Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückabwicklung einer von einer Bank vermittelten Fondsbeteiligung. Höhe des Schadens
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 23.10.2008; Aktenzeichen 22 O 12777/08) |
Gründe
Hinweis gemäß § 522 Abs. 2 ZPO vom 13.08.09:
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Der Senat hält die Berufung des Klägers für unzulässig, da eine Beschwer in Höhe von mehr als Euro 600 nicht erkennbar ist.
Zu den nachstehenden Hinweisen kann bis 10.09.2009 Stellung genommen werden.
I. Die Entscheidung des Landgerichts hält den Angriffen in der Berufungsbegründung der Beklagten in allen Punkten stand:
1. Entgangener Gewinn und Zinsen:
Die Rechtsansicht des Landgerichts, der Kläger könnte die bis zum Zeitpunkt der Klageerhebung entgangenen Zinsen als entgangenen Gewinn gemäß § 252 BGB, der gemäß § 287 ZPO auf 4 % zu schätzen sei, verlangen, ist nicht zu beanstanden. Die Vorschrift des § 287 Abs. 1 ZPO dient gerade dazu, die Schadenshöhe durch eine Ermessensentscheidung des Gerichts zu ermitteln, so dass der Kläger nicht mehr den vollen Beweis erbringen muss (Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., § 287 Rdn. 1). Im Hinblick auf die von dem Kläger alternativ angegebene Anlageform (vgl. Klägervortrag im Schriftsatz vom 04.03.2008, S. 7, Bl. 367 d.A.) erscheint ein entgangener Gewinn von 4 % Zinsen gemäß § 287 ZPO für den Senat jedenfalls nachvollziehbar.
Ab Rechtshängigkeit schuldet die Beklagte Prozesszinsen gemäß § 291 BGB. Ob die Auffassung der Beklagten, der Kläger hätte für einen Verzugseintritt der Beklagten die Gegenleistung ordnungsgemäß anbieten müssen, zutrifft, oder ob, was näherliegend erschiene, der Kläger der Beklagten nur seine vorhandenen Rechte aus der Beteiligung abtreten muss und alles weitere Sache der Beklagten als Schädigerin ist, kann derzeit dahinstehen. Denn die Beklagte hat in ihrer Rüge nicht vorgetragen, dass und wann sie bereits in erster Instanz ein entsprechendes Zurückbehaltungsrecht einredeweise erhoben hätte (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 68. Aufl. 2009, § 291 Rdn. 5 m.w.N.).
2. Mitverschulden:
Die Beklagte kann sich auf ein Mitverschulden des Klägers nicht berufen. Dies hat der BGH im Urteil vom 13.01.2004 - XI ZR 355/02, sogar für einen Rechtsanwalt angenommen und ausgeführt, dies stünde im Widerspruch zum Grundgedanken der Aufklärungs- und Beratungspflicht. Diese Rechtsprechung wird von den durch die Beklagte zitierten Entscheidungen verschiedener Oberlandesgerichte nicht beachtet. Eine Änderung dieser vom BGH als ständig bezeichnete Rechtsprechung ist nicht zu erwarten.
3. Positives Interesse:
Die angegriffene Feststellung beinhaltet nicht das Erfüllungsinteresse. Die Beklagte hat den Kläger so zustellen, wie wenn er sich nicht an den Fonds beteiligt hätte. Ihm sind die "aufgrund der Beteiligung entstandenen Nachteile" zu erstatten. Dies umfasst z.B. die Belastungen durch die Finanzierung der Beteiligung wie auch steuerrechtliche Säumniszuschläge (vgl. Klägervortrag im Schriftsatz vom 04.03.2008, S. 6, Bl. 366 d.A.); diese sind derzeit nicht bezifferbar. Die mit der Beteiligung erstrebten Steuervorteile sind damit nicht als ersatzfähiger Schaden zugesprochen.
4. Die Schriftsätze der Beklagten zur Frage ihrer Pflicht zur Offenbarung von Vermittlungsprovisionen bedürfen keiner Erörterung, weil die erfreulich knappe Berufungsbegründung vom 15.12.2008 hierzu keine Berufungsrüge enthält. Sie befasst sich unter B I bis III nur mit den oben unter 1 bis 3 behandelten Rechtsfragen.
II. Der Kläger hat nicht dargetan, dass er durch die angegriffene Formulierung zur Zug-um-Zug Übertragung der Beteiligungen (statt der Rechte aus ihnen) und der Ablehnung der Feststellung des Annahmeverzugs in Höhe von mehr als Euro 600 beschwert ist. Das Erreichen der Berufungssumme ist gemäß § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO glaubhaft zu machen, das ist nicht geschehen.
Die unzulässige selbständige Berufung des Klägers kann jedoch in eine unselbständige Anschlussberufung, die keine Beschwer erfordert, umgedeutet werden. Diese verliert jedoch mit der Zurückweisung der Berufung des Gegners ihre Wirkung, § 524 Abs. 4 ZPO.
III. Es wird angeregt, eine beiderseitige Berufungsrücknahme zu prüfen, sofern keine Einigung auf eine Vergleichssumme zu erzielen ist.
Fundstellen