Leitsatz (amtlich)
1. Neben dem Anspruch auf Beseitigung einer rechtswidrigen baulichen Veränderung nach § 1004 Abs. 1 BGB, § 22 Abs. 1 WEG besteht auch ein Anspruch auf Verschaffung des unmittelbaren Mitbesitzes am gemeinschaftlichen Eigentum, wenn die bauliche Veränderung sowohl ein Vorenthalten des Besitzes als auch eine andere Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Eigentums darstellt.
2. Auch bei Vorliegen eines bestandskräftigen Eigentümerbeschlusses, wonach Beseitigungsansprüche durch den Verband ausgeübt werden sollen, ist die Geltendmachung durch einzelne Wohnungseigentümer nicht ausgeschlossen.
Normenkette
WEG a.F. § 22 Abs. 1; BGB §§ 902, 985, 1004 Abs. 1
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 21.06.2007; Aktenzeichen 1 T 17641/06) |
AG München (Aktenzeichen 481 UR II 512/06 WEG) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG München I vom 21.6.2007 wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die gerichtlichen und die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 56.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Antragsteller und Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer aus vier aneinander gebauten Häusern bestehenden Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.
Die Wohngebäude sind terrassenförmig angelegt, wobei sich vor dem Erdgeschoss des Hauses I eine große Terrasse und vor dem 3. Stock des Hauses II, dem 5. Stock des Hauses III und dem 7. Stock des Hauses IV jeweils eine große Dachfläche befindet.
Der Antragsteller ist Sondereigentümer der im Aufteilungsplan mit Nr. 232 bezeichneten Wohnung im 3. Obergeschoss des Hauses II. Vor der Wohnung, die der Antragsteller im Jahr 1998 erworben hat, liegen eine Dachfläche mit einer Größe von etwa 300 qm sowie ein Balkon, zu denen der Zugang über die Wohnung erfolgt. Auf der Dachfläche haben die Rechtsvorgänger des Antragstellers etwa im Jahre 1975 vor dem Wohnzimmer einen Wintergarten-Anbau bis zur vorstehenden Betondecke des darüberliegenden Geschosses in der Größe von etwa 4 × 15 qm errichten lassen und damit zusätzlichen Wohnraum geschaffen. Wegen der baulichen Ausführung des Anbaus wird auf die amtsgerichtliche Entscheidung Bezug genommen.
In der Teilungserklärung vom 22.1.1971 ist das Wohnungseigentum des Antragstellers als "Miteigentumsanteil zu 21,55/1.000, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 232 bezeichneten Wohnung im 3. Obergeschoss des Hauses II mit Kellerraum" beschrieben. Der Beschrieb dieser Wohnung ähnelt demjenigen aller übrigen Wohnungen. Im Aufteilungsplan sind die im Sondereigentum stehenden Wohnungen flächig farblich dargestellt. Weder die vor den einzelnen Wohnungen liegenden Balkone noch die Dachterrassen sind besonders gekennzeichnet, vielmehr sind sie ohne farbliche Kennzeichnung wie auch das sonstige Gemeinschaftseigentum, z.B. das Treppenhaus. Sondernutzungsrechte sind ebenfalls nicht erwähnt oder dargestellt. Die Dachfläche vor der Wohnung des Antragstellers ist in den Plänen nicht näher bezeichnet, ebenso wenig wie die Dachfläche vor der Wohnung im 5. Stock des Hauses III. Lediglich die Dachfläche vor dem 7. Stock des Hauses IV weist die Bezeichnung "Dachterrasse" ohne farbliche Kennzeichnung auf.
In der Eigentümerversammlung vom 7.4.1981 wurde mehrheitlich bestandskräftig beschlossen, dass der Anspruch auf Entfernung des Wintergartens gerichtlich geltend gemacht werden solle und dass der Verwaltungsbeirat den Zeitpunkt hierfür festlegen könne. Dieser befasste sich in Sitzungen am 24.11.1981, 3.2.1982 und 3.3.1983 mit der Angelegenheit. In einer weiteren Eigentümerversammlung vom 19.5.1983 wurde die Beseitigung des Anbaus wiederum erörtert. Eine Entscheidung ist in den Folgejahren nicht ergangen.
In der Wohnungseigentümerversammlung vom 7.4.2006 wurden unter Tagesordnungspunkt (TOP) 3 "Beschlussfassung über die Dachflächensanierung und dessen Finanzierung" folgende bestandskräftige Beschlüsse gefasst:
"Es ergeht der mehrheitliche Beschluss,..., die Dachflächen zu sanieren. Die Kosten für diese Sanierung liegen schätzungsweise ca. 450.000 EUR.
Es ergeht der mehrheitliche Beschluss,..., über die Art der Finanzierung dieser Maßnahme in einer gesonderten Eigentümerversammlung zu entscheiden, wenn weitere Angebote vorliegen ..."
Unter TOP 6 beschlossen die Wohnungseigentümer:
"Beschluss: Es ergeht der mehrheitliche Beschluss,..., dass die sich auf der Terrasse der Einheit V. erstellen Erweiterung des Wohnzimmers um ca. 60 m2 rückzubauen ist, hierfür werden die Rechtsanwälte P. mit der außergerichtlichen Geltendmachung - und falls erforderlich gerichtlichen Durchsetzung des Anspruchs - der Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragt."
Der Antragsteller hat den Beschluss zu TOP 6 angefochten. Neben der Abweisung des Anfechtungsantrags haben die Antragsgegner vor dem AG folgende Gegenanträge gestellt:
"Der Antragsteller wird verpflichtet, die Erweiterung des Wohnraums um ca. 60 qm (4m × ...