Leitsatz (amtlich)
Zur nachträglichen Eintragung eines bisher nicht gebuchten (schuldrechtlichen) Sondernutzungsrechts ist grundsätzlich die Mitwirkung aller Wohnungseigentümer notwendig, wenn die Teilungserklärung vorsieht, dass der Inhaber des Rechts dieses - formfrei - auf einen anderen Miteigentümer übertragen kann (Ergänzung zu OLG München vom 11.5.2012, 34 Wx 137/12).
Normenkette
GBO §§ 19, 29; WEG § 10 Abs. 3, § 15 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Neu-Ulm (Beschluss vom 09.08.2012; Aktenzeichen Blatt 4142-7) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des AG Neu-Ulm - Grundbuchamt - vom 9.8.2012 wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert beträgt 10.000 EUR.
Gründe
I. Die Beteiligte ist seit 24.5.2012 als Eigentümerin eines Wohnungseigentums im Grundbuch eingetragen. Die Wohnung gehörte zuvor der Erblasserin D., die das Eigentum aufgrund eines Tauschvertrages vom 21.4.1982 von den Eheleuten I. erworben hatte. In jenem Vertrag ist festgehalten, dass den Veräußerern neben der im Aufteilungsplan mit der Nr. 14 bezeichneten Wohnung auch die Nutzung an dem Pkw-Einstellplatz Nr. 5 zustehe. Dieses Nutzungsrecht wurde zusammen mit der Wohnung getauscht. Die Eintragung von Frau D. als Eigentümerin erfolgte am 8.12.1983. Die Beteiligte ihrerseits erwarb das Wohnungseigentum mit notariellem Vertrag vom 6.3.2012 von der gerichtlich bestellten Nachlasspflegerin zum Zwecke der Vermächtniserfüllung. In dem Vertrag ist das Sondernutzungsrecht nicht erwähnt, sondern nur davon die Rede, dass, soweit vorhanden, das jeweilige im Eigentum der Erblasserin stehende Zubehör mit übertragen sei.
Die Teilungserklärung vom 8.1.1980 enthält in § 20 zu den Stellplätzen folgende Regelung:
Pkw-Einstellplätze
Bei der Wohnanlage befinden sich auch drei überdachte Stellplätze und acht oberirdische Stellplätze. Diese sind im Erdgeschoss-Plan des Aufteilungsplans mit den Nrn. 1 bis 3 und 4 bis 11 bezeichnet.
Die Pkw-Einstellplätze sind gemeinschaftliches Eigentum der Wohnungs- und Teileigentümer ...
Die Nutzung der 11-Pkw-Einstellplätze steht den Wohnungs- und Teileigentümer nicht gemeinschaftlich zu, sondern wird wie folgt geregelt:
Die Nutzung an den Einstellplätzen steht Herr ... und seiner Ehefrau ... (= die ursprünglichen Eigentümer) zu. Sie sind berechtigt, das Nutzungsrecht an jedem Einstellplatz auf einen Wohnungs- oder Teileigentümer der Wohnanlage zu übertragen. Soweit dies geschieht, steht dann die Nutzungsbefugnis dem jeweiligen Wohnungs- und Teileigentümer und dessen Rechtsnachfolger im Wohnungs- und Teileigentum zu.
Der jeweilige Wohnungs- oder Teileigentümer wiederum kann mit Zustimmung des Verwalters die Nutzungsbefugnis mit der gleichen Rechtsfolge auf einen anderen Wohnungs- oder Teileigentümer der Wohnanlage übertragen.
...
An Dritte, die nicht Wohnungs- oder Teileigentümer der Wohnanlage sind, kann die Nutzungsbefugnis nicht übertragen werden.
...
Unter dem 12.7.2012 hat die Beteiligte mit notariell beglaubigter Urkunde beantragt, das Sondernutzungsrecht im Grundbuch ihres Wohnungseigentums zu vermerken.
Mit Beschluss vom 9.8.2012 hat das Grundbuchamt diesen Antrag zurückgewiesen mit folgender Begründung: Die Eigentümerin habe den Grundbesitz aufgrund Vermächtniserfüllung vom 6.3.2012 erworben. In dieser Urkunde sei das Sondernutzungsrecht nicht mitübertragen worden. Da nach der Teilungserklärung das Sondernutzungsrecht innerhalb der Gemeinschaft übertragbar sei, könne nicht ausgeschlossen werden, dass es unabhängig von der Wohnung an einen anderen Wohnungseigentümer veräußert worden sei. Zur Buchung des Rechts sei daher die Zustimmung aller Eigentümer in der Form des § 29 GBO erforderlich.
Hiergegen wendet sich die vom Notar für die Beteiligte eingelegte Beschwerde, die folgendermaßen begründet wird: Das Sondernutzungsrecht sei Inhalt des der Beteiligten gehörenden Sondereigentums an der Wohnung Nr. 14. Es sei nämlich nicht nur als rein schuldrechtliches Nutzungsrecht existent gewesen, sondern bereits durch Eintragung im Grundbuch "verdinglicht". Durch die Zuweisungserklärung im Tauschvertrag vom 21.4.1982 sei die aufschiebende Bedingung für das Entstehen des "verdinglichten" Sondernutzungsrecht eingetreten und dem Grundbuchamt in der Form des § 29 GBO nachgewiesen worden. Strittig sei, ob für die "positive Komponente" neben der formgerechten Zuweisungserklärung auch noch explizit die Eintragung im Grundbuch zu erfolgen habe, um das Sondernutzungsrecht in seiner verdinglichten Form zur Entstehung gelangen zu lassen. Teilweise werde die Zuweisung als ausreichend angesehen, da die Grundlagenvereinbarung bereits eingetragen und durch die Verweisung auf die Teilungserklärung der nach § 10 Abs. 3 WEG erforderlichen Eintragung genüge getan sei. Wolle man der Auffassung, das Sondernutzungsrecht sei schon Inhalt des Sondereigentums an der Wohnung Nr. 14, nicht folgen, komme es gleichwohl auf die Frage, wie ein Sondernutzungsrecht entstehe, nicht an. Im Tauschvertrag aus dem Jahr 1982 sei in Ausnutzung eines entsprechenden Vorbehalts die ...