Entscheidungsstichwort (Thema)

Unbegründete Streitwertbeschwerde

 

Leitsatz (amtlich)

Das für die Bestimmung des Streitwerts maßgebliche wirtschaftliche Interesse an der Feststellung, dass ein Darlehen durch Widerruf beendet sei und sich in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt habe, ergibt sich aus dem höheren Betrag der kumulierten Zinsen einerseits, die durch den Widerruf in der Zeit vom Widerruf und bis zum Ablauf der Zinsbindungsfrist erspart werden, und dem Vorfälligkeitsentgelt andererseits.

 

Normenkette

GKG §§ 40, 48 Abs. 1, § 68; ZPO §§ 3, 9; BGB § 346 Abs. 1, §§ 357-358

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 12.11.2015; Aktenzeichen 35 O 5304/15)

 

Tenor

1. Auf die Streitwertbeschwerde der Kläger wird der Beschluss des LG München I vom 12.11.2015, Az. 35 O 5304/15, dahingehend abgeändert, dass der Streitwert für das Verfahren und den Vergleich auf bis zu 95.000 EUR festgesetzt wird.

2. Im Übrigen wird die Streitwertbeschwerde zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Kläger erklärten den Widerruf zweier bei der Beklagten aufgenommenen Darlehen und beantragten Zug um Zug gegen Zahlung von insgesamt 159.450,81 EUR die Freigabe von Grundschulden in Höhe von 300.000 EUR. Nach einvernehmlicher Beilegung des Rechtsstreits durch Vergleich setzte das LG München I den Verfahrensstreitwert mit Beschluss vom 29.07.2015 auf 30.000 EUR fest.

Hiergegen erhoben die Klägervertreter mit Schriftsatz vom 15.12.2015 Beschwerde und begehrten die Heraufsetzung des Streitwertes auf 300.000 EUR.

Das LG München I half der Beschwerde teilweise ab, änderte den Streitwert auf 101.955,50 EUR und legte sie im Übrigen dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor.

II. Die gemäß § 68 GKG zulässige Streitwertbeschwerde erweist sich als unbegründet.

Dem Vertreter der Kläger steht wegen der von ihm behaupteten zu niedrigen Festsetzung des Streitwertes ein Beschwerderecht aus eigenem Recht nach § 32 Absatz 2 RVG zu.

Das Vorbringen in der Beschwerdebegründung wurde vom Senat geprüft, führt aber im Ergebnis zu keiner abweichenden Beurteilung der Sach- und Rechtslage.

1. Gemäß § 48 Abs. 1 GKG richtet sich der Gebührenstreitwert in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, d.h. nach §§ 3 ff. ZPO. In vermögensrechtlichen Streitigkeiten - wie der vorliegenden - hat das Gericht daher gemäß § 3 ZPO den Wert nach freiem Ermessen festzusetzen. Der Wert eines Feststellungsbegehrens ist dabei - nach § 40 GKG im Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung, die den Rechtszug einleitet - nach dem tatsächlichen Interesse des Klägers an dem Urteil zu schätzen (BGH, Beschluss vom 01.06.1976 - VI ZR 154/75, juris).

Für den Streit um die Wirksamkeit des Widerrufs ihrer auf den Abschluss des Kreditvertrages gerichteten Willenserklärungen bedeutet dies, dass es auf die wirtschaftlichen Vorteile ankommt, die sich die Klägerin infolge des Widerrufs im Gegensatz zur Erfüllung des Vertrages verspricht (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 3 Rn. 16 unter "Feststellungsklage"). Maßgebend sind jeweils die Umstände des Einzelfalls (Schneider/Herget/Onderka, Streitwertkommentar, 13. Aufl., Rn. 6120 f.).

Das hat zunächst zur Folge, dass der Streitwert der Feststellungsanträge 3 und 4 weder pauschal im Nettodarlehensbetrag noch in der noch offenen Darlehensvaluta gesehen werden kann. Im vorliegenden Rechtsstreit geht es dem widerrufenden Darlehensnehmer eben nicht darum, die Darlehensvaluta überhaupt nicht mehr zurückführen zu müssen. Der Darlehensvertrag wandelt sich vielmehr infolge des Widerrufs gemäß §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB unmittelbar in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis um, kraft dessen der Darlehensnehmer - außerhalb des Anwendungsbereichs des § 358 BGB - in gleicher Weise wie beim Fortbestehen des Kreditvertrages verpflichtet ist, die Darlehensvaluta zu erstatten. Das tatsächliche Interesse des Darlehensnehmers, der die Feststellung der Wirksamkeit des Widerrufs begehrt, liegt deshalb nicht darin, von der Rückzahlung des Darlehens befreit zu werden (ebenso OLG Stuttgart, WM 2015, 1147 Rn. 3; Beschluss vom 30.04.2015 - 6 W 25/15, juris Rn. 10 f.; Beschluss vom 14.04.2015 - 6 W 23/15, juris Rn. 16; Beschluss vom 29.04.2015 - 6 U 141/14, juris Rn. 3; Beschluss vom 28.01.2015 - 9 U 119/14, juris Rn. 12; OLG Celle, Beschluss vom 22.07.2015 - 3 W 48/15, juris Rn. 7; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 07.07.2015 - 7 W 33/15, juris Rn. 6).

Insofern sind sich die Obergerichte bei ansonsten durchaus unterschiedlichen Ansätzen zur Streitwertberechnung einig, dass sich der Streitwert nach dem entsprechenden wirtschaftlichen Interesse des Widerrufenden zu bemessen hat.

Das wirtschaftliche Interesses an der Feststellung, dass der streitgegenständliche Darlehensvertrag wirksam durch Widerruf beendet wurde und sich in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat, sieht das OLG Stuttgart darin, dass der Darlehensnehmer zukün...

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