Leitsatz (amtlich)
Die Begründung von Wohnungseigentum in Form der Teilung durch den Eigentümer unterliegt auch mit Rücksicht auf die Rangklassenprivilegierung von Ansprüchen der Eigentümergemeinschaft in § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG nicht dem Zustimmungserfordenis von Grundpfandrechtsgläubigern (Anschluss an KG v. 30.11.2010 - 1 W 455/10, 1 W 468/10 - und OLG Oldenburg v. 5.1.2011 - 12 W 296/10, je ZfIR 2011, 254).
Normenkette
BGB §§ 876-877; WEG § 8; ZVG § 10 Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
AG Wolfratshausen (Aktenzeichen Blatt 5207-4) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des AG Wolfratshausen - Grundbuchamt - vom 5.4.2011 - Ziff. 2. - aufgehoben.
Gründe
I. Den beiden Beteiligten gehört zur Hälfte ein Grundstück. Dieses ist in der Dritten Abteilung mit Grundpfandrechten belastet. Mit notariellem Vertrag vom 16.3.2011 teilten sie den Grundbesitz in Wohnungseigentum dergestalt auf, dass mit je einem halben Miteigentumsanteil das Sondereigentum an den Wohnungen Nr. 1 und Nr. 2 jeweils mit Nebenräumen verbunden wird. Auf den namens der Antragsberechtigten gestellten Vollzugsantrag vom 23.3.2011 hat das Grundbuchamt am 5.4.2011 unter Fristsetzung eine Zwischenverfügung - soweit hier erheblich - folgenden Inhalts erlassen:
Die Zustimmungen der Gläubiger der Rechte in Abt. III sind vorzulegen, da die Gläubiger durch die Privilegierung der Wohngeldansprüche in der Zwangsversteigerung zumindest mittelbar betroffen sind, ...
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten. Verwiesen wird auf die dieser Auffassung entgegenstehende Rechtsprechung (KG v. 30.11.2010, ZWE 2011, 81 = ZfIR 2011, 254).
Das Grundbuchamt hat am 28.4.2011 nicht abgeholfen. Der Rechtsprechung des KG (ihm folgend OLG Oldenburg v. 5.1.2011, ZfIR 2011, 254) könne nicht beigetreten werden. Das Grundpfandrecht bleibe zwar als Gesamtrecht an allen Wohnungseigentumseinheiten bestehen. Es werde jedoch rechtlich beeinträchtigt, weil im Fall der Zwangsversteigerung dem Recht die Ansprüche der Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG vorgingen. Solche Ansprüche müsse ein Grundpfandrechtsgläubiger ohne Aufteilung nicht befürchten; vielmehr schiebe sich erst durch die Aufteilung in Wohnungseigentum diese Rangklasse vor die Ansprüche des Grundpfandrechtsgläubigers. Eine Verlagerung der Problematik auf einen späteren Zeitpunkt komme nicht in Betracht. Für die Zustimmung nach § 19 GBO genüge die mittelbare Beeinträchtigung. Die Gläubiger der Rechte in der Dritten Abteilung seien, abstrakt betrachtet, rechtlich betroffen, da sich ihre Rangposition verschlechtern könnte. Ob dies sofort oder zu einem späteren Zeitpunkt der Fall sei, sei unerheblich.
II. Die Beschwerde ist nach § 18 Abs. 1 Satz 1, § 71 Abs. 1, §§ 72, 73 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GBO i.V.m. § 15 Abs. 2 GBO zulässig. Die Beschränkung der Beschwerde auf im ersten Rechtszug ergangene Endentscheidungen in § 58 Abs. 1 FamFG hat auf die Rechtsmittelfähigkeit von Zwischenverfügungen des Grundbuchamts nach § 18 Abs. 1 GBO keine Auswirkungen (vgl. auch OLG Hamm RNotZ 2011, 243/244).
1. Die Beschwerde erweist sich als begründet. Das Grundbuchamt ist anzuhalten, unter Abstandnahme von seinen Bedenken gemäß der Rechtsauffassung des Senats erneut über den Eintragungsantrag zu entscheiden.
a) Bis zum Inkrafttreten des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG (in der Fassung durch Art. 2 Nr. 1 Buchst. a des Gesetzes vom 26.3.2007, BGBl. I, 370) war es herrschende Meinung, dass die Zustimmung von Globalgrundpfandgläubigern bei der Aufteilung in Wohnungseigentum gem. § 8 WEG nicht erforderlich ist (BGHZ 49, 250; Weitnauer/Briesemeister, WEG, 9. Aufl., § 3 Rz. 74; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl., Rz. 2849; Bärmann/Armbrüster, WEG, 11. Aufl., § 2 Rz. 23; s. zu allem auch Kesseler NJOZ 2010, 1466). Denn die Aufteilung in Wohnungseigentum lässt das Haftungsobjekt als Ganzes unverändert. Die Summe aller Wohnungseigentumsrechte ist mit dem ungeteilten Grundstückseigentum identisch (Rapp in Beck'sches Notarhandbuch, 5. Aufl., Rz. 41).
b) Nach der mit der WEG-Novelle einhergehenden Neufassung von § 10 Abs. 1 ZVG mit der Rangklassenprivilegierung der Wohnungseigentümer in Nr. 2 stellt sich die Frage, ob die Aufteilung in Wohnungseigentum im Hinblick auf § 876, § 877 BGB (direkt oder entsprechend angewandt) der Zustimmung von Grundpfandgläubigern bedarf. Dies wird insbesondere von Kesseler (NJOZ 2010, 1466; ders., ZNotP 2010, 335; Timme/Kesseler, WEG, § 3 Rz. 30; auch Palandt/Bassenge, BGB, 70. Aufl., § 3 WEG Rz. 1) bejaht. Der Gläubiger befinde sich durch die Aufteilung in einer vollstreckungsrechtlich nachteiligen Situation. Er müsse sich nämlich nunmehr im Rahmen der Zwangsverwertung nicht nur die etwa vor ihm stehenden dinglichen Rechte, die ohnehin auf dem Grundstück lastenden öffentlichen Lasten und die Kosten des Verfahrens vorgehen lassen, sondern auch die Forderungen, die sich aus den zwischen den Miteigentümern bestehenden Beziehungen ergeben; diese mögliche Beeinträchtigung sei direkte Folge der Aufteilung in Wo...