Leitsatz (amtlich)
1. Spruchverfahren können in entsprechender Anwendung von § 148 ZPO ausgesetzt werden, wenn ein (Zivil)rechtsstreit greifbaren Einfluss auf die Unternehmensbewertung auszuüben vermag und die Aussetzung den Verfahrensbeteiligten zumutbar ist.
2. Gegen die Entscheidung des LG, ein Spruchverfahren auszusetzen, ist in entsprechender Anwendung von § 252 ZPO das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde statthaft.
Normenkette
ZPO §§ 148, 252; SpruchG §§ 11-12
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 21.12.2006; Aktenzeichen 5 HK O 13522/04) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers zu 5 gegen den Beschluss des LG München I vom 21.12.2006 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsteller waren Aktionäre der E. & M., welche auf die Antragsgegnerin verschmolzen wurde. Sie beantragen in dem anhängigen Spruchverfahren die Festsetzung einer baren Zuzahlung, weil das gewährte Umtauschverhältnis, welches in Aktien beglichen wurde, nicht angemessen sei. Das LG unterbreitete im Beweisbeschluss vom 1.8.2005 einem Sachverständigen die Frage, ob bei der Ermittlung des Unternehmenswerts die in dem rechtshängigen Verfahren vor dem LG München I geltend gemachten Schadensersatzansprüche gegen ehemalige Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats der übertragenden Gesellschaft von Belang für eine bare Zuzahlung seien. Der Sachverständige kam in seinem Zwischenbericht vom 15.12.2005 zu dem Ergebnis, dass der Ausgang des Verfahrens gegen die früheren Organmitglieder den zu bestimmenden Unternehmenswert maßgeblich beeinflussen könnte. Das LG hat mit Beschluss vom 21.12.2006 das gegenständliche Spruchverfahren bis zur Entscheidung des Rechtsstreits vor der erkennenden Kammer (Az 5 HK O 19261/04) in erster Instanz über das Bestehen von Schadensersatzansprüchen der Antragsgegnerin gegen ihre ehemaligen Organmitglieder ausgesetzt. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers zu 5 vom 3.1.2007.
II. Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.
1. In Spruchverfahren ist im Fall der Aussetzung des Verfahrens in entsprechender Anwendung von §§ 148, 252 ZPO die sofortige Beschwerde statthaftes Rechtsmittel. Die Statthaftigkeit ergibt sich nicht bereits aus § 12 Abs. 1 Satz 1 SpruchG, da das dort bezeichnete Rechtsmittel nur Endentscheidungen i.S.d. § 11 SpruchG behandelt. Im Übrigen wird die Auffassung vertreten, dass gegen Zwischenentscheidungen, welche die Rechte der Verfahrensbeteiligten betreffen, in Spruchverfahren die einfache Beschwerde statthaft ist (Kölner Kommentar zum SpruchG/Wilske § 12 Rz. 5 m.w.N.); Klöcker/Frowein Spruchverfahrensgesetz § 12 Rz. 3; MünchKomm/AktG/Volhard 2. Aufl., § 12 SpruchG Rz. 15). Dieses gilt jedoch nicht im Falle einer Aussetzung des Verfahrens entsprechend § 148 ZPO; denn in den Verfahren, auf die § 148 ZPO unmittelbar Anwendung findet, ist gegen einen in erster Instanz erlassenen Aussetzungsbeschluss das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben (§ 252 ZPO). Nichts anderes kann für die Aussetzung in Spruchverfahren gelten. Eine solche Handhabung entspricht dem in anderen Verfahren entwickelten Grundsatz, dass hinsichtlich der Statthaftigkeit von Rechtsmitteln gegen Beschlüsse, die in entsprechender Anwendung von Vorschriften der Zivilprozessordnung erlassen worden sind, auf die einschlägigen Vorschriften der ZPO zurückgegriffen werden kann (vgl. für das Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit: BayObLGZ 2002, 89 und 147; OLG Düsseldorf FGPrax 2003, 283; für die Kostenbeschwerde: BayObLG v. 9.3.2005 - 1Z BR 116/04, FamRZ 2006, 137).
2. In Spruchverfahren kann mangels entsprechender gesonderter Vorschriften der allgemeine, in § 148 ZPO enthaltene Grundsatz herangezogen werden, wonach die Aussetzung eines Verfahrens als zulässig anzusehen ist, wenn Vorgreiflichkeit gegeben ist. Eine solche ist zu bejahen, wenn die das Verfahren beendende Entscheidung ganz oder teilweise von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet, und wenn die Aussetzung des Verfahrens den Beteiligten zumutbar ist (BayObLG v. 9.3.2005 - 1Z BR 116/04, FamRZ 2006, 137; OLG Düsseldorf AG 1995, 467/468; Wittgens, Das Spruchverfahrensgesetz S. 233).
Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Entscheidung des LG nicht zu beanstanden. Die Aussetzung liegt im Ermessen des Erstrichters. Vom Beschwerdegericht kann die Ausübung des Ermessens nur eingeschränkt überprüft werden, nämlich auf die Einhaltung der Grenzen des Ermessens und Ermessensfehlgebrauch (BGH MDR 2006, 704, BayObLG v. 9.3.2005 - 1Z BR 116/04, FamRZ 2006, 137; Zöller/Greger ZPO 26. Aufl., § 252 Rz. 3). Diese Einschränkung des Prüfungsumfangs gilt auch in Verfahren, in welchen §§ 148, 252 ZPO nur entsprechend angewendet werden (vgl. BayObLG v. 9.3.2005 - 1Z BR 116/04, FamRZ 2006, 137; a.A.: OLG Düsseldorf AG 1995, 467/468).
Ermessensfehler des LG sind nic...