 494a ZPO sanktioniere nicht nur die Nichterhebung einer Hauptsachklage, sondern auch deren zu späte Erhebung. Die angeführte Rechtsprechung des BGH betreffe nicht die vorliegende Fallkonstellation, insbesondere liege der Entscheidung kein bereits rechtskräftiger Kostenbeschluss nach § 494a ZPO zugrunde.
Das Klageverfahren endete mit einem in der mündlichen Verhandlung vom 12.02.2020 geschlossenen Vergleich, wonach von den Kosten des Rechtsstreits der Beklagte 1/10 und der Kläger 9/10 zu tragen hat.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11.03.2020 setzte das Landgericht Kempten im selbständigen Beweisverfahren die von dem Antragsteller an den Antragsgegner gemäß § 104 ZPO nach dem rechtswirksamen Beschluss des Landgerichts Kempten vom 05.08.2019 zu erstattenden Kosten vollumfänglich auf 6.663,30 EUR nebst Zinsen antragsgemäß fest.
Ein Rechtsmittel wurde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11.03.2020 nicht eingelegt.
Mit Beschluss des Landgerichts Kempten vom 15.09.2020 hob die Rechtspflegerin von Amts wegen ihren Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11.03.2020 auf. Zur Begründung führt sie an, dass der Kostenfestsetzungsbeschluss zu Unrecht ohne Berücksichtigung der Kostenentscheidung des Hauptsacheverfahren ergangen und damit infolge Unrichtigkeit aufzuheben sei. Nachdem hier zwischen selbständigen Beweisverfahren und Hauptprozess Partei- und Streitgegenstandsidentität vorliege, zählten die im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten zu den Kosten des nachfolgenden Hauptsacheverfahrens und folgten der darin getroffenen Kostengrundentscheidung. Auch die Regelung des § 494a ZPO, die ganz ausnahmsweise für das selbständige Beweisverfahren einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch vorsehe, führe hier zu keinem anderen Ergebnis. Maßgebend sei für die isolierte Kostenentscheidung nach § 494a ZPO nicht die Fristversäumung, sondern das Unterlassen der Kl...