Leitsatz (amtlich)

Die Identität der erwerbenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts sowie die Vertretungsberechtigung der für sie handelnden Personen kann im Anwendungsbereich des § 20 GBO nicht durch einen acht Jahre alten notariell abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag erbracht werden, auch wenn die Beteiligten dazu versichern, am Gesellschafterbestand der auf Bestand angelegten Familiengesellschaft habe sich seitdem nichts geändert (Anschluss an OLG München vom 20.7.2010, 34 Wx 063/10, ZIP 2010, 1496).

 

Normenkette

GBO §§ 20, 29 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Starnberg (Beschluss vom 15.06.2010)

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des AG Starnberg - Grundbuchamt - vom 15.6.2010 wird zurückgewiesen.

II. Der Beschwerdewert beträgt 29.953 EUR.

III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Mit notariellem Vertrag vom 8.3.2010 verkaufte der Beteiligte zu 1 ein Grundstück an die Beteiligte zu 2, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) namens "GbR Gewerbegebiet G.-Süd", bestehend aus deren Gesellschaftern, den Beteiligten zu 3 bis 7. Die Auflassung wurde erklärt. Die Beteiligten zu 3 bis 7 versicherten, dass sie allein und ausschließlich unverändert die einzigen Gesellschafter der Beteiligten zu 2 seien. Sie verwiesen auf den sich bei den Grundakten des AG befindlichen notariellen Gesellschaftsvertrag vom 22.2.2002 und einen zur Urkunde desselben Notars vom 28.2.2008 geschlossenen Veräußerungsvertrag über Gesellschaftsanteile. Auch dieser Vertrag sei bereits zu den Grundakten eingereicht worden. Die Beteiligten zu 3 bis 7 versicherten zudem, weitere Änderungen im Gesellschafterbestand hätten nicht stattgefunden. Die vorgenannte GbR sei u.a. eingetragene Eigentümerin von Grundbesitz in derselben Gemarkung.

Zur Sicherung des Übereignungsanspruchs bewilligte der Beteiligte zu 1 die Eintragung einer Eigentumsvormerkung, die am 12.4.2010 eingetragen wurde.

Unter dem 27.5.2010 wurde die Eintragungsbewilligung erklärt und u.a. die Eintragung der Beteiligten zu 2 (GbR) als Eigentümerin beantragt.

Mit Beschluss vom 15.6.2010 hat das Grundbuchamt die Eintragungsanträge zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, dass es zu prüfen habe, ob die erwerbende GbR wirksam vertreten worden sei. Der Vertretungsnachweis müsse in der Form des § 29 GBO geführt werden. Dazu könne nicht auf den Grundbuchinhalt Bezug genommen werden, wonach diese Gesellschaft bereits als Eigentümerin von Grundbesitz eingetragen sei; denn § 899a BGB gelte ausdrücklich nur in Ansehung des jeweils eingetragenen Rechts. Auch etwa bestehende Gesellschaftsverträge seien als Nachweis ungeeignet, da sie jederzeit formfrei sowohl hinsichtlich des Gesellschafterbestands als auch hinsichtlich anderer Regelungen geändert werden könnten. Der Nachweis, dass ein Gesellschafterwechsel und/oder eine Vertragsänderung stattgefunden hätten, sei in der Form des § 29 GBO nicht möglich. Eine eidesstattliche Versicherung über das Nichtvorliegen weiterer Änderungen komme nicht in Betracht, da das Grundbuchamt mangels entsprechender gesetzlicher Vorschriften nicht zur Abnahme befugt und die Versicherung daher rechtlich wertlos sei. Der Antrag sei daher sogleich zurückzuweisen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Vertragsbeteiligten. Sie wird damit begründet, dass die Gesellschaft ausschließlich aus den Eltern und deren drei Kindern bestehe, über diversen weiteren Grundbesitz im Bereich des Grundbuchamts verfüge, als Steuersubjekt beim Finanzamt geführt werde und somit als Gesellschaft nachweislich existent, klar identifiziert und durch alle Gesellschafter persönlich oder aufgrund Vollmacht vertreten sei. Im Kaufvertrag werde versichert, dass die auf Erwerberseite beteiligten Personen allein und ausschließlich unverändert die einzigen Gesellschafter seien. Es handele sich bei der Beteiligten zu 2 um eine auf Bestand angelegte besitzende Familiengesellschaft, bei der häufige Gesellschafterwechsel nicht die Regel seien. Dem Grundbuchamt seien keine Tatsachen bekannt, welche die Unrichtigkeit der abgegebenen Versicherung zweifelsfrei ergäben. Sämtliche Gesellschafter seien bei Beurkundung zugegen bzw. vertreten gewesen. Hätte das Grundbuchamt Zweifel an der Identität gehabt, hätte es auch bereits die Auflassungsvormerkung nicht eintragen dürfen. Der BGH habe in seinem Beschluss vom 4.12.2008 (NJW 2009, 594) zum Ausdruck gebracht, dass die Verkehrsfähigkeit der GbR stets vorrangig sei. Mit dem Gesetz vom 11.8.2009 (ERVGBG; BGBl. I, 2713) habe der Gesetzgeber das Ziel verfolgt, die GbR nicht als "res extra commercium" zu stellen, sondern die Handlungsfähigkeit und Verfügbarkeit sicher zu stellen. Das Grundbuchamt habe diesen Willen des Gesetzgebers entsprechend umzusetzen. Die GbR müsse deshalb auch die Eintragungsvoraussetzungen für den Vollzug des Kaufvertrags, nämlich den Erwerb von Grundeigentum, erfüllen können. Bei Gesellschaften, für die ein Nachweis durch öffentliche Urkunden mangels Registerfähigkeit nicht zur Verfügung stehe, müsse die einmal formgerecht nachg...

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