Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiederaufleben des Unterhaltsanspruchs der Mutter gegen den Vater des gemeinsamen nichtehelichen Kindes
Leitsatz (amtlich)
Heiratet die Mutter des Kindes nicht verheirateter Eltern, entfällt in der Regel ein Unterhaltsanspruch gegen den Erzeuger des Kindes, weil ihr Bedarf durch den Familienunterhalt in der Ehe gedeckt ist. Trennt sie sich von ihrem neuen Ehegatten, lebt der Anspruch wieder auf, ihr Bedarf richtet sich dann nach den ehelichen Lebensverhältnissen aus der Ehe.
Normenkette
BGB § 1615 Abs. 1
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen 535 F 2885/00) |
Tenor
I. Dem Beklagten wird für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Frau RA Dr. K. bewilligt, soweit er beantragt, Ziff. I. des Endurteils des AG – FamG – München vom 7.11.2000 dahingehend abzuändern, dass die Klage für die Zeit vom 1.5.–30.9.2000 abgewiesen und ab 1.10.2000–30.11.2001 lediglich ein monatlicher Unterhalt von 760 DM geschuldet wird.
Im Übrigen wird der Antrag auf Prozesskostenhilfe abgewiesen.
II. Der Klägerin wird zur Rechtsverteidigung für das Berufungsverfahren unter Beiordnung von Frau RA S. Prozesskostenhilfe bewilligt (§§ 119, 114, 115 ZPO).
Gründe
Im bewilligten Umfang besteht für das Rechtsmittel des Beklagten Erfolgsaussicht. Er ist auch bedürftig, da er unter Berücksichtigung seiner Freibeträge, Unterhaltslasten ggü. seinen beiden Kindern und der Klägerin sowie seine Mietkosten nach § 115 Abs. 1 ZPO, über kein Prozesskostenhilfeeinkommen verfügt.
Der Klägerin steht gegen den Beklagten bis Ende November 2001 nach § 1615 Nr. 1 Abs. 2 S. 2 BGB ein Unterhaltsanspruch wegen Betreuung des gemeinschaftlichen, am 27.11.1998 geborenen Kindes, zu. Ihr Bedarf richtet sich dabei nach §§ 1615 Nr. 1 Abs. 3 S. 1, 1610 Abs. 1 BGB nach ihrer Lebensstellung und nicht nach der Lebensstellung des Beklagten als Erzeuger des Kindes (OLG Koblenz FamRZ 2000, 637; Gerhardt in FA-FamR, 3. Aufl., Kap. 6 Rz. 210). Die Lebensstellung der Klägerin bestimmt sich dabei zunächst nach den vor Geburt des Kindes erzielten Einkommen (Büttner, FamRZ 2000, 783; Gerhardt in FA-FamR, 3. Aufl., Kap. 6 Rz. 210), ab ihrer Eheschließung am 5.5.2000 dagegen nach ihren ehelichen Lebensverhältnissen in der neuen Ehe, ebenso nach der Trennung der Klägerin von ihrem Ehemann zum 1.10.2000 (BGH v. 21.1.1998 – XII ZR 85/96, FamRZ 1998, 541). Insoweit sind damit drei Zeitphasen für den Anspruch der Klägerin zu unterscheiden:
1. 8/1999 bis 4/2000
Der Bedarf der Klägerin beträgt in diesem Zeitraum 1.700 DM, nachdem sie dieses Nettoeinkommen 1998 vor Geburt des Kindes erzielt hatte. Dabei handelte es sich entgegen dem Vorbringen des Beklagten nicht nur um eine kurzfristige vorübergehende Tätigkeit, sondern um ein auf die Dauer eines Jahres befristetes Arbeitsverhältnis, das die Klägerin nach Ablauf des Mutterschutzes beendete. Ob die Klägerin dieses Arbeitsverhältnis nur auf Druck der Mutter des Beklagten einging und es nur wegen der Mutterschaft der Klägerin nicht vorzeitig gekündigt wurde, spielt entgegen der Auffassung des Beklagten keine Rolle, maßgebend ist allein, dass eine über ein Jahr laufende Tätigkeit nicht nur als nur vorübergehend angesehen werden kann. Das vor 1998 vor der Klägerin wegen des damals von ihr bezogenen Arbeitslosengeldes erzielte niedrigere Einkommen ist daher für ihre Lebensstellung nicht mehr bestimmend.
Auf ihren Bedarf hat sich die Klägerin nach §§ 1615l Abs. 3 S. 1, 1602 Abs. 1 BGB eigenes Einkommen anrechnen zu lassen. Als Einkommen der Klägerin ist die unstreitige Haushaltsführung für ihren damaligen leistungsfähigen Lebensgefährten und späteren Ehemann anzusetzen. Gemäß BayL Nr. 6 erscheint insoweit ein Betrag von 500 DM angemessen, nachdem sie zusätzlich noch das Kind betreute. Da die Klägerin für diesen Zeitraum wegen der Haushaltsführung für den neuen Partner lediglich 1.000 DM Unterhalt geltend machte, ist dieser Restbedarf als Unterhalt der Klägerin auf jeden Fall angemessen.
Der Beklagte ist für den genannten Zeitraum für diesen Unterhalt auch leistungsfähig. Er verdiente bis 9/1999 monatlich ca. 3.270 DM, ab 10/1999 nach einem Stellungswechsel über 4.000 DM netto. Da der Beklagte in dem Zeitraum, in dem Unterhalt verlangt wird, mit Ausnahme von zwei Monaten das höhere Gehalt bezog und für die Leistungsfähigkeit immer das aktuelle Einkommen maßgebend ist, sind die 4.000 DM netto als Einkommen des Beklagten anzusetzen.
Abzuziehen sind unstreitige 5 % berufsbedingte Aufwendungen und der Kindesunterhalt von 455 DM, so dass ein bereinigtes Nettoeinkommen von 3.345 DM verbleibt. Im April 2000 kam ein weiterer Kindesunterhalt von 455 DM für das am 1.4.2000 geborene Kind des Beklagten aus einer neuen Partnerschaft hinzu. Nachdem der Beklagte auch für dieses Kind nach § 1615 Nr. 1 Abs. 3 S. 3 BGB vorrangig haftet, beläuft sich sein bereinigtes Nettoeinkommen für die Leistungsfähigkeit im April auf 2.890 DM. Auch insoweit bleibt aber der Selbstbehalt des Beklagten von 1.800 DM bei Zahlung eines Unterhalts...