Leitsatz (amtlich)
1. Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass die Frage, ob ein "vorläufiges Bestreiten" des Insolvenzverwalters Veranlassung zur Fortsetzung des Rechtsstreits gegeben hat, unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach den zu § 93 ZPO entwickelten Grundsätzen zu beantworten ist.
2. Eine solche Veranlassung der Wiederaufnahme des Rechtsstreits besteht, wenn der Kläger davon ausgehen konnte, dass der Verwalter die ihm zuzubilligende angemessene Überlegungsfrist überschritten hat.
3. Die Angemessenheit der Überlegungsfrist des Verwalters kann sich im Regelfall an der gesetzlichen Vorgabe des § 29 Abs. 1 Ziff. 2 InsO orientieren, wonach der Zeitraum zwischen dem Ablauf der Anmeldefrist und dem Prüfungstermin höchstens zwei Monate betragen soll.
4. Will der Verwalter seine Forderungsprüfung über diesen Zeitraum hinaus ausdehnen, so ist es seine Obliegenheit, dem Gläubiger hiervon unter Angabe der Gründe Mitteilung zu machen.
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 05.04.2005; Aktenzeichen 3 HKO 10873/03) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des LG München I vom 5.4.2005 (Az.: 3 HKO 10873/03) in Ziff. 1 dahingehend abgeändert, dass der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Beschwerdewert wird auf 2.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Mit ihrer Klage vom 15.4.2003 begehrte die Klägerin Rückerstattung von Kaufpreis Zug um Zug gegen Rückgabe von sog. Reinigungssets. Während des Rechtsstreits wurde mit Beschluss des AG München vom 1.10.2004 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der ursprünglich beklagten E. GmbH eröffnet und der nunmehrige Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt.
Nachdem der Beklagte die streitgegenständlichen Ansprüche im Prüfungstermin vom 7.12.2004 "vorläufig bestritten" hatte, beantragte die Klägerin mit Schriftsatz vom 1.2.2005 die Wiederaufnahme des Rechtsstreits und Feststellung ihrer Forderungen zur Insolvenztabelle. Der Beklagte erkannte daraufhin mit Schreiben an das AG München vom 14.3.2005 die Forderungen der Klägerin an, der Rechtsstreit wurde von den Parteien in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.
Mit dem angegriffenen Beschl. v. 5.4.2005 erlegte das LG der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auf, da der Beklagte die Ansprüche sofort anerkannt habe. Die Klägerin habe den unterbrochenen Rechtsstreit mittels Feststellungsklage wieder aufgenommen, obwohl der Beklagte die Forderung nur vorläufig bestritten habe, um seiner Prüfungspflicht ausreichend nachzukommen. Dieses vorläufige Bestreiten habe sich "eingebürgert", um eine sonst notwendige Verschiebung des Prüfungstermins zu verhindern. Die Klägerin habe es unterlassen, vor Klageerhebung durch Rückfrage beim Beklagten zu klären, ob dieser das Bestreiten der Forderung aufrechterhält.
Mit ihrer Beschwerde rügt die Klägerin, dass das LG zu Unrecht § 93 ZPO für die Kostenentscheidung herangezogen habe.
II. Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist begründet. Gemäß dem Beschwerdeantrag sind dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Aufgrund des Bestreitens der Klageansprüche durch den Beklagten ist für eine Anwendung des § 93 ZPO kein Raum. Da die Klage im Zeitpunkt der Anerkennung der Forderungen zur Tabelle begründet war, entspricht es vielmehr der Billigkeit, dass der Beklagte gem. § 91a ZPO die Kosten zu tragen hat.
1. Mit der inzwischen ganz herrschenden Auffassung (BAG, Urt. v. 10.8.1988 - 5 AZR 478/87, ZIP 1988, 1587 [1589]; OLG München, Beschl. v. 8.1.1987 - 7 W 2912/86, KTS 1987, 327 [329]; Schumacher in MünchKomm/InsO, § 178 Rz. 37; Hess/Weis/Wienberg, 2. Aufl., § 179 InsO Rz. 7; Gottwald/Eickmann, Insolvenzrechtshandbuch, 2. Aufl., § 64 Rz. 7) ist auch ein nur "vorläufiges Bestreiten" des Insolvenzverwalters als Bestreiten i.S.d. § 179 Abs. 1 InsO anzusehen. Der Insolvenzverwalter bringt damit nämlich zum Ausdruck, dass er die angemeldete Forderung nicht oder noch nicht (beispielsweise bei Fehlen von Nachweisen) anerkennt.
2. Hieraus wird teilweise der Schluss gezogen, dass dem Verwalter, der die angemeldete Forderung zunächst im Prüfungstermin bestritten hatte und der nach Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 180 Abs. 2 InsO seinen Widerspruch zurücknimmt, regelmäßig die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen sind, wenn die Parteien sodann den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklären (Uhlenbruck, 12. Aufl., Rz. 14 zu § 180 InsO; Gottwald/Eickmann, Insolvenzrechtshandbuch, 2. Aufl., § 64 Rz. 8 mit einer Ausnahme für Fälle, in denen der Verwalter den Gläubiger alsbald zur Vorlage noch fehlender Nachweise auffordert mit dem Hinweis, dass der Widerspruch nach deren Beibringung zurückgenommen werde).
Die Gegenansicht lässt die Pflicht zur Kostentragung gem. § 93 ZPO eintreten, wenn der Kläger den Rechtsstreit wieder aufgenommen hat, ohne zuvor durch - ggf. mit Fristsetzung verbundene - Rückfrage ermittelt zu haben, ob der Verwalter an seinem vorläufigen Bestre...